Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
wenn so viel auf dem Spiel stand. Jedenfalls war er entschlossen, dafür zu sorgen, dass der Schattenbund gut auf Scall aufpasste.
Sicherlich können wir seine Erinnerungen an Gendival auslöschen und ihn zu seinen Freunden zurückbringen, wenn wir mit allem fertig sind. Nachdem er diese Geräte für uns entdeckt hat, sind wir es ihm schuldig. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um Amaurn dazu zu bringen, dass er freundlich mit dem Jungen umgeht.
Der andere junge Mann brachte viel größere Schwierigkeiten mit sich. Grimm hatte beabsichtigt, Kalts Fall dem Archimandriten vorzutragen und ihn als neuen Wissenshüter in den Schattenbund zu bringen, wie er es verdient hätte. Scalls wegen hatte ihr Gespräch jedoch schlecht geendet, und nachdem er den neuen Anführer des Schattenbundes einmal verärgert hatte, war die Möglichkeit, seinen Wunsch vorzutragen, vertan gewesen.
Was soll ich nun tun? Kalt mitnehmen und abwarten, ob Amaurn ihn vielleicht zurückweist? Oder ihn dalassen, wo er mit dem Angriff der fliegenden Dämonen fertig werden und die ganze Wucht von Arcans Zorn aushalten muss, wenn dieser feststellt, dass sein Überbringer ihn im Stich gelassen hat?
Ein hartnäckiges Geschnatter und Gepiepse aus dem Käfig in der Ecke lenkte Grimms Aufmerksamkeit von seinen Überlegungen ab. Seine Kobolde waren das Eingesperrtsein leid. Sie wollten ins Zimmer gelassen werden, um ihr übliches Durcheinander anzurichten, und verlangten entschlossen nach seiner Aufmerksamkeit. Gar war natürlich noch bei Maskulu in Gendival, und Grimm, der die eigene Heimreise herbeisehnte, hatte den Wissenshüter gebeten, das kleine Wesen vorerst bei sich zu behalten. Die anderen jedoch machten mehr als genug Lärm, um die Abwesenheit des einen auszugleichen. Der übellaunige Iss zankte mit dem schelmischen Bir, und die beiden Weibchen benahmen sich nicht besser. Die lebhafte Vai warf ihre Nester und Spielsachen aus dem Käfig auf den Boden, und die anhängliche Ell rüttelte an den Gitterstäben, versuchte, nach Grimm zu greifen und kreischte durchdringend, um ja bemerkt zu werden.
Nun, wenigstens brachten ihn die Kobolde in keine Bedrängnis. Da er abreiste, brauchte er nicht mehr darüber nachzudenken, wie er sie in die Festung bringen und trotzdem geheim halten könnte. Er würde sie einfach zu Maskulu schicken (er stellte sich lieber nicht dessen Entsetzen vor, wenn sie sich alle auf ihm niederließen) und sie wieder einsammeln, sobald er …
In diesem Augenblick flog die Tür auf. Er fuhr zornig herum und sah seinen Gehilfen im Eingang stehen. »Wie kannst du es wagen, so hereinzuplatzen. Mach, dass du rauskommst!«
Kalt stand mit offenem Mund da und starrte auf den großen Käfig in der Ecke, der vom Boden bis zur Decke reichte. »Bei allen Wundern dieser Welt, was sind denn das für welche?«, fragte er dann, und die kleinen schwarzen Wesen zwitscherten und flatterten und waren über den unerwarteten Besucher ganz offensichtlich aufgeregt.
»Nichts, was dich etwas anginge«, antwortete Grimm gereizt. »Obwohl du mir zweifellos das Leben vergällen wirst, bis ich es dir endlich verrate. Was glaubst du denn, weshalb ich dir und Izobia verboten habe, hier hereinzukommen?« Er blickte seinen Gehilfen finster an. »Wärst du so freundlich, mir zu erklären, warum du dich mir widersetzt?«
»Weil du etwas vorhast«, antwortete Kalt freimütig. »Du wolltest nicht einmal mit mir über Scalls Wunderdinge reden – und sonst sprichst du mit mir über jede Neuigkeit, und sei es auch nur, um meine Kenntnisse zu erweitern. Du hast dir auch nicht die Zeit genommen, sie zu untersuchen. Du hast sie einfach genommen, bist hier heraufgestürmt, als wären die Teufel hinter dir her, und hast mich bei dem armen Kerl sitzen lassen, wo ich mich abstrample, um mir irgendeine Erklärung für ihn auszudenken. Und seitdem hast du dich hier eingeschlossen. Ich will aber wissen, was vor sich geht. Ich wollte anklopfen und warten, wie immer, aber dann dachte ich: ›Warum sollte ich? Ich bin ein ausgewachsener Überbringer, wo ich doch jetzt zum ersten Mal jemandes Hinscheiden bewirkt habe.‹« Einen Augenblick lang ließ er die Schultern hängen, und Grimm wusste, dass er an das kranke Kind dachte, dessen Leiden er beendet hatte. Dann raffte er sich auf. »Und ich sehe nicht ein, warum ich wie ein Kind oder ein Bittsteller vor deiner Tür warten soll.«
Er steigerte sich in eine richtig tolle Laune hinein, und Grimm, den der Ausbruch mehr
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