Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines
Platz ließ sie erschaudern. Immerhin waren sie und die Gefährten am Leben geblieben, und sie befanden sich in Sicherheit und bekamen zu essen.
Als sie sich wieder zu ihnen gesellten, wurden sie von jedem entzückt begrüßt, doch bald verfielen die Grauen Geister in ihre vorherige Beschäftigung, und anscheinend war Tag mit dem Quengeln an der Reihe. »Ich will nicht hier bleiben. Warum können wir nicht näher an die Wand, anstelle dieser dummen Leute da? Hier ist es schrecklich. Da drüben wäre es viel ungefährlicher.«
»Mal sehen, wenn wir den Hauptmann fragen, wird er vielleicht einen besseren Platz für uns finden«, schlug Aliana vor.
»Der!« Alestan spuckte auf den Boden und zog die missbilligenden Blicke der nächsten Nachbarn auf sich.
»Was ist so verkehrt an ihm? Warum soll ich ihn nicht fragen? Als ich mich freiwillig gemeldet habe, um sein Sprengpulver in den Tempel zu schaffen, hat er mir sein Wort gegeben, dass er unsere Herkunft geheim halten und uns helfen würde.«
Alestan brummte wütend. »Ja – und gleich bei der ersten Gelegenheit hat der Scheißkerl sein Wort gebrochen. Bevor du aufgewacht bist, habe ich ihn belauscht, wie er der Hierarchin alles verraten hat.«
»Was? Aber er hat es mir versprochen!«
»Ja, aber er hat es getan. Ich habe es gehört, glaube mir. Er glaubt wahrscheinlich, dass man sein Wort gegenüber Leuten wie uns nicht zu halten braucht.«
Aliana fühlte sich, als hätte ihr jemand in den Magen getreten. »Ich kann es nicht glauben. Nach allem, was ich in der Nacht durchgemacht habe! Wie kann er das tun?« Sie fasste ihren Bruder am Arm. »Alestan, berichte uns jedes Wort, das sie gesagt haben. Wir müssen wissen, wie wir dran sind.«
Angesichts ihrer Bedrohung rückten die Grauen Geister einmal mehr zusammen. Packrat zog seine Aufmerksamkeit von Agellas Nichte ab. Gelina setzte sich aufrecht hin, es kam sogar ein wenig Leben in ihr Gesicht. Tag und Erla, welch ein Segen, hörten auf zu quengeln. Mit wachsender Bestürzung hörten sie zu, während Alestan die belauschte Unterhaltung wiedergab. »Und dann brach sie in Tränen aus«, erzählte er schließlich, »und faselte etwas über einen Ring, den sie verloren hätte. Eines der Ungeheuer hat ihn ihr gestohlen, während sie bei der Opferung angriffen, und offenbar kann sie ohne ihn nicht Hierarchin sein.«
»Was?« Ein Ruck ging durch Packrat. »Sie hat einen Ring verloren?« Seine Augen leuchteten. »Denkt nur, wenn wir den in die Hände bekommen könnten, dann wird sie alles tun, was wir verlangen.«
»Alles schön und gut«, wandte Aliana ein, »aber wir wissen nicht einmal, wie er aussieht. Und selbst wenn wir es wüssten, so habe ich nicht die Absicht, deswegen noch einmal gegen diese Biester zu kämpfen.« Ein Schatten flog über ihr Gesicht. »Diese Nacht hat mir gereicht.«
Packrat zuckte die Achseln. »Ich dachte ja nur. Trotzdem wäre es nützlich, herauszufinden, wie er aussieht – ganz klammheimlich.«
Alestan sah ihn durchdringend an. »Packrat, weißt du etwas, das wir nicht wissen? Erinnere dich, was Galveron über das Stehlen gesagt hat. Es hat uns mehr als genug gekostet, hier eingelassen zu werden, und ich beabsichtige nicht, mich wieder hinauswerfen zu lassen, nur weil du deine dummen Spiele treibst. Wenn ich merke, dass du uns alle in Gefahr gebracht hast, weil du etwas versteckt hältst, setze ich dich eigenhändig vor die Tür.«
Aliana zügelte ihren Bruder mit einem Blick. Er sollte inzwischen wissen, dass Packrat mit Drohungen nicht zu bewegen war. »Bitte, Packrat«, begann sie schmeichelnd. »Ich habe letzte Nacht getan, was ich konnte, und Alestan auch, damit wir im Tempel aufgenommen werden. Aber wir stecken noch immer in der Klemme, wenn die Hierarchin uns nicht will. Wenn du etwas weißt, das uns irgendeinen Vorteil verschaffen könnte, dann bist du im Augenblick der Einzige, der uns helfen kann. Wir alle hängen von dir ab.«
Packrat machte ein großes Getue, als würde er darüber nachdenken. Aliana schmunzelte heimlich. Wenn er das tat, bedeutete es, dass er die Absicht hatte, sich überreden zu lassen. Packrat blickte sich verstohlen um, als ob sie einer belauschen könnte. »Rückt näher heran«, flüsterte er. »Bildet einen Schild um mich, damit niemand sehen kann, was ich tue.« Gehorsam schlossen sie den Kreis um Packrat, der sofort herumzuwühlen begann. Aliana bemerkte, dass er die Soldatenkluft über seinen sonstigen Kleidern trug, die aus etlichen Lagen
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