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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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knorrigen Schultern Blätter oder Moos. Sie hatten alle eine ähnliche Form und waren doch verschieden. Die Haut des einen Wesens hatte die Farbe von Smaragden und Rankpflanzen und dünne Lianen kringelten sich um die viel zu langen Arme und Beine. Ein anderes trug eine grünbraune Färbung und Dornen wuchsen in seinem Gesicht. Das Wesen neben ihm dagegen war hellgrün wie eine Frühlingslilie. Weiße Blütenkelche sprossen auf seinem Schädel. Sie wirkten alle ausgemergelt und in die Länge gestreckt; ihre Hüften waren mit zwei Händen zu umfassen, als beinhalteten sie keine Organe. Die Hände und die Füße erinnerten Kriss an Wurzeln: braun und spitz zulaufend.
    Und sie sprachen!
    Der größte von ihnen, ein Geschöpf mit borkiger Haut und einem Strauß klingenförmiger Blätter auf Kopf und Schultern, sagte etwas in einer fremden Sprache zu ihnen, mit einer Stimme, die klang, als würde ein uralter Baum mit seinen Ästen knarren.
    »Sprechende Blumen«, flüsterte Lian und lachte. Es klang leicht verrückt.
    Die Welt drehte sich um Kriss; sie fühlte den Drang, sich zu setzen, aber sie traute sich kaum, auch nur zu blinzeln.
    Die grünen Riesen traten näher und drohten mit ihren Speeren. Glasige Steinspitzen mit scharfen Kanten blitzten in der Sonne.
    Der Anführer (zumindest hielt Kriss ihn dafür) sagte erneut etwas, ohne dass sie ihn verstand. Rote Augen schienen sie zu durchbohren. Sie hatte das Gefühl, durch einen bösen Traum zu jagen. Zumindest war sie damit nicht allein. Lian blinzelte in einem fort, als traute er seinen Augen nicht. Lorgis, Barabell und Aulin ging es anscheinend ganz genauso. Und Grimald? Sein Blick war irre vor Furcht.
    »G-Ganz ruhig!«, brachte Kriss hervor. »Wir-Wir tun euch nichts!«
    Der Anführer antwortete etwas; ein kurzes Wort, mehr ein Geräusch. Seine Artgenossen standen reglos da. Keiner von ihnen machte Anstalten, die Speere sinken zu lassen.
    »Sprecht ... sprecht Ihr Feban?«, fragte Kriss.
    Keine Reaktion. Ihr fiel auf, dass die grünen Riesen nicht blinzelten – niemals. Auch atmeten sie nicht – aber wozu auch, wenn sie wirklich Pflanzen waren.
    » Ka sarun Mru-Hondur? «, fragte Kriss.
    Der Anführer der neun legte den Kopf schräg. Seine Augen waren zu zornigen Schlitzen verzogen – zumindest glaubte sie, dass es Zorn war, den sie aus dem Blick herauslas. Sie hatte keine Ahnung, wie sie die Mimik dieser Kreaturen deuten sollte. Auf der ganzen Welt gab es nichts, das war wie sie!
    » Leng Obasi a’bascha? «
    Egal, welche Sprache sie verwendete, die Riesen reagierten nicht.
    »Mein Name ist Krisstenja Odwin«, sagte Kriss schließlich erneut auf Feban. Klang sie wirklich so hilflos? »Dies sind meine Freunde! Wir sind auf eurer Insel gestrandet!« Sie hörte Lorgis neben sich angespannt atmen. »W-Wir tun euch nichts! Wir –!«
    » Oodween «, sagte der Anführer. Es klang fragend.
    »J-Ja!«, sagte Kriss, halb erschrocken und zeigte auf sich selbst. »Kriss Odwin!«
    Zu vieles schien gleichzeitig zu geschehen:
    Der Anführer der grünen Riesen machte einen Schritt auf Wurzelfüßen in ihre Richtung. Der zweite Schuss an diesem Morgen unterbrach die Musik des Dschungels. Eine Kugel aus Grimalds Muskete schlug in die Brust des Riesen mit dem Blütenschmuck ein; weißer Saft spritzte aus einer grünen Wunde. Das getroffene Wesen kippte ins Unterholz; seine Artgenossen brüllten auf. Einer von ihnen winkelte den Arm an, holte mit seinem Speer aus –
    Grimald war sein Ziel. Lian sprang vor ihn, die Arme ausgebreitet. Er schrie, als sich die Steinspitze in seine linke Schulter bohrte.
    Der Wald und die Welt erstarrten für eine Ewigkeit.

Die Antwort
    »Lian!« Kriss fing ihn auf, als er die Balance verlor und zurückfiel. Sein Gesicht war eine gequälte Grimasse, die vor ihren Augen verschwamm. Das Pflanzenwesen hatte den Speer wieder zurückgezogen und nun konnte Kriss seine Wunde direkt sehen. Sie war tief, ging fast bis auf den Knochen. Blut, dick und rot, tränkte sein weißes Hemd. Es hörte nicht auf zu fließen. »Lian! Lian, hörst du mich? Sag etwas, bitte! Irgendwas!«
    » Schessk «, keuchte er, nur halb bei Bewusstsein. Alle Farbe war aus seinen Wangen gewichen. Seine Lider flatterten.
    Gehetzt flogen die Blicke der Matrosen von einem Riesen zum anderen, genau wie die Mündungen ihrer Gewehre. Die Riesen ihrerseits verharrten in Angriffsstellung. Sie riefen wild durcheinander, während zwei von ihnen sich um ihren angeschossenen Artgenossen

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