Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
verdammten Ak’Zahar loswerden könnten, das wäre schon etwas.« Sie wartete und sah ihn erwartungsvoll an. »Los, sag es mir. Du kannst es nicht ewig geheim halten. Wie willst du die Sprengladungen unbemerkt in den Tunnel bringen?«
Es war wirklich schwer, ihr zu widerstehen, dachte Amaurn. Und da sie außerdem längst unterwegs waren, hatte er nichts dagegen, dass seine Tochter es erfuhr – oder Kalt, fügte er in Gedanken hinzu. Er fühlte sich um Grimms willen verpflichtet, den jungen Mann unter seine Fittiche zu nehmen, und davon abgesehen hatte der Überbringer zweifellos genügend Talent, um ein erstklassiger Wissenshüter zu werden. Solange er aber weder Zeit noch Muße hatte, ihn richtig auszubilden, wollte er ihn im Blick behalten. Zudem benötigte er Kalts schmerzstillende Künste. Die Verletzungen an Arm und Rippen und besonders die Seite heilten gut, dank Kyrres ausgezeichneter Behandlung, brauchten aber noch Zeit. Er wusste, er sollte sich ausruhen, sich Unbequemlichkeiten ersparen und für eine schnellere Genesung sorgen, aber das kam nicht in Frage, und in der Zwischenzeit galt es mit den Schmerzen zurecht zu kommen. Er wollte es gern vermeiden, schmerzstillende Arzneien einzunehmen, weil man im entscheidenden Moment einen benebelten Kopf hatte. Daher war Kalts Verfahren, das das Schmerzempfinden auf geistigem Wege unterdrückte, die beste Lösung, auch wenn es alle zwei bis drei Stunden wiederholt werden musste.
»Amaurn?« Veldan klang ungeduldig. Er schreckte hoch und sammelte seine Gedanken. Dabei merkte er, dass er unerwartet müde war. Seine Tochter betrachtete ihn stirnrunzelnd. »Ich wusste, du hättest nicht mitkommen dürfen.« Ihr Ton war vorwurfsvoll. »Du hättest zu Hause bleiben und dich ausruhen sollen.«
»Kümmere dich nicht darum.« Immerhin hatte er etwas, um sie abzulenken. »Also gut, du hast gewonnen. Ich zeige dir meine Geheimwaffe.« Er hob ein wenig die Stimme. »Zeigst du dich bitte?«
Eine Bank in der Ecke begann zu flimmern und bekam ganz ungestalte, dunkle Umrisse. Veldan schnappte nach Luft. »Ein Gestaltwandler!«
»Das war meine Idee«, sagte Amaurn ein wenig selbstgefällig. »Ich habe Kalevala gefragt, ob sie einen ihrer besten Leute erübrigen kann, damit er uns begleitet und die Gestalt eines Ak’Zahar annimmt, um die Sprengladungen in den Tunnel zu bringen. Sie sagte, sie würde jemanden schicken, den wir hier treffen. Ich wollte nicht, dass vor unserem Aufbruch jemand davon erfährt, falls es Einwände gäbe.« Er wandte sich dem Takur zu. »Danke, dass du uns begleitest. Du bist uns sehr willkommen.«
»Ich danke für die freundliche Aufnahme.« Amaurn war überrascht, dass die Stimme weiblich klang. »Es ist mir eine Ehre, mit euch zu kommen – doch ehe wir fortfahren: da gibt es etwas, das du wissen musst, und meine Ehre zwingt mich, es dir zu enthüllen. Danach bist du vielleicht nicht mehr so erfreut.«
Amaurn lächelte. »Das bezweifle ich.«
Der Takur bog seine vielen Glieder zu einer Geste der Ergebenheit. »Nun gut. Dann sollst du wissen, dass mein Name Vifang ist.«
»Wie bitte?« Amaurn sprang auf, aber Veldan war schneller und stand schon mit gezogenem Schwert vor Amaurn.
Doch die Meuchelmörderin bewegte sich nicht. »Ich habe dich ja gewarnt«, sagte die Takur gequält.
Amaurn überkam heißer Zorn. »Kalevala hat versprochen, dich eigenhändig zu töten«, schnaubte er. »Mehr ist das Wort einer Takur also nicht wert?«
»Weit gefehlt. Kalevala hat nicht gesagt, sie werde mich töten. Sie hat lediglich versprochen, sich des Mörders eigenhändig anzunehmen. Das hat sie getan. Sie kam sofort zu mir und sagte, dass du am Ende nicht ausdrücklich meinen Tod gefordert hast, auch wenn du dazu das Recht hättest. Da du mein Leben verschont hast, gebietet es die Ehre der Takuru, dass ich es in deinen Dienst stelle. Du brauchst mich nie wieder zu fürchten, Amaurn. Du hast nach einem Gestaltwandler verlangt, und hier hast du einen.«
Der Archimandrit war verblüfft. »Einen Augenblick«, entgegnete er. »Wie steht es mit deiner Treue zu Cergorn?«
Vifang wiederholte die Geste der Ergebenheit. »Cergorn hat mich viele Jahre lang benutzt – uns alle hat er benutzt. Stets machte er Versprechungen, wie auch Syvilda, als sie mich verpflichtete, dich zu töten, aber die guten Gaben sollte es immer erst Morgen geben oder nächsten Monat oder sonstwann, nachdem wir ausgeführt hätten, was er von uns verlangte. Wir haben immer wieder
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