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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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verlaufen. Er hatte sich unter den ungehobelten, hünenhaften Kriegern fehl am Platz gefühlt; verachtet und zurückgewiesen. Die Rotten, die ihre Festung fleißig für eine Belagerung vorbereiteten, hatten ihm eindeutig zu verstehen gegeben, dass er nur im Weg stand. Tormon hatte sich mit Seriema gestritten, war schlecht gelaunt und schweigsam, und Seriema selbst hatte die Obhut der Festung, ohne ihm ein Wort zu gönnen, verlassen und setzte ihr Leben bei einem lächerlichen Wagnis aufs Spiel.
    Früher bin ich ihr wichtig gewesen. Sie war in so vielen keinen Belangen von mir abhängig, und jetzt hat sie keine Zeit mehr für mich – aber es ist nicht verwunderlich, dass sie sich einem anderen zuwendet. Ich habe sie kaum mehr beachtet. Ich habe meine Zeit an dieses undankbare kleine Luder da am Feuer verschwendet.
    Presvel verbarg das Gesicht in beiden Händen. Im tiefsten Herzen wusste er, dass er unvernünftig und ungerecht war. Als er Rochalla zum ersten Mal in Seriemas Haus brachte, sagte er sich noch, dass er nun nicht mehr erwarten dürfe, sie als seine Hure für sich zu haben, und machte sich auf ihre Ablehnung gefasst. Er ahnte damals wohl, dass es ihm das Herz brechen würde, aber er hielt sich für tapfer genug, um dabei zuzusehen, wie sie sich ohne ihn zu einem besseren Leben aufschwang – doch die Wirklichkeit kam viel schlimmer, als er sich ausgerechnet hatte.
    Den ganzen Tag schon hatte er mit ihr allein sein wollen, aber es schien, dass sie ihn absichtlich mied, und sie behielt Annas immerfort bei sich, wie um zu verhindern, dass er vertraulich mit ihr sprach. Dann, nach dem Abendessen, hatte sie sich zu Scall ans Feuer gesellt. Zuerst hatte Presvel geglaubt, das sei nur eine neuerliche Masche, um ihn auf Armeslänge von sich zu halten, aber jetzt, wie er sie mit diesem grünen Jungen da drüben so flüstern und lachen sah, legte sich ein dunkler, hässlicher Fleck aus Eifersucht auf sein Herz.
    Wie kann er es wagen?
    Wie können sie es wagen?
    Während er sie weiter beobachtete, legte der Junge versuchsweise einen Arm um ihre Schultern. Sie versteifte sich und blickte ob dieser ungewohnten Berührung um sich. Jetzt würde sie dem unverschämten Grünschnabel doch sicher sagen, dass er sich packen soll? Doch nach ein paar Augenblicken musste er feststellen, dass sie dem kleinen Bastard tatsächlich erlaubte, sie zu betatschen.
    Presvel konnte das nicht länger mit ansehen. Er sprang auf und verließ hastig den Saal, stolperte dabei über ausgestreckte Beine und trat anderen auf die Zehen. Draußen lehnte er sich heftig atmend gegen die kalte Steinwand.
    Jetzt reicht’s. Das lasse ich nicht zu. Ich werde mir das kleine Gör vorknöpfen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.
    Er hatte noch immer das lange scharfe Messer bei sich, trug es jetzt Tag und Nacht. Und da gab es einen Ort, wo er den Jungen mit Sicherheit allein erwischte. Was immer um ihn herum auch geschah, der kleine Nichtsnutz ging jeden Abend in den Stall, um nach seinem kostbaren Gaul zu sehen. Presvel wollte Scall nur verscheuchen und lief schon mit der Hand am Messer hinunter zu den Ställen.
     
    Kalt erprobte die gut gefüllte Matratze und strich ab und zu anerkennend über die dichten Bärenfelle auf dem Bett. »So ein Leben lasse ich mir gefallen«, sagte er. »Ich wünschte, wir müssten nicht schon so bald aufbrechen.« Er zögerte. »Weißt du, es macht mir ein schlechtes Gewissen, dass ich Arcan verlasse, wo er uns so gut behandelt.«
    Grimm drehte sich vom Fenster herum, wo er eine Weile gestanden und mürrisch in die Dunkelheit gestarrt hatte. »Ach, mach dir nichts vor, Kalt. Glaubst du, Arcan gibt uns die Zimmer neben den seinen aus bloßer Herzensgüte?«, erwiderte er barsch. »Er bringt uns solche Ehrerbietung entgegen, weil er nichts weiter ist als ein abergläubischer Stammeskrieger, der Angst hat, uns anders zu behandeln.«
    Und du hast genauso ein schlechtes Gewissen wie ich, Grimm. Darum bist du so verdrossen.
    Kalt behielt seine Gedanken für sich. Wenn sich sein Lehrer in dieser Stimmung befand, war Schweigen das Klügste. Während Grimm am Fenster brütete, überprüfte er noch einmal die Bündel. Sie hatten sehr wenig bei sich: ein wenig Essen, für jeden eine Decke, auch für Scall, einen zusätzlichen Umhang, eine warme Jacke und Handschuhe für den Jungen sowie ein Seil, um ihn zu fesseln, falls er sich widerspenstig zeigen sollte, sowie ein oder zwei wertvolle Kleinigkeiten, die kaum etwas wogen. Kalt

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