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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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Wort, das die Dorfbewohner gesprochen hatten: Orrm . War das sein Titel, oder sein Name? Sie war sich nicht mal sicher, ob er überhaupt ein Mann war; ob diese Wesen zwei Geschlechter hatten – oder gar keins.
    So oder so, die Riesen ließen die Menschen allein. Die schwere Holztür wurde von außen verriegelt. Kriss spürte eine Faust, die ihr Herz gefangen hielt.
    »Was habt Ihr vor, Doktor?«, fragte Lorgis.
    »Einen Kompressionsverband anlegen, um die Blutung zu stoppen.«
    »Habt – habt Ihr so was schon mal gemacht?«
    »Natürlich«, log sie, ohne ihn anzusehen.
    Sie wusch sich die Hände mit Wasser aus ihrer Flasche. Dann riss sie ein Stück von einer Verbandsrolle ab und tränkte es mit Alkohol. Lian reagierte nicht, als sie seinen rotbesudelten Verband abnahm. Frisches Blut floss. Kriss fürchtete, die Kontrolle über ihre zitternden Finger zu verlieren, als sie mit dem alkoholgetränkten Tuch die Wundränder abtupfte. Lian zuckte zusammen, stöhnte mit zusammengebissenen Zähnen.
    Sie redete beruhigend auf ihn ein, während die anderen auf dem Steinboden neben der Tür saßen. Es schien, als hätten sie Angst, auch nur zu atmen.
    Ihr Schweiß tropfte auf Lians rote Brust. Jeder Muskel in ihrem Körper schien verkrampft. Es ist doch nur Blut , versuchte sie sich einzureden.
    Lians Blut ...
    Als sie die Wunde ein zweites Mal verband, hatte er erneut das Bewusstsein verloren. Kriss schloss kurz die Augen und küsste ihn auf die Stirn. Tränen rannen über ihre Wangen. Sie liebte ihn, trotz allem. Doch alles, was sie tun konnte, war darauf zu hoffen, dass er wieder aufwachte; dass die Wunde sich nicht infiziert hatte und wieder verheilen würde.
    Sie war überrascht, als Barabell ihr ein stolzes Lächeln schenkte. Kriss fuhr sich mit blutigen Fingern durch das Haar; ihr Handrücken hinterließ einen roten Streifen auf ihrer Stirn, als sie sich die kalten Schweißperlen abwischte.
    Unmenschliche Stimmen drangen durch das zerstörte Fenster zu ihnen. Kriss sah, dass die grünen Riesen ... die Kinder der Erde ... sich auf dem Platz in der Dorfmitte versammelt hatten. Ein Parlament der Pflanzen . Ihr war klar, dass in diesem Moment über ihr Schicksal und das aller anderen Menschen auf dieser Insel entschieden wurde. Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass diese Wesen fleischfressende Pflanzen sein konnten.
    »Das is’ alles deine Schuld!«, knurrte Lorgis in Grimalds Richtung. »Wenn du nich’ die Nerven verloren hättest –!«
    »Es tut mir leid, wie oft soll ich das noch sagen?«
    »Wenn der Junge stirbt, isses deine Schuld!«
    »Verflucht, ich hab ihn nicht gezwungen, sich vor den Speer zu werfen!«
    »Hätt’ er’s mal lieber gelassen!«, sagte Aulin düster.
    »Irgendwer muss den Käpt’n benachrichtigen ...«, murmelte Lorgis.
    »Und was soll er machen?« Barabell spuckte aus. »Sich den Weg hierher freischießen? Schessk , hast du’s nicht mitbekommen? Die Viecher schlucken Kugeln und stehen wieder auf!«
    »Wir können nich’ hier bleiben!«
    »Ach was, wirklich? Du bist ja ein richtiges Genie, Lorgis!«
    Kriss sagte nichts. Sie hockte neben Lian und streichelte seine Hand. Sie dachte daran, wie kalt sie zu ihm gewesen war. Und was er gesagt hatte: »Du bist die Einzige!«
    Wenn sie es gekonnt hätte, hätte sie mit ihm die Plätze getauscht. Seine Wunden übernommen.
    Die Tür öffnete sich quietschend. Der alte Riese war zurückgekehrt. Zwei Speerträger begleiteten ihn.
    »Die Kinder der Erde ... haben entschieden.«
    Die Menschen erwarteten die Antwort mit angehaltenem Atem.
    »Ihr dürft .... bleiben.«
    Kriss atmete auf. »Und unsere Leute am Strand?«
    »Ihr alle.«
    »Danke«, sagte sie. Und noch einmal: »Danke. Wir – wir werden nicht lange bleiben, versprochen. Es ist Hilfe unterwegs. Wir –«
    »Nein«, raunte der alte Riese.
    »Was soll das heißen?« Lorgis hatte sich erhoben und die Fäuste geballt. Selbst er reichte den beiden Wächtern kaum bis an die Schultern.
    »Ihr werdet ... diese Insel nicht wieder verlassen.«
    »Was?«, stieß Aulin aus.
    »Wieso nicht?«, fragte Barabell.
    Abendlichtrote Augen sahen von einem Menschen zu anderen. »Dies ist ... unser Zuhause. Wir haben ... dreitausend Jahre ... hier gelebt. Wenn Fremde kommen ... werden sie uns jagen. Und töten.«
    »Das werden sie nicht!«, sagte Kriss. »Ich verspreche es!«
    Der alte Riese sah sie mit schräg gelegtem Kopf an. »Kannst du so ein Versprechen ... halten? Für wen kannst du

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