Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
Vom Netzwerk:
vergeblich Halt zu finden. Aliana warf sich schreiend nach vorn, landete auf dem Bauch, die Arme so weit ausgestreckt, wie sie eben reichten, und griff wie rasend nach seinen wegrutschenden Händen. Sie hielt ihn und zog, aber es gelang ihr kaum, nicht selbst weiter zu rutschen, da Packrat von seinem Gewicht hinabgezogen wurde. Dann, just als sie glaubte, ihn zu verlieren, gelang es ihm irgendwie, die Stiefelspitzen fest gegen die Wand zu stemmen und sich vor dem Endgültigen zu bewahren. Es wurde ein langsames und schwieriges Unternehmen, aber Stückchen für Stückchen zogen und stemmten sie ihn aus dem Abgrund und brachten ihn auf sicheren Boden.
    Aliana rollte sich auf den Rücken und wimmerte. Ihre Arme fühlten sich wie halb ausgerissen an. Packrat lag mit dem Gesicht nach unten ausgestreckt da, keuchte und zitterte. Am Ende hob er den Kopf und brüllte Aliana an: »Beim nächsten Mal wirst du vielleicht auf mich hören, du albernes Gör.«
    »Beim nächsten Mal wirst du vielleicht auf mich hören, du querköpfiger Bastard«, schrie Aliana zurück. »Ich habe dir gesagt, du sollst auf mich warten.« Aber dann packte sie ihn und drückte ihn, seine berüchtigte Erscheinung missachtend, fest an sich, bis er zu zittern aufgehört hatte.
    Armer Packrat. Er hat es nicht verdient, da hineingezogen zu werden. Ich hoffe nur, dass die Dinge von jetzt an einfacher werden – aber ich habe das ungute Gefühl, dass das hier erst der Anfang ist.

 
     
    Seriema wunderte sich, wie schnell sie begonnen hatte, die Rottenfestung als ihr Zuhause anzusehen. Just in dem Augenblick, als sie mit Cetain und seinen Kriegern über die Hügelkuppe ritt, war ihr der Anblick von Arcans Tal so lieb wie noch nie einer – das kleine Dorf mit den grob gemauerten Häusern und den Grasdächern, der Turm der Überbringer an dem stillen Bergsee und die Festung, die unerschütterlich und sorglos auf dem Hügel stand.
    Das schlechte Wetter war endlich nach Süden gezogen und schenkte ihnen einen ruhigen, hellen Tag, an dem nur ein dünner Schleier aus hohen, grauen Wolken die Sonne verblassen ließ. Bei Tagesanbruch hatten sie die Turmruine verlassen und den Rückweg ohne den hinderlichen Sturm viel schneller zurückgelegt, sodass sie die Rottensiedlung nun kurz vor Mittag erreichten. Unterwegs war von den Raubvögeln keine Spur gewesen, was Seriemas Vermutung bestätigte: die Scheusale jagten nachts. Dennoch hatte sie während des Rittes nicht einen Moment lang gewagt, sich zu entspannen, für den Fall dass plötzlich die furchtbaren Schreie der Jäger zu hören wären und sich der Himmel wieder einmal von ihren Flügeln verdunkelte.
    Wissend, dass der Stall nahe war, beschleunigte ihr müdes Pferd den Trab, und Seriema ließ ihm glücklich seinen Willen. Sie wusste genau, wie es sich fühlte. Nachdem sie eine Nacht draußen in der Heide verbracht hatte, im Keller einer Ruine, unter dem fortwährenden Versuch, die anstürmenden Scheusale abzuhalten, freute auch sie sich auf eine Mahlzeit und auf Schlaf und die Sicherheit der dicken, fest gefügten Mauern. Sie blickte Cetain von der Seite an, der neben ihr ritt und wie stets Schritt hielt. Überraschenderweise sah er nicht aus, als freute er sich über seine Heimkehr. Noch während sie sein stirnrunzelndes Schweigen beobachtete, begriff sie, welche Sorge es ihm bereitete, seinem Vater sagen zu müssen, dass er seinen Auftrag nicht hatte ausführen können.
    Seriema griff hinüber und berührte ihn am Arm. »Du hast die richtige Entscheidung getroffen«, sagte sie leise. »Diese scheußlichen Geschöpfe sind während der letzten Nacht im Hochmoor gewesen, darum ist es sehr wahrscheinlich, dass sie die anderen Sippen schon gefunden haben. Es hat keinen Sinn, noch mehr Leben zu opfern, zumal deine Krieger zu Hause von größerem Nutzen sind und dort sicherlich auch eher am Leben bleiben werden.«
    »Ich hoffe nur, dass mein Vater die Dinge genauso sieht.« Cetain schüttelte den Kopf. »Das Dumme ist nur, dass niemand, der deine Dämonen nicht selbst erlebt hat, sich vorstellen kann, wie Tod bringend sie sind.« Er zögerte. »Ich muss dir ein Geständnis machen, Mädchen. Als ich deinen Bericht über die Geschehnisse in Tiarond zum ersten Mal hörte, habe ich ihn nicht so ernst genommen – obwohl ich dir geglaubt habe«, fügte er hastig hinzu. »Trotzdem hielt ich deine Schilderungen für den überschwänglichen Erguss eines Haufens verängstigter Städter, die an ein bequemes Leben gewöhnt sind

Weitere Kostenlose Bücher