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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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entlangritten, traten die beiden Überbringer aus dem Turm am See und sprachen einen Segen über sie, während ihre dunklen Roben im Wind wehten und die weißen Schädelmasken in der Düsternis des herannahenden Sturms leuchteten.
    Inzwischen waren sie, da sie schnell ritten, weit über die Heide gekommen, und Arcans Festung war hinter ihnen verschwunden, verschmolzen mit der hügeligen Heidelandschaft. Seriemas struppiges, drahtiges, kleines Pferd, das so ganz anders war als Tormons mächtiger Sefrianer, war schnell und sprach gut auf sie an, und sie wünschte, sie würde einfach nur mit Cetain ausreiten, anstatt ihn bei seinem verzweifelten, gefährlichen Auftrag zu begleiten. Sie betrachtete den großen Krieger von der Seite. Mit den langen dunkelroten Haaren, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten und hinter ihm her wehten, bot er einen prächtigen Anblick. Er bemerkte ihren Blick und lächelte. »Für ein Mädchen aus der Stadt reitest du gut.«
    »Ich bin schon immer gern geritten, und mein Vater hat mich dazu ermuntert«, antwortete Seriema. Sie lächelte gequält. »Das alte Lied, fürchte ich. Er hatte eigentlich einen Sohn haben wollen.« Für gewöhnlich, wenn sie von ihrem Vater sprach, focht sie innerlich einen Kampf aus, gegen die tiefe Liebe, die sie für ihn empfand, und ihren Groll darüber, dass alles, was sie vollbracht und wie sehr sie sich auch angestrengt hatte, nie genug gewesen war. Heute jedoch schien die Bitterkeit, die in ihr schwelte, von der sauberen Luft des Hochlands fortgeblasen zu sein.
    Cetain schaute mit Anteilnahme zu ihr herüber. »Und um das auszugleichen, hast du alles zehnmal besser machen müssen als ein Junge – sowohl in seinen als auch in deinen Augen.«
    Seriema schnappte nach Luft. »Woher weißt du das? Außer Presvel bist du der erste Mensch in meinem Leben, der das begreift.«
    »Du wärst überrascht, wie gut ich das begreife«, erwiderte Cetain leise. »Ich hatte eine jüngere Schwester, das einzige Mädchen unter acht Brüdern. Sie hieß Amellin. Auch sie glaubte, sich in den Augen unseres Vaters beweisen zu müssen, besser zu reiten, besser zu jagen und zu kämpfen als alle Männer unserer Familie zusammen.« Er schüttelte den Kopf. »Und mehr wagen zu müssen. Immer wieder habe ich sie gewarnt, vorsichtiger zu sein, aber dann warf sie ihr schwarzes Haar zurück und lachte mich aus. Bis zu dem Tag, als wir einen Raubzug auf das Vieh der Wolfssippe machten.« Er schluckte mühsam. »Sie hatten auf uns gewartet. Um uns die Zeit zur Flucht zu verschaffen, forderte meine Schwester den Häuptling heraus und kämpfte mit ihm Mann gegen Mann. Als ich sie fallen sah, starb ein Stück meines Herzens mit ihr und wurde von den Pferden unserer Widersacher zertrampelt.« Cetains Gesicht glich einer Maske, sein Blick war in weite Ferne gerichtet. »Amellin hat uns an jenem Tag das Leben gerettet – indem sie sich mit einem Mann maß.« Er spuckte auf die Erde.
    »Das tut mir Leid«, sagte Seriema sanft. »Das muss ein furchtbarer Verlust für dich sein.«
    »Für mich, ja – aber nicht für unseren Vater. Nicht solange er seine Söhne hat.« Ein Anflug von Verbitterung klang aus dem Satz. »Amellin ist seit zwei Jahren tot, und seitdem habe ich ihn kein einziges Mal ihren Namen nennen hören.«
    Sein Ton lud zu keiner Antwort ein, und Seriema war so klug, nicht weiter darauf einzugehen. Sie spürte, dass Cetain den Tränen nahe war. Vor den Kriegern – und vor ihr – zu weinen war undenkbar. Eine Zeit lang ritten sie schweigend. Ihr zähes kleines Pferd, das sich mit den Eigenheiten der Landschaft auskannte, hatte seine erste Begeisterung abgearbeitet und war in einen gleichmäßigen und kraftsparenden Trott gefallen, der ihr Gelegenheit gab, sich ihrer Umgebung zuzuwenden.
    Der Wind kam in Böen und näherte sich der Sturmstärke. Die violette Wolkenbank, die sie vom Turm der Festung noch in weiter Ferne gesehen hatte, kam schnell näher und war fast über ihnen. Schon bekam sie die ersten kalten Tropfen ins Gesicht. Sie brauchte nicht so wettererfahren zu sein wie die Rotten, um zu sehen, dass der Sturm schlimm werden würde. Verstohlen blickte sie um sich, um einen Unterschlupf zu entdecken, aber nach allen Seiten war nichts zu sehen außer den nackten Hügeln.
    Ach, großer Myrial! Es sieht fast aus, als müssten wir hindurchreiten.
    Seriema schauderte. So viel zu den Freuden eines wilden Lebens. Ihr Verstand hätte ihr sagen müssen, dass es auch eine Schattenseite

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