Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
Geschrei brachte Meglyn nach vorn, und Elion kletterte durch die Luke. Einen Augenblick nach ihm zog sich Rowen an Deck.
Der Feuerdrache hob schläfrig den Kopf und sah blinzelnd zu dem Licht an der Küste. »Wurde auch Zeit«, brummte er. »Du kannst gegen Amaurn sagen, was du willst, aber er hat Skreeva genau zur rechten Zeit umgebracht und verhindert, dass ihre Günstlinge Toulac und Zavahl noch weiter fortschleppen. Sonst hätten wir womöglich einen ganzen Monat in diesem schwimmenden Gefängnis festgesessen.« Kaz hatte sich mit dem Leben an Bord eines Schiffes nicht recht anfreunden können. Im Laufe des Tages hatte er Veldan öfter, als ihr lieb war, davon unterrichtet, dass das Deck zu vollgestellt war, als dass er sich bequem darauf bewegen könnte, dass er ständig darauf achten müsse, wohin er seinen Schwanz legte, und dass er darüber hinaus ziemlich sicher sei, dass Feuerdrachen nicht schwimmen können, weshalb die Gegenwart von so viel tiefem Wasser ringsum ihn ganz entschieden beunruhigte. Und obwohl niemand vor Kaz selbst Angst hatte, so war doch die Anwesenheit eines Geschöpfes, das Feuer speien konnte, dazu angetan, dass Meglyn und den anderen ein wenig unbehaglich war.
Arnond stand stirnrunzelnd am Ruder. »Sie mussten ja hier landen«, sagte er. »Das ist die felsenreichste Küste der ganzen Gegend. Sie hat schon viele Leben gefordert.«
Jetzt konnten sie das Zischen und Tosen der Wellen hören, die sich am Riff brachen, sahen die weiße Gischt entlang des Ufers. »Werden wir dicht genug herankommen, was meinst du?«, fragte Veldan besorgt. »Du wirst doch Rowen jetzt sicher keinem Wagnis aussetzen wollen.«
»Oder mein Schiff«, fügte Meglyn hinzu.
»Oder mich – falls das jemanden kümmert«, murmelte Kaz, aber nur die beiden Wissenshüter konnten ihn hören.
»Kennen sich eure Freunde da überhaupt mit der Seefahrt aus?«, fragte Rowen. »Würden sie ihr Leuchtfeuer an jeder beliebigen Stelle anzünden oder würden sie die Strömungen und Felsen bedenken?«
»Das bezweifle ich«, antwortete Veldan. »Zavahl ganz sicher nicht. Über Toulac kann ich nichts Genaues sagen. Sie hat gewiss ein abwechslungsreiches Leben hinter sich, hat aber nie erwähnt, je auf See gewesen zu sein. Doch das heißt nichts. Wir hatten keine Zeit, bei unseren Gesprächen alles anzuschneiden, was sie schon gemacht hat.«
»Also gut«, sagte Arnond, »wir bleiben besser auf der sicheren Seite und nehmen an, dass keiner von ihnen weiß, was er tut. Folgendes werden wir tun. Meglyn, reffe die Segel auf das Mindestmaß. Wir müssen sehr langsam und vorsichtig hineinfahren. Rowen, willst du das Senkblei nehmen und loten?«
»Natürlich.« Rowen ging und beeilte sich, so gut sie konnte.
»Was ist ein Senkblei?«, fragte Ailie flüsternd.
Veldan zuckte die Achseln. »Wenn das ein Gerät ist, fragst du besser Elion. Seine Partnerin war ein guter Matrose.«
»Mit dem Senkblei wird die Wassertiefe gemessen«, erklärte Elion. »Es ist an einem Seil befestigt, das in Faden unterteilt ist, und einer steht im Bug und wirft es nach vorn aus. Da ist auch ein Loch im Boden des Bleistücks. Wenn man es mit weichem Talg füllt, bleibt etwas vom Boden daran kleben, und dann weiß man, ob man über Sand oder Stein fährt.« Er lächelte Ailie an. »So. Nun weißt du genau so viel darüber wie ich.«
Das Schiff tastete sich vorsichtig voran. Nach einem Moment der Eingebung erklärte Veldan Arnond das bemerkenswerte Sehvermögen des Feuerdrachen, und Kaz wurde sofort in den Bug geschickt, um die Felsen im Wasser zu erspähen oder vor Änderungen der Wasseroberfläche zu warnen, die auf Strömungen hindeuteten.
Plötzlich stieß Ailie einen Schrei aus und zeigte auf das Ufer. »Seht, Leute! Am Strand, rechts unterhalb des Leuchtfeuers. Da scheint noch ein Feuer zu sein – zwischen den dicken Felsblöcken nahe am Abhang. Und weiter unten ist jemand, der uns mit Fackeln winkt!«
Kaz blickte von seiner Beobachtung des Wassers auf, senkte aber sofort wieder den Blick, als Arnond brüllte: »Du, schau gefälligst hin, wo wir fahren! Der Strand hat dich nicht zu kümmern, du hast an Wichtigeres zu denken.«
Veldan folgte Ailies Finger mit den Augen. »Das ist Toulac! Und ist das Zavahl hinter ihr?«
»Ganz bestimmt nicht«, sagte Ailie entschieden.
»Sie wird angegriffen«, rief Elion. »Toulac, aufgepasst … Verflucht. Wir sind zu weit entfernt, als dass sie uns durch die Brandung hören könnte.«
Veldan versuchte es mit
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