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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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auf und schaute sie blinzelnd an. »Ich heiße Scall«, sagte er, »und wer bist du?«

 
     
    Kalt hatte so etwas wie Maskulus Erdhöhle noch nie gesehen. Die schwarzen Stollen wirkten nach dem offenen Himmel und der Weite des Heidelandes umso beengender. Er fühlte sich wie in einer Falle und meinte, das Gewicht von Erdreich und Gestein zu spüren. Mit klopfendem Herzen ging er neben dem blinden Wissenshüter her und hielt zaghaft den eiförmigen Gegenstand fest, den Bailen ihm gegeben hatte und der Glimmer genannt wurde. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre der Überbringer von dem leuchtenden Ding gefesselt gewesen, aber heute waren seine Gedanken ganz auf etwas anderes gerichtet.
    Bailen trug das Bündel, das Grimm gehört hatte, und Maskulu den Ak’Zahar, indem er schlicht und ergreifend eine Kralle in den Fesseln einhakte und ihn über den Boden schleifte. Wäre Kalt von der unbarmherzigen Grausamkeit dieses Geschöpfes nicht unmittelbar Zeuge geworden, es hätte ihm Leid getan, wie sein schmaler Kopf fortgesetzt auf dem steinigen Boden aufschlug. Doch wie die Dinge standen, war er mehr über sein eigenes Schicksal beunruhigt, als dass er sich um jemanden sorgen konnte, der ihn fast umgebracht hätte.
    Seinem Empfinden nach gingen sie schon einige Zeit durch die gewundenen, verzweigten Gänge, doch er ahnte, dass sein Unbehagen über die Umgebung, verbunden mit der Angst vor dem kommenden Gespräch mit dem Archimandriten, bewirkte, dass ihm jeder Augenblick fünfmal so lang erschien. Daher kam es ihm wie eine Erlösung vor, als ihn der grässlich aussehende Maskulu nach sämtlichen Details der Gefangennahme des Ak’Zahar zu fragen begann. Während Kalt seine Geschichte erzählte, wie er hierher gelangt war, und erklärte, warum er in Begleitung eines Räubers kam, der dem Schattenbund verhasst war, konnte er gleichzeitig seine Gedanken ordnen und sich von der kommenden Prüfung ablenken.
    Kalt war gerade an der Stelle angekommen, wo sie Scall im Gasthof ließen, und hatte die Begegnung mit dem Afanc noch nicht berührt, als Maskulu ihn unterbrach. »Wir sind da. Halte Abstand zum Archimandriten und bewege dich nicht plötzlich auf ihn zu. Dein Leben hängt davon ab.« Er zwängte sich durch eine Türöffnung, wobei er den Ak’Zahar noch hinter sich herzog, und führte Kalt in eine Kammer, die wie die Stollen aus dem Fels gehauen war. Kalt war froh, dass die Prüfung bald vorüber sein würde, ganz gleich mit welchem Ergebnis. Er straffte die Schultern und folgte Maskulu, während Bailen hinter ihm eintrat.
    Die Erscheinung des gefürchteten Archimandriten entsprach ziemlich seiner Erwartung. Kurzes graues Haar, kalte graue Augen und ein Gesicht wie aus Granit. Was er nicht erwartet hatte, war jedoch, dass diese einschüchternde Person gebeugt auf einer Decke auf dem Boden lag und von einem Wesen umsorgt wurde, das wie ein großer, aufrecht gehender Otter aussah, ein rundes, pelziges Gesicht hatte sowie Pfoten, die geschickt wie Menschenhände waren.
    An die düsteren Wohnungen der Rotten gewöhnt, konnte Kalt auch in dem wenigen Licht der Glimmer scharf sehen. Er sah zum Beispiel, dass Amaurns Kleider blutig waren und er eine offene Wunde an der Seite hatte. Das Otterwesen, wahrscheinlich auch ein Wissenshüter, tat etwas mit einer kurzen, engen Röhre, die einen sehr hellen Lichtstrahl abgab. Nach der grauen Gesichtsfarbe, dem verkrampften Unterkiefer und den Schweißperlen auf der Stirn zu urteilen, bereitete das Verfahren Amaurn große Schmerzen. Neugierig trat der Überbringer einen Schritt vor, doch ein warnendes Rasseln Maskulus hielt ihn auf.
    Amaurn blickte auf. Der Mann hätte, wie er unter Schmerzen am Boden lag, weniger einschüchternd wirken sollen, doch Kalt ließ sich keinen Augenblick lang täuschen.
    Du hättest Grimm heißen sollen, nicht mein Meister.
    Plötzlich begriff er, warum sein Lehrer diesem Menschen so viele Jahre gefolgt war. Wenn man ihn mit einem Gewicht in einem Sack einbände und in den See würfe, so hätte man dennoch mit ihm zu rechnen.
    Die grauen Augen blitzen auf. »Danke für die Würdigung«, sagte Amaurn trocken. »Ich hoffe, du fühlst dich nicht versucht, es auszuprobieren.«
    Verlegenheit und Zorn überzogen Kalts Gesicht mit Hitze, als er erkannte, dass er in der Anspannung des Augenblicks vergessen hatte, seine Gedanken abzuschirmen, und dass Amaurn sie beiläufig aufgefangen hatte. Kurz wünschte er sich verzweifelt seine weiße Knochenmaske zurück, die seinen

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