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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sie gereizt, »aber vorsichtshalber begebe ich mich eine Zeit lang ins Dunkle und halte nach irgendwelchen Schleichern die Augen offen. Wahrscheinlich ist es noch zu früh, um nach dem Schiff Ausschau zu halten, aber man kann nie wissen.«
    Sie schlüpfte fort in die Dunkelheit und ließ Zavahl mit seinem Schuldgefühl allein.
    Aber ich bin nicht allein, nicht wahr?
    Seit der Entführung hatte er von dem Drachen kein Wort mehr gehört. Es hatte fast den Anschein, als würde sich sein ungebetener Gast absichtlich versteckt halten. Aber warum? Er schloss die Augen und besann sich auf sein Inneres. »Aethon? Bist du da? Was ist los?«
    »Mir scheint, ich schulde dir eine Erklärung. Ich habe versehentlich großen Verdruss in dein Leben gebracht.« Der Drache klang dabei unsicher und gedämpft, überhaupt nicht mehr nach dem zuversichtlichen und klugen Wesen, das den einstigen Hierarchen anfänglich angesprochen hatte. Zavahl runzelte die Stirn. Fast kam es ihm vor, als hätten sie ihren Zustand miteinander getauscht!
    »Als ich mich in deinen Geist hineinstürzte, war ich verzweifelt«, fuhr Aethon fort. »Ich lag im Sterben, fast war es soweit. Mir blieb keine Zeit, um die Folgen zu überdenken. Denn ich trage Wissen in mir, das für die Zukunft des Drachenvolkes lebenswichtig ist, und die Geschehnisse der vergangenen Nacht beweisen, dass sie vor nichts Halt machen werden, um es zurückzubekommen.«
    Zavahl durchlief ein Schaudern. Toulac hatte ihm erzählt, dass nach Veldans Meinung die Drachen hinter der Entführung steckten, sie aber auch nicht mehr wisse. Und seither hatten ihn die Erfordernisse des Überlebenskampfes so sehr beansprucht, dass er keine Zeit gehabt hatte, um über die Beweggründe und ihre Folgen nachzudenken. »Sie wollen dich also haben«, sagte er langsam, »und um deiner habhaft zu werden, müssen sie mich fangen. Und was geschieht dann?«
    »Unglücklicherweise sind mir die geschichtlichen Erinnerungen nicht so deutlich im Bewusstsein, dass ich sie einfach weitererzählen könnte – tatsächlich würdest du an Altersschwäche sterben, ehe ich auch nur einen Bruchteil davon in Worte gefasst hätte. Also müssten sie sie mit anderen Mitteln aus mir herausholen und unmittelbar in den Geist des neuen Sehers übertragen. Es ist anzunehmen, dass mich die Zurückgewinnung entweder gänzlich auslöscht oder zumindest meinen Verstand bis zur Unkenntlichkeit verwüstet«, sagte Aethon düster. »Auch das menschliche Gehirn ist nicht dafür geschaffen, die Verfahren auszuhalten, zu denen sie gezwungen sein werden. Höchstwahrscheinlich wirst du oder wenigstens alle Merkmale deines Wesens ebenfalls zugrunde gehen.«
    »Aber das ist grässlich!«, stieß Zavahl atemlos hervor.
    »Nicht in ihren Augen«, erwiderte Aethon. »Siehst du, für sie bin ich längst tot. Nach ihrem Verständnis habe ich mich lediglich in deinem Körper niedergelassen, um unser Gedächtnis zu bewahren. Sie haben im Grunde genommen nicht bedacht, dass mein eigentliches Wesen ebenfalls in dich übertragen wurde, aber so ist es. Alles, was den Seher Aethon ausmacht, befindet sich in dir, Zavahl – und ich will noch nicht sterben.«
    »Ich auch nicht«, sagte Zavahl. »Nicht dass deine elenden Verwandten sich auch nur entfernt darüber Gedanken machten.« Was für ein Durcheinander! Solange Aethon in seinem Geist blieb, würde er ein gejagter Mann sein, und der Preis dafür, den ungebetenen Gast loszuwerden, war der Wahnsinn oder der Tod.

 
     
    Sie wollte ihn nicht. Wie konnte das sein, dass sie ihn nicht haben wollte, nach allem, was er für sie getan hatte? Aber der Beweis vor seinen Augen war eindeutig. Aus einer dunklen Ecke des großen Saales beobachtete Presvel, wie Rochalla sich an einen großen Kamin setzte, um dem Geschichtenerzähler zuzuhören. Der Feuerschein tauchte ihr Haar in warmes Gold. Die kleine Annas schmiegte sich, den Daumen im Mund, schläfrig in ihren Schoß, versunken in die Sagen über Helden und verborgene Schätze. Und bei ihnen – viel zu dicht – saß Scall. Sähe man nicht genau, wie jung die beiden noch waren, man hätte sie für eine Familie halten können. Sie sahen dabei so sorglos aus. Als würden sie zueinander gehören. Presvel knirschte mit den Zähnen.
    Das ist ungerecht. Sie sollte mir gehören. Ich habe sie geliebt, seit ich sie zum ersten Mal sah. Hätte ich sie nicht mitgenommen, sie wäre jetzt nicht hier, sondern läge als Bestienfutter in Tiarond.
    Der Tag war für Presvel nicht gut

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