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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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weggeführt wurde, weil er seine Schwester sehen wollte. Nun saß er nur noch mit Erla, Tag und Gelina da.
    Die beiden anderen werden sicher bald zurückkommen. Nicht dass es mir wichtig ist.
    Die letzten Worte fügte er hastig hinzu und wunderte sich, was über ihn gekommen war. Packrat betrachtete sich gern als einsamen Wolf, der sich stets am Rand hielt, niemandem verpflichtet war und sich nur auf den eigenen Witz verließ. Er war unter den Unratklaubern aufgewachsen, der jämmerlichen Gemeinschaft menschlicher Aasvertilger, die sogar von den Leuten im Labyrinth verachtet wurden. Sie lebten im Westen von Tiarond vor der Stadtmauer, wo der Ausläufers des hohen Kamms in die Befestigung überging. Dort, zwischen Mauer und Fluss, lag ein an die fünfzig Schritt breiter Streifen Land aus Kies und Schlamm, der in jedem Frühjahr, wenn der Fluss vom Schmelzwasser aus den Bergen anschwoll, überschwemmt wurde. Über die Jahrhunderte hinweg war dieser Landstreifen zum Abfallhaufen der Stadt geworden, wo der Unrat und die Reste der Verschwendung abgeladen wurden. Die Frühjahrsflut fegte den Boden sauber, und der Kreislauf konnte von neuem beginnen.
    Dort lebten die Unratklauber in groben Schuppen, die sie sich aus weggeworfenen Stücken bauten. Zusammen mit den Krähen und Ratten durchkämmten sie täglich den Abfall nach Nahrungsresten und nach allem, was sie für brauchbar hielten, und fingen auch häufig die Tiere selbst, um sie zu essen. Im Frühjahr kletterten sie ein Stück die Felsen hinauf, hockten tagelang auf den schmalen Vorsprüngen, während unter ihnen das Wasser vorbeirauschte. Nach der Überschwemmung war von ihren elenden Hütten und den aufgelesenen Gütern nichts mehr übrig. Dann verging eine harte Zeit, bis der Abfall sich neu aufgehäuft hatte. Viele starben unterdessen, doch immer wieder schienen neue hinzuzukommen. Eine lange Reihe von Hierarchen hatte diesen Zustand hingenommen, da sie den Unratklaubern eine gewisse Nützlichkeit zusprachen und sie überdies kaum als Menschen ansahen.
    Packrat war nicht an diesem entsetzlichen Ort geboren worden. Als er sechs Jahre alt war, tötete sein Vater versehentlich im Handgemenge um eine Börse einen Händler und wurde gehängt. Nicht lange danach wurde seine Mutter wegen des verachtungswürdigen Verbrechens, ein Mitglied der Gemeinschaft bestohlen zu haben, aus dem Labyrinth ausgestoßen. Sie beteuerte ihre Unschuld vergeblich und war fortan dazu verurteilt, unter den Menschen auf dem Abfallhaufen zu leben, und mit ihr der kleine Sohn. Packrat kannte die Wahrheit, dass nämlich der Ankläger selbst der Dieb war. Aber wer hört schon auf ein kleines Kind?
    Packrats Mutter überlebte nicht lange, und nach ihrem Tod war er sich selbst überlassen, wobei er nichts besaß außer dem Flickenmantel seines Vaters. Angetrieben von seinem Rachebedürfnis schlug er sich durch. Er wurde so erfolgreich darin, die Abfälle zu durchstöbern, dass er unter seinesgleichen nur noch Packratte gerufen wurde und sein eigentlicher Name in Vergessenheit geriet. Als er zehn Jahre alt war, versteckte er sich in einem Händlerkarren und schmuggelte sich auf diese Weise in die Stadt hinein. Er spürte den Mann auf, der an der Verbannung seiner Mutter Schuld hatte, und eines Nachts stach er ihn von hinten nieder, während dieser sich in einer dunklen Gasse erleichterte. Als der Verwundete zusammenbrach, schnitt Packrat ihm die Kehle durch.
    Nachdem er seine Rache vollendet hatte, stahl er sich ein paar andere Kleider und verschaffte sich Einlass ins Labyrinth, indem er die letzte Silbe seines Spitznamens wegließ und behauptete, der verwaiste Sohn eines Bergmanns aus dem Süden zu sein und ein neues Leben in der Stadt versuchen zu wollen. Niemand erinnerte sich an den kleinen Jungen, der vor Jahren ausgestoßen worden war, und so wurde er vorsichtig aufgenommen. Doch gewissermaßen blieb Packrat ein Ausgestoßener. Niemand wollte etwas von ihm, und er wollte zu niemandem gehören. Der Geruch der Abfallhaufen schien ihm immer anzuhaften, und weil es niemanden kümmerte, wie er aussah, scherte auch er sich nicht darum. Um sich die Einsamkeit zu erleichtern, nahm er sich vor, einen der besten Diebe aus sich zu machen, und mit der Zeit wurde er so argwöhnisch und wachsam wir ein wildes Tier – bis Alestan und Aliana daherkamen und die Besten unter den Dieben zur Bande der Grauen Geister zusammenschlossen.
    Packrat wusste, dass er zu den Besten gehörte, und brannte darauf, sich ihnen

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