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Der Schattenprinz

Der Schattenprinz

Titel: Der Schattenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hause
    Ich hielt meine Augen fest geschlossen. Ich spürte, dass der Weg durch Wasser führte, aber ich öffnete die Augen nicht. Ich hörte, dass der Weg durch lautes Lachen führte, aber ich öffnete die Augen nicht. Danach spürte ich, dass der Weg durch Feuer führte, aber ich öffnete meine Augen nicht. Später hörte ich, dass der Weg durch lautes Jammern führte, aber ich öffnete meine Augen nicht.
    Dann hörte ich lange Zeit nichts. Ich war sicher, dass ich zu Hause angekommen war, und machte meine Augen auf. Aber dort, wo ich war, war nicht mein Bett. Ich wusste nicht, wo ich war.
    Die rote Feder hatte aufgehört den Weg zu zeichnen. Ich hatte meine Augen zu früh geöffnet und nun würde ich nie nach Hause kommen und würde hier, wo ich war, für immer bleiben. Ich war sehr traurig.
    Aber nicht für lange. Denn ich hatte eine Idee. Jola hatte mir gesagt, wenn ich Hilfe brauchte, würde ein Freund mir helfen. Und ich hatte einen Freund, der mir helfen konnte. Die Ziehharmonika hatte zu mir gesagt, wenn ich jemals ihre Hilfe brauchen würde, würde es genügen zu sagen: »Ziehharmonika, Ziehharmonika, hilf mir.« Dann würde sie kommen und mir helfen.
    So sagte ich laut: »Ziehharmonika, Ziehharmonika, bitte hilf mir!«
    Am Anfang passierte gar nichts. Ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, als ich aus weiter Ferne Ziehharmonikaklänge hörte. Die Töne kamen näher und näher. Sie waren nicht nur schön zu hören, ich konnte sie auch sehen. Die Töne hatten alle möglichen Farben, wie ein Regenbogen.
    Ich nahm meinen Socken und meine Feder noch fester in die Hände. Dann machte ich die Augen wieder zu und rutschte auf diesem Regenbogen aus Tönen hinunter.
    Als ich die Augen wieder öffnete, war ich zu Hause in meinem Bett.
     

Der Tag nachher
     
    Noch immer konnte ich die Ziehharmonika hören. Dann sah ich mich genauer um und sah neben meinem Bett meinen Großvater, der auf seiner Mundharmonika spielte. So weckte er mich jeden Tag auf, wenn ich in die Schule gehen musste.
    »Zeit für die Schule!«, sagte er. »Du musst dich beeilen. Heute hast du länger geschlafen als sonst. Hast du etwas Schönes geträumt?«
    »Oh ja!«, antwortete ich. »Ich habe viel geträumt und viel erlebt.«
    So schnell wie möglich packte ich meine Sachen zusammen. »Wo sind meine Schuhe? Hast du meine Schuhe gesehen?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete mein Großvater. »Ich habe sie geputzt. Deine Mutter wird nur schwer diesen bösen Kratzer auf dem rechten entdecken. Ich habe deine Schuhe auf dem Zwetschgenbaum im Garten gefunden. Wenn du nach Hause kommst, musst du mir erklären, wie sie dort hingekommen sind. Vergiss nicht, nach der Schule sofort zurück nach Hause zu kommen. Heute Abend gehen wir alle zusammen in die Oper.«
    »Ich komme sofort nach der Schule wieder«, rief ich und rannte mit der Schultasche in der Hand aus dem Haus.
    »Warte!«, rief mein Großvater. »Ich verrate dir noch ein Geheimnis. Du bekommst zum Geburtstag ein Fahrrad. Aber sag niemandem, dass ich es dir erzählt habe!«
    Glücklich darüber lief ich die Straße entlang. Als ich zu dem unbewohnten Haus kam, blieb ich stehen.
    Ich hörte eine Stimme.
    »Kannst du mir den Weg zur Schule zeigen?«, fragte mich jemand. Ich drehte mich um und sah aus dem unbewohnten Haus einen rothaarigen Jungen auf mich zukommen.
    »Wohnst du hier?«, fragte ich ihn.
    »Ja«, antwortete er. »Gestern Abend sind wir eingezogen. Darum weiß ich den Weg zur Schule noch nicht. Kannst du ihn mir zeigen?«
    »Ja, komm mit. Aber wir müssen uns beeilen.«
    Unterwegs zeigte ich ihm, wo Johanna wohnte. Vor ihrer Tür stand das Fahrrad. Aber es war nicht mehr kaputt. Wahrscheinlich hatte ihr Vater es repariert. Der Junge erzählte mir, dass sein Vater im Theater arbeitete. Seine Aufgabe war es, den Schauspielern zu sagen, wie sie zusammen singen sollten. Er wollte mir noch mehr davon erzählen und ich wollte ihm auch erzählen, was ich erlebt hatte, und ihn zu meinem Geburtstag einladen, Aber wir waren vor der Schule angekommen und die Schulglocke läutete gerade zum letzten Mal.
    So mussten wir in die Klasse gehen.
    »Wir reden in der großen Pause weiter. Dann erzähle ich dir von der Oper, die mein Vater im Theater vorbereitet«, sagte er.
    »Kannst du mir nur noch schnell sagen, wie diese Oper heißt?«, fragte ich ihn. Aber in diesem Moment kam die Lehrerin in die Klasse und er konnte nicht mehr antworten. Ich war sehr neugierig, aber die große Pause war noch

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