Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial

Titel: Der Schattenbund 01 - Das Herz von Myrial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
Agella, was das Pferd so bösartig gemacht haben konnte. Nicht die Unterbringung, soviel stand fest. Die meisten Tiarondianer wären entzückt gewesen, hätten sie nur mit den Tieren des Heiligen Bezirks tauschen können. Denn die Ställe und Zwinger des Hierarchen, selbst der Taubenschlag, waren warm, geräumig, trocken und frei von Zugluft, also in einem weitaus besseren Zustand als die meisten Wohnungen der Stadt. Auch das Futter für die Tiere war besser, als die Kost, die sich die Bewohner der Unterstadt leisten konnten. Die Streu war, weil sie täglich erneuert wurde, sauber und trocken. Und im Haus der Heilung standen mehrere Ärzte bereit, die sich auf Tierkrankheiten verstanden. Wie konnte, bei so viel verwöhnter Aufmerksamkeit, ein Pferd plötzlich so wild werden, dass es einen Mann tötete? Welche Quälerei mochte es zu dieser schrecklichen Tat getrieben haben?
    Schon beim Näherkommen hörte sie das zornige Wiehern. Eine Menschenmenge, hauptsächlich Stallburschen und einige Gottesschwerter in schwarzer Uniform, versperrte den Zugang zu den Ställen. Aber sie traten beiseite als Agella herbeikam, und sie folgte eilig dem breiten Hauptgang zwischen den großen Boxen, in denen Pferde aller Rassen standen. Weil sie auch die Hufschmiedin war, kannte Agella jedes einzelne Tier. Da standen ruhige, ausgeglichene Reitpferde, gezüchtet wegen ihrer gleichmäßigen Gangart und der Fähigkeit, weite Entfernungen zurücklegen zu können; kolossale Zugtiere, die schwere Lasten schleppten; zottelige kleine Ponys für Gepäck, schalkhaft die meisten von ihnen, dafür trittsicher im Gebirge; schlanke langbeinige Kurierpferde, bekannt für Ausdauer und Schnelligkeit, und die wuchtigen, feurigen Schlachtrosse der Gottesschwerter – nach Agellas Meinung am ehesten geeignet für die Rolle des Menschentöters.
    Da sie allesamt verwöhnt wurden, waren sie gemeinhin zufrieden, satt gefressen und ruhig. Doch heute fand Agella sie störrisch und unruhig vor. Die Tiere wirkten übellaunig, rollten mit den Augen, scharrten mit den Hufen und traten gegen die Stallwände, dass es nur so trommelte. Der Angstschweiß färbte ihnen das Fell dunkel, und sie blähten die Nüstern, weil sie das Blut und den Tod rochen. Agella sah sich im Irrtum bei ihrer Vermutung, dass eines der Kriegsrosse der Übeltäter sei. Sie gelangte in den hinteren Stallbereich, wo man die neuen Tiere unterzubringen pflegte, und fand zwei der Boxen belegt, und davor, in respektvollem Abstand, drängten sich ein Haufen Soldaten. Neue Pferde? Mir hat niemand etwas gesagt!, dachte sie verärgert. Für gewöhnlich war sie die Erste, die gebeten wurde, einen Neuankömmling in Augenschein zu nehmen. Dann sah sie den Soldaten, der mit der Armbrust auf das Pferd zielte.
    »Lasst mich durch!« Agella brauchte die Stimme nicht zu erheben. Die Soldaten traten sofort beiseite. Was sie dann in den zwei benachbarten Boxen sah, wischte alle Überlegungen fort: zwei rasend gewordene Ebenholzriesen mit blitzenden Augen. Ihre Wildheit und Pracht war atemberaubend. Eins der Tiere war ein Hengst, wie Agella sogleich feststellte. Sie blieb vor dessen Box stehen, sicherheitshalber außer Reichweite. »Bei Myrials Fußnägeln!«, japste sie. »Sefrianer! Woher sind die denn gekommen?«
    Eine blutige Schleifspur führte vom Stall des Hengstes fort. Also hatte man Ruper schon hinausgeschleppt. Der Hengst attackierte mit Zähnen und Hufen die Barriere zwischen sich und der Freiheit. Fergist, der lange dünne Stallmeister mit dem grauen Haarschopf wie ein Reetdach, sah dem Geschehen angstvoll und hilflos zu. Agella gelang es, zwischen dem Wüten des Tieres und dem Krachen der Stalltür Fergists verschüchterte, gestammelte Erklärung aufschnappen. »Sind heute erst gebracht worden … Ruper hat ihnen Wasser gegeben … muss gestolpert sein … dann ist der Vater da rein … wir haben ihn rausgezogen … konnten gerade rechtzeitig die Tür zuwerfen, sonst wäre der Hengst auf und davon … Ich wage es nicht, sie zu töten. Du weißt ja, wie kostbar sie sind. Habe besondere Anweisungen des Hierarchen und von Hauptmann Blank. Man muss also gut auf sie Acht geben.«
    »Du hast aber keine andere Möglichkeit, als sie zu töten«, wandte sie kopfschüttelnd ein. »Die Bestie wird über kurz oder lang den Stall in Splitter zerlegen – und wo sind wir dann?«
    »Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, erwiderte der Stallmeister steif. »Die Boxen sind stabil – ich habe die Arbeiten

Weitere Kostenlose Bücher