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Der Schattensucher (German Edition)

Der Schattensucher (German Edition)

Titel: Der Schattensucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Braun
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Bodendielen und der Tisch wurden durch die Fenster in blaues Dämmerlicht getaucht, ansonsten war es dunkel. Levin legte seinen Beutel auf dem Tisch ab und schlich langsam zu Elenas Zimmertür. Er lauschte. Es war mucksmäuschenstill. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Wie sehr freute er sich darauf, sie morgen zu sehen, wenn sie verschlafen herauskam und leidenschaftlich gähnte. Er würde sie bitten, für sie beide Frühstück zu machen, damit er gestärkt seinen Dienst antreten konnte. Die ganzen Wochen über war das nur eine Notwendigkeit gewesen wie vieles andere. Er wäre kaum auf den Gedanken gekommen, dass er sich einmal daran erfreuen würde.
    Er nahm den Beutel vom Tisch und legte ihn unter seine Pritsche. Sicher würde Thanos ihnen bald eine feine Unterkunft im Palast verschaffen. Levins Rücken würde es ihm danken. Am liebsten hätte er sich samt Kleidern auf die Pritsche geworfen. Sicher wäre er sofort eingeschlafen. Doch wenigstens auskleiden sollte er sich. Und ach ja, den Brief musste er noch wegnehmen. Beinahe hätte er es vergessen.
    Er trottete zu Elenas Zimmertür, bückte sich im Dunkeln, wollte gerade den Boden nach dem Brief abtasten, da durchbrach ein krachendes Geräusch die Stille. Aufgeschreckt fuhr Levin herum und sah zur Haustür, die schwungvoll aufgerissen wurde. Eine Gestalt huschte herein und beeilte sich, die Tür wieder zu schließen. Mit hektischen Bewegungen nahm sie die Kapuze ab und schritt auf das Zimmer zu.
    Levin stand wie angewurzelt da, blickte sie nur verdutzt an. Sie schien ihn nicht zu bemerken, näherte sich und prallte schließlich gegen seine Brust. Aufgeschreckt sprang sie zurück und stieß einen gedämpften Seufzer aus. Es war eine weibliche Stimme.
    Seine Augen wurden größer, ihr Mund war geöffnet.
    »Was machst du denn hier?!«, fragte Elena in die Stille hinein.
    »Ich … wieso?« Levins Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, sodass er ihr verwirrtes Gesicht sehen konnte.
    »Ich meine, du wolltest doch …«
    »Und du? Wo kommst du her?«, fragte er zurück.
    »Ich war draußen, ich … meine Güte, hast du mich erschreckt.« Sie stieß ihm gegen die Brust. Dann setzte sie sich an den Tisch. »Was stehst du auch hier in der Dunkelheit?«
    Jede Ausrede erschien ihm lächerlich. Was sollte er sagen, wenn er mitten in der Nacht in der Uniform vor ihrem Zimmer stand?
    »Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte Levin, um Zeit zu gewinnen. Mit den Augen suchte er den Boden vor ihrer Tür ab.
    Der Brief war nicht mehr da.
    Er schaute auf den Tisch, wo sie schweigend saß und ihn ernst anstarrte. Vor ihr lag das ausgebreitete Papier mit den Zeilen, die er am Abend verfasst hatte. Verlegen starrte er zurück und begann mit den Zehen zu spielen.
    »Kannst du mir das erklären?«, fragte sie ihn nach einiger Zeit.
    »Elena, es war nicht so gemeint. Ich musste das tun. Aber ich habe mich geirrt. Zerreiß den Brief und vergiss ihn.«
    »Als ich ihn gelesen habe, hab ich vor Wut die Lampe umgestoßen. Nicht einmal verabschieden konntest du dich von mir.«
    Er ging zu ihr hinüber, wollte ihre Schultern umfassen, doch sie entzog sich. »Elena, hör mir zu.«
    »Ich habe schon verstanden«, sagte sie mit erhobener Stimme. »Ich war nur deine Gehilfin. Mehr hast du auch nie behauptet.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Warum bist du hier? Du wolltest doch längst fort sein.«
    »Elena, ich habe es mir anders überlegt. Ich werde bleiben. Ich werde Hauptmann bleiben.«
    »Und ich soll weiterhin dein Weib sein?«
    Er schwieg. Nein, das sollte sie natürlich nicht. Oder doch, natürlich sollte sie es. Aber wenn sie es nicht wollte, dann würde ihm schon etwas anderes einfallen.
    »Du kannst tun, was du möchtest. Wenn du nicht hierbleiben willst, dann geh nach Hause. Ich komme hier schon zurecht«, sagte Levin.
    Ihr Blick wurde sanfter. »Levin, ich verstehe dich nicht. Erst willst du Hals über Kopf verschwinden und jetzt willst du für immer bleiben. Was geht in dir vor?«
    »Ich weiß es nicht. Ich war in der Stadt. Aber ich konnte nicht bleiben.«
    »Aber mich hier allein zurücklassen, das hättest du fertiggebracht.«
    »Ich hatte es eilig. Und ich wollte, dass du vorerst hierbleibst, damit du vielleicht …« Er brachte die Worte nicht heraus.
    Sie half ihm. »… damit ich zu Thanos gehe und mich heilen lasse?«
    »Ja. Es ist deine letzte Hoffnung.«
    Ihr Blick wurde eisig. »Und warum hast du mir das mit der Krankheit nicht ins Gesicht

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