Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
sich abzuschotten und unser Wissen geheim zu halten, für die Bemühungen hinderlich, den Opfern der Kriege und Wetterveränderungen zu helfen, mehr noch, sie verhinderten sogar die Beendigung der Notlage. Als wäre das noch nicht schlimm genug, hatten wir Cergorn und Amaurn, deren Ansichten so entgegengesetzt waren, dass sie zu Feinden werden mussten, und dementsprechend haben wir jetzt hier ihre Gefolgsleute, und der Schattenbund ist in zwei Lager gespalten.«
Sie rupfte ein Stück Flechte von der Mauer und seufzte. »Es war heute so ermüdend, wieder all die alten Streitfragen über die herkömmliche Lenkung des Bundes und die ach so gefährlichen Neuerungen anzuhören. Tatsache ist doch, dass niemand wissen kann, was die neuen Wege taugen, ehe sie nicht ausprobiert wurden. Aber bisher wollte sie niemand versuchen, denn wenn unser Wissen erst einmal allgemein verfügbar ist, kann es nicht wieder zurückgenommen werden. Ich weiß, es ist ein Wagnis, aber ich glaube nicht, dass wir das Zeug ewig geheimhalten können. Nimm zum Beispiel diese Lampen da drüben.« Sie zeigte zu dem hell beleuchteten Haus hin. »Ihre Leuchtkraft stammt von Kristallen, die wir in den Wüsten der Drachen gefunden haben, und es ist zweifellos Brauch bei ihnen, sie zu benutzen. Aber war es uns erlaubt, sie hier zu benutzen? Natürlich nicht. Cergorn und seine Vorgänger wollten sogar den Schattenbund auf einem niedrigen Entwicklungsstand halten, damit wir nicht abhängig würden und heftiges Verlangen nach den Geräten hätten, wenn wir draußen in der Welt mit Schwierigkeiten kämpfen. Amaurn dagegen ließ die Lampen aus dem Museum holen, befahl den Forschern, sie zu benutzen, aber eine Menge Leute sind darüber nicht glücklich. Dasselbe ist es mit der Absicht, Sprengpulver gegen die Ak’Zahar einzusetzen, wenn sie schlafen.« Sie sprach über einen Vorschlag, den Amaurn gegen Ende der Besprechung gemacht hatte. »Das ist die einzige Art, wie man meiner Ansicht nach mit ihnen fertig werden kann, und zweifellos die sicherste – außer für die arme Seele, die reingehen und die Sprengladungen setzen muss. Aber wenn man den Afanc reden hört, könnte man meinen, dass die Welt bald untergeht. Ich würde gern glauben, dass ein Ende der Meinungsverschiedenheiten in Sicht ist, wo Cergorn fort ist, aber so wird es nicht kommen. Seine Anhänger sind noch da und sie sind voller Groll, und da der einstige Archimandrit am Leben ist, werden sie danach trachten, ihn zurückzubringen.«
»Glaubst du, dass ihnen das gelingt?«, fragte Kalt unbehaglich. »Nach dem Benehmen des Afanc zu urteilen, würde ich Amaurn und seiner Gruppe im Falle des Erfolgs wenig Aussichten einräumen.«
»Ich glaube nicht, dass sie Cergorn als Anführer zurückbringen können«, sagte Veldan. »Nicht nach der vollständigen Auslöschung des Gedächtnisses. Aber es könnte sie bestimmt nichts davon abhalten, sich hinter einen neuen Bewerber zu stellen.« Dabei fiel ihr Cergorns früherer Partner, der verschollene Windgeist ein.
Ich frage mich, was mit Thirishri geschehen ist. Wenn sie je zurückkommt, wird Amaurn wirklich auf der Hut sein müssen.
Es entstand ein Schweigen, und eine Weile standen sie mit dem Rücken zu dem hell beleuchteten Haus und betrachteten die Sterne am Himmel und die vom Wind gekräuselte Oberfläche des Sees.
»Ich störe wirklich ungern, aber Amaurn will wissen, wo ihr beide seid. Er sagt, er und Kher sind mit den Plänen für das Sprengpulver fertig, und wir sind fast aufbruchbereit.« Der Feuerdrache kicherte. »Natürlich habe ich ihm nicht verraten, wo ihr zu finden seid – aber du und dein neuer Freund solltet euch besser beeilen, Schätzchen, ehe er euch suchen geht.«
Erst als sie Kaz reden hörte, fiel ihr wieder ein, dass er bei ihnen gewesen war, und sie wunderte sich, wann er gegangen war. »Wo bist du?«, wollte sie wissen.
»Ich genieße das Abendessen vor dem Kamin, das du jetzt nicht mehr bekommen wirst. Ich dachte, dass du mich da drüben nicht mehr brauchst.« Er machte eine Pause, und sie spürte sein Grinsen. »Kalt gefällt mir. Ich glaube, er ist sehr viel versprechend – besonders für einen aus Callisiora.«
Veldan war froh, dass es im Dunkeln nicht auffiel, wie sie errötete. »Ich bin froh, dass er dir gefällt, Kaz. Mir gefällt er nämlich auch.«
Dann wandte sie sich dem Überbringer zu. »Wir sollten umkehren. Kaz sagt, Amaurn ist bereit, loszureiten.«
Kalt riss überrascht die Augen auf. »Was, jetzt schon?
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