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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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halbe Stunde lang konnte er nur daliegen und sich nicht bewegen.
    Später zündete er sich die Lampe an und trank aus seiner Wasserflasche. Mit zittrigen Händen griff er nach Papier und Feder. Ein Strohballen diente ihm als Unterlage.
    Ich bin traurig, sie nicht zu sehen. Sie sind ein Teil meines Lebens geworden. Wenn es doch möglichst bald alles vorbei wäre und ich noch einmal bei ihnen sein könnte! Die Tage fühlen sich länger an als vorher. Ich versuche dem Bauer so gut es geht zu helfen. Aber mit jedem Tag wird es anstrengender. Ich habe das Gefühl, mein Körper wird immer schwächer. Es ist gut, dass ich nicht vorher gewusst habe, wie das alles sein würde.
    Er setzte ab und schüttelte die Hand aus. Trotz der Kälte schwitzte er. Aber ein bisschen weiterschreiben wollte er noch.
    Man fragt sich, was mit einem geschieht. Alles, was immer so selbstverständlich gegangen ist, fängt auf einmal an zu stocken. Die Ordnung, die Sicherheit des täglichen Lebens gerät ins Wanken. Ein unbeschreibliches Gefühl ist das. Es ist, als würde sich alles, was man den Tag über an Schlechtem erlebt hat, auf einen legen. Gestern bin ich an einer Abfallgrube vorbeigekommen. Die Leute werfen alles hinein, was ihnen nutzlos geworden ist: Speiseabfälle, zerrissene Kleider, sogar Tierkadaver. Ein bisschen fühlt man sich so. Der Bauer behandelt mich nicht gut. Und je schwächer ich werde, umso häufiger droht er mir, dass ich gehen muss. Dabei ist das hier der beste Ort, um allein zu sein. Niemand wird mich hier finden.
    Thekla hat gesagt, sie könnte mich besuchen. Aber das möchte ich nicht. Sie weiß alles und deshalb ist es nicht gut, wenn sie in meiner Nähe ist. Aber sie weiß auch, dass sie mein Vertrauen hat. Sie wäre in der Lage, alles in guter Weise fortzuführen.
    Seine letzten Worte waren kaum mehr leserlich. Die Feder fiel ihm aus der Hand, sein Atem stockte. Am ganzen Körper schwitzte er. Er ließ sich ins Heu zurückfallen und wartete.
    Elena, meine Elena, wenn du nur hier wärst. Ich hätte dir so viel zu sagen. Mein Herz hat nicht aufgehört für dich zu schlagen. Halte noch eine Weile durch. Vertraue mir, dass ich zurückkomme.
    Er fasste sich mit der Hand an die Schläfe und spürte die Erhebungen. Sie würden noch stärker werden. Nach einer Weile nahmen die Schmerzen ab. Unfähig, sich die Decke vollends hochzuziehen, schlief er unter dem dröhnenden Donnern von draußen ein.
    Ein weiterer Tag war vorüber.

38. Kapitel
    Briangard, Jahr 304 nach Stadtgründung
    »Du bist wahnsinnig, Elena. Ich verstehe dich ja, du hasst ihn. Aber wie stellst du dir das vor? Wir gehen da hoch, murksen ihn ab und verschwinden wieder?«
    »Wenn du ihn nicht beseitigst, wird er irgendwann dich beseitigen«, sagte Elena kalt.
    »Das hättest du schon lange versuchen können. Wieso kommst du erst jetzt damit?«, fragte Levin und fing an, klarer über alles nachzudenken. Auf einmal erhoben sich eine ganze Menge Fragen.
    Elena war sichtlich verlegen. »Levin. Es geht mir nicht darum, Thanos einfach zur Strecke zu bringen. Ich will … – es geht um das Ganze hier, um Briangard. Es ist eine Gefahr für die Stadt. Solange es Briangard gibt, wird Thanos immer in den Köpfen lebendig sein, selbst wenn er tot wäre.«
    »Was hast du vor?« Er schaute sie an, als habe er eine Fremde vor sich. »Moment. Du wusstest, dass die Seuche in dir ist? Und du wolltest neulich mit Tobes das Lager teilen.«
    Sie schaute beschämt nach unten.
    »Du wolltest ihn infizieren.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das wirklich wollte. Vielleicht hätte ich im entscheidenden Moment Skrupel gehabt. Du hast dich immer nur mit Thanos beschäftigt und ich wollte meinen Teil beitragen. Mir ging es wirklich um den Geheimposten … aber ja, vielleicht wollte ich auch einfach Thanos schaden und die Seuche nach Briangard bringen. Ein Teil von mir wollte das.« Sie hörte auf zu reden und ballte die Fäuste. »Ich hasse ihn und ich hasse diesen Ort!«
    »Warst du seit Ausbruch der Krankheit mit einem Mann zusammen?«, fragte Levin mit strengem Blick. Er witterte eine Spur, die ihn Schmerzliches befürchten ließ.
    »Nein«, antwortete Elena, die immer kleinlauter wurde. »Ich habe seit Monaten keinen Mann mehr an mich herangelassen.«
    »Du hast also gar nicht mehr als Hure gearbeitet.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Aber an dem Abend, als wir uns im Gasthaus begegnet sind, da warst du auf der Suche nach Kundschaft.«
    Sie wusste offenbar nicht, was sie antworten

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