Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
überleben. Nun spuck schon aus.«
Veldan drehte sich zu ihr um und sah sie an. »Ist dir Hauptmann Blank wirklich so sehr verhasst?«
»Was hat der denn damit zu tun? Fange nicht einfach von etwas anderem an, Veldan.«
»Tue ich nicht.« Sie betrachtete ihre Hände. »Toulac, Hauptmann Blank ist viel mehr, als du glaubst. Bevor er nach Callisiora kam, lebte er hier in Gendival, und er war ein Wissenshüter wie ich.«
»Was?« Toulac traute ihren Ohren nicht. »Dieser Hurensohn stammt von hier?«
»Ja. Es hat ihm nicht gepasst, wie Cergorn seiner Aufgabe nachging -«
»Ich hätte nie geglaubt, dass ich das mal sagen würde, aber darin bin ich seiner Meinung«, schnaubte die Söldnerin.
Veldan überging die Unterbrechung. »Und so führte er einen Aufstand an, der misslang. Dann ließ ihn der Archimandrit vor Gericht stellen und zum Tode verurteilen, aber mit Hilfe meiner Mutter konnte er fliehen. Die folgenden Jahre über versteckte er sich in Tiarond und wartete auf die Gelegenheit, zurückzukehren und …«
Toulac starrte ihre junge Freundin entsetzt an. »Myrial fährt die Gosse runter! Bitte erzähl mir nicht, dass der Bastard wieder da ist!«
»Ich fürchte, doch. Er hat Cergorn besiegt und ist Archimandrit geworden und … wir haben ihm dabei geholfen, Elion, Kaz und ich«, schloss sie aufsässig.
»Was habt ihr getan?« Der Zorn schoss Toulac wie Feuer durch die Adern.
»Ich habe ihm geholfen«, antwortete Veldan und klang schon ruhiger, da die Wahrheit jetzt heraus war. »Er war es, der dir Rettung geschickt hat, wo Cergorn keinen Finger rühren wollte. Cergorn hat nicht geglaubt, dass Zavahl den Geist des Drachensehers in sich trägt, darum fand er, dass ihr beide keinen Wert hättet. Amaurn – das ist Blanks eigentlicher Name – will das Wissen des Schattenbundes nutzen, um den leidenden Völkern zu helfen. Er hat mir gesagt, nachdem Cergorn ihm alles genommen habe, was ihm etwas bedeutete, habe er in Callisiora gelernt, mitleidlos zu handeln, damit er am Ende nach Gendival zurückkehren und sein Leben wiedergewinnen könne. Er will wiedergutmachen, was er als Hauptmann Blank getan hat und …«
»Und diese Lügen hast du tatsächlich geglaubt? Wo hattest du deinen Verstand? Im Hintern? Er ist ein Ungeheuer, du dummes Mädchen – ein gewissenloser, unbarmherziger, kaltblütiger Mörder.«
»Das weiß ich, verdammt!«, schrie Veldan, aber dann wurde sie wieder ruhig. »Ich weiß, dass er so war, und ich weiß auch, dass sich Menschen nicht über Nacht ändern und dass er jederzeit wieder ins Alte zurückfallen kann. Aber ich glaube nicht, dass er immer so gewesen ist. Er hat in Gendival viele Unterstützer, und die können nicht alle dumm sein. Er war der Freund meiner Mutter, und sie konnte man nicht so leicht täuschen. Und ich sage dir hier und jetzt, dass er im Augenblick der Beste ist, den wir als Archimandriten haben können. Du kennst die inneren Angelegenheiten des Schattenbundes nicht, Toulac. Gerade jetzt brauchen wir unbedingt einen starken Anführer, einen, der sich nicht fürchtet, ein Wagnis einzugehen. Das ist für uns die einzige Hoffnung. Du ahnst nichts von dem schieren Ausmaß und der Vielschichtigkeit dieser Welt und nichts von dem hereinbrechenden Unglück, das alle trifft, wenn nicht etwas getan wird, das den Zusammenbruch verhindert …«
»Schon möglich, Mädchen«, schnauzte Toulac, »aber ich weiß verdammt gut, wann ich einen üblen Burschen vor mir habe. Solange er mich meiner Wege ziehen lässt, will ich nichts damit zu tun haben.«
»Was, abhauen?«, keuchte Veldan. »Aber, Toulac …«
»Auf gar keinen Fall bleibe ich, wo dieser Bastard ist, und nichts, was du anführen könntest, kann meine Meinung ändern. Er hat damals in Callisiora mein Leben zunichte gemacht, als er sich der Frauen unter den Gottesschwertern entledigt hat. Er soll nicht die Gelegenheit bekommen, das noch einmal zu tun. Und wo wir gerade davon sprechen, ihr solltet besser ein Wort mit Zavahl reden. Blank hat ihn auf den Scheiterhaufen geschickt – schon vergessen? Mag sein, dass ich nichts über die inneren Angelegenheiten des Schattenbundes weiß, aber du weißt nichts über die inneren Angelegenheiten von Callisiora. Blank hat die Stellung des Hierarchen jahrelang untergraben. Hast du dir mal überlegt, wie sich der arme Kerl fühlt, wenn er herausfindet, dass der Mann, der ihm ans Leben wollte, jetzt hier in der Siedlung die Verantwortung hat?«
»Elion spricht gerade mit ihm«,
Weitere Kostenlose Bücher