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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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gefreut. Es war nicht viel los gewesen an diesem Tag. Lars und Tonio hatten  längst das Weite gesucht, ebenso wie Alfred, der Meister. Es war achtzehn Uhr dreißig und eigentlich hatten sie seit einer halben Stunde geschlossen.
    Besaßen die Leute denn keinen Anstand mehr?
    Manuel war bereits auf dem Weg nach draußen, um den Mann, der da aus seinem Auto stieg, mit einem Minimum an Freundlichkeit wieder wegzuschicken, als er ihn erkannte.
    »Bin ich zu spät?«
    Tilo Baumgart. Ihr Lebensgefährte.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Er springt nicht an und läuft unregelmäßig. Ich hab Angst, dass er mir unterwegs stehen bleibt.«
    »Ich seh ihn mir mal an.« Manuel streckte die Hand nach dem Zündschlüssel aus. Finster erwiderte er den erstaunten Blick, den Richie ihm zuwarf. »Du kannst Schluss machen für heute.«
    Der Lehrling räumte Besen und Kehrschaufel fort, packte seine Sachen und verließ eilig den Hof, bevor Manuel es sich anders überlegen konnte.
    Während Manuel sich mit dem Wagen beschäftigte, stand Tilo in der Tür und schaute ihm zu. Manuel fühlte eine Erregung, die ihm die Finger zittern ließ. Dieser Mann war Teil ihres Lebens, und nun stand er hier, in der Werkstatt. Er lebte mit Imke Thalheim, frühstückte mit ihr, lachte und stritt mit ihr, liebte sie.
    Er durfte sie berühren. Jederzeit.
    Vielleicht diskutierte sie Schreibkonzepte mit ihm. Las ihm aus ihren noch nicht vollendeten Manuskripten vor.
    Wie er den Mann beneidete! Und wie er ihn hasste!
    Er musterte ihn aus den Augenwinkeln. In Manuels Familie hätte man jemanden, der sich so anzog, einen feinen Pinkel genannt. Bügelfaltenhose, weiche italienische Lederschuhe, Sakko und ein schwarzer Wollmantel, den er offen trug.
    Manuel machte sich nicht viel aus Klamotten, aber er erkannte gute Kleidung, wenn er sie vor sich sah. Er selbst bevorzugte Jeans und verzichtete nur ungern auf seine Turnschuhe. Bei der Arbeit trug er festes Schuhwerk, das war Vorschrift, aber in seiner Freizeit beugte er sich keinem Diktat, auch nicht dem der Mode.
    Eingebildeter Fatzke, dachte er.
    Tilo Baumgart. Praxis in einer sozialen Brennpunktgegend. Autor verschiedener psychologischer Sachbücher. Vorträge mit breit gefächertem Themenspektrum. Aktuell hochgelobt für seine Arbeit im Bereich multiple Persönlichkeitsstörung.
    Manuel wusste alles über ihn, denn er hatte seine Hausaufgaben gemacht. Er hatte sogar einen der Vorträge besucht. Die Zuhörer waren beeindruckt gewesen, ebenso wie Manuel selbst. Anschließend hatte Tilo Baumgart sich den Fragen des Publikums gestellt. Es war Manuel aufgefallen, dass er nicht ausgewichen war. Weder bei persönlichen Fragen noch bei denen, die kritisch waren.
    Jetzt schaute Tilo Baumgart sich in der Werkstatt um. Der Raum war vollgestopft mit Werkzeugen, Maschinen und allen möglichen Materialien, die ein Laie nicht einzuordnen wusste. Die meisten reagierten darauf wie Tilo Baumgart auch - mit einer seltsam distanzierten Scheu.
    »Schon was gefunden?«, fragte er, als er Manuels Schweigen nicht länger aushielt.
    Manuel richtete sich auf und drehte sich zu Tilo Baumgart um. »Bis jetzt noch nicht. Ich würde ihn mir morgen gern noch mal in Ruhe ansehen.«
    »Das heißt …«
    »Sie lassen ihn hier oder bringen ihn morgen wieder vorbei.«
    »Hätten Sie einen Leihwagen für mich?«
    »Tut mir leid. Das Büro ist nicht mehr besetzt, und ich weiß  nicht, ob der Leihwagen, den wir noch hierhaben, eventuell für einen Kunden reserviert ist.«
    »Macht nichts.« Tilo Baumgart zog ein Handy aus der Tasche. »Ich werde meine Frau bitten, mich abzuholen.«
    Meine Frau.
    Tilo Baumgart war nicht mit Imke Thalheim verheiratet, das hatte Manuel recherchiert. Er hatte kein Recht, sie so zu nennen.
    Denn sie ist nicht deine Frau! Sie gehört mir, und es wäre besser für dich, wenn du das in deinen Schädel kriegen würdest!
    Tilo Baumgart wandte sich zur Seite und senkte die Stimme. »Hallo, Ike.«
    Ike …
    Das Herz schlug Manuel bis zum Hals. Er sah den schweren Kreuzschlüssel auf der Werkbank liegen, doch er fasste ihn nicht an. Nicht jetzt. Noch nicht. Schwer atmend stieß er die Hände in die Taschen seines Overalls. Seine Zeit würde kommen. Alles, was er brauchte, war Geduld.
     
    Imke stellte gerade die Schüssel mit dem Salat auf den Tisch, als das Telefon klingelte. Ein Blick auf das Display zeigte ihr, dass aus dem geplanten gemütlichen Abendessen nichts werden würde.
    Tilo erklärte ihr, dass er nicht zu der

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