Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
hinauf zum Hierarchen eingeschüchtert hatte. »Erstens bin ich nicht verrückt geworden; zweitens brauche ich den Takur genau hier; drittens brauche ich die Auskünfte schnellstmöglich. Warum stehst du also da und verschwendest unsere Zeit?«
Brummend wandte sich Maskulu ab und begann die Botschaften zu übermitteln, womit es dem Archimandriten überlassen war, sich wach zu halten, bis die Heilerin käme. Zum Glück für Amaurn hatte der übereilte Schlag des Takur ihn mehr geschnitten als gestochen, aber die Wunde in seiner Seite hatte reichlich geblutet, obwohl sie nicht so tief zu sein schien. Sie schmerzte entsetzlich, aber es war ihm gelungen, ein Stück Stoff, das er aus seinem Hemd gerissen hatte, über die Wunde zu legen und trotz der schwer erreichbaren Stelle mit den Handballen dagegen zu drücken. Die Blutung schien inzwischen nachgelassen zu haben, dennoch brauchte die Wunde eine fachkundige Heilbehandlung.
Als die beiden Wissenshüter eintrafen, war Amaurn erfreut, sie zu sehen, doch blieb er vorsichtig, bis Maskulu, der sie besser kannte, ihnen gewisse Fragen stellte, auf die nur sie die Antwort kennen konnten. Ihm fiel kein anderes Mittel ein, um sich zu vergewissern, dass seine Freunde tatsächlich seine Freunde waren und nicht irgendwelche mordlustigen Gestaltwandler. Das taugte ganz gut bei engen Vertrauten wie Bailen und Kyrre, war aber zu plump und ungenau, um es auf jeden anzuwenden, sodass die Prüfung auch misslingen konnte. Amaurn wusste, er würde sich etwas Besseres ausdenken müssen, aber im Augenblick fiel es ihm schon schwer genug, bei Bewusstsein zu bleiben, ganz zu schweigen davon, seinen Verstand auf eine so knifflige Aufgabe zu richten.
Kyrre und Bailen waren schwer mit Taschen und Körben beladen. »Wir haben allen erzählt, wir machen ein Picknick«, sagte der blinde junge Mann schmunzelnd. »Du wärst erstaunt, wie viele Leute uns gewarnt haben, dass wir mit dem Archimandriten Ärger kriegen, weil wir uns davonmachen, wo doch die ganze Gegend von seinen neuen Plänen und Anweisungen nur so brummt.« Währenddessen packte er tastend die Körbe aus und bediente sich dabei manchmal Kyrres Augen, um seine Wahrnehmung zu bestätigen. »Du kannst hier unten kein Feuer machen, darum haben wir ein paar Wärmekristalle aus der Sammlung der Altertümer – äh – ausgeborgt. Du weißt schon, die wir noch nicht durchschaut haben und die uns Cergorn nicht benutzen lassen wollte, falls wir sie in unserer Dummheit zerbrechen oder verschleißen.«
»Nun, ihr habt meine innige Erlaubnis, sie zu gebrauchen«, sagte Amaurn, der heftig zitterte, einesteils wegen des Blutverlusts, andernteils wegen der feuchten Kälte in Maskulus Erdwohnung.
Sie hatten etwa zwei Dutzend von den kostbaren Kristallen mitgebracht. Bailen nahm sie einen nach dem anderen aus dem Korb und wickelte sie vorsichtig aus ihrer jeweiligen Filzhülle. Sie waren unregelmäßig geformt, der größte etwa zwei Fäuste groß, der kleinste nur so groß wie ein Hühnerei. Sie leuchteten rotgolden, und wenn man sie aneinander rieb, erhitzten sie sich in kurzer Zeit so stark, dass man sie zum Wasserkochen benutzen konnte. Bailen verteilte sie rings um den Archimandriten, sodass die Wärme von allen Seiten kam. Die letzten vier sparte er auf und legte sie ein wenig abseits an der Wand nieder. Indem er sich Kyrres Blick auslieh, ging er und füllte einen Topf mit Wasser an einem Rinnsal, das auf der anderen Seite von Maskulus Höhle aus einer Felsspalte lief. Er setzte den Topf zwischen die Wärmekristalle, damit das Wasser zum Kochen käme. »Etwas Tee wäre jetzt angenehm«, sagte er. »Das wird dich aufwärmen. Und eine Menge zu essen habe ich auch mitgebracht.«
Kyrre hatte in der Zwischenzeit eine Reihe Glimmer in Gebrauch genommen, und der Archimandrit war für das zusätzliche Licht dankbar. Aus einer Tasche holte sie eine zusammengerollte Decke hervor und machte sich daran, sie mit ihren Stummelfingern auszubreiten. Obwohl ihre geringe Körpergröße ihr Schwierigkeiten machte, weigerte sie sich beharrlich, sich von Amaurn helfen zu lassen. »Es sieht so aus, als habe deine Wunde zu bluten aufgehört«, sagte sie ernst, »wage es also nur nicht, dich anzustrengen, sonst öffnet sie sich wieder.« Sie breitete die Decke auf dem Boden aus und hieß ihn, sich seitlich daraufzulegen. »Mit der anderen Hälfte decken wir dich zu, sobald ich dich untersucht habe«, sagte sie.
Amaurn merkte, wie sich die Wärme von den Kristallen
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