Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
Vom Netzwerk:
bevor ein Schluchzen daraus wurde. Als der Kutscher kurz darauf die Peitsche knallen ließ und sich die Stelzer mit schnaubenden Nüstern in Bewegung setzten, stand Alrik noch an der Haustür und winkte ihr nach. Es war lange her, dass sie ihn zum letzten Mal hatte weinen sehen.
    »Haltet an!«
    Sie hätte es beinahe laut gesagt, doch sie konnte es nicht.
    Die Windrose wartete auf sie.

Die Große Bibliothek
    Sie träumte von ihrer Mutter – und von lebendigem Sand, der Bria verschlang und nur ihre Knochen übrig ließ.
    Kriss schreckte aus dem Schlaf. Sie wischte sich die Haare aus dem Gesicht und sah sich verwirrt um. Sie war in einem engen Holzraum, mit einem Klappbett unter ihr, einem Klapptisch neben sich und Koffern auf einer Ablage über ihr. Maschinengeräusche erinnerten sie wieder daran, wo sie war.
    Sonnenlicht strahlte hinter den Vorhängen des Bullauges. Bevor sie aufstand, spülte sie eine Indogiobeerenpastille mit einem Schluck Wasser herunter, dann fand sie den Mut, nach draußen zu blicken.
    Eine Wüste zog unter dem Luftschiff dahin; nichts als Dünen und Geröll. Noch schlaftrunken vollzog sie in Gedanken den Flug nach, den sie verschlafen hatte: Vom kühlen Miloria aus nach Süden, an Milorias Erbfeind, dem Königreich Parandir vorbei, über die dampfenden Dschungel, Savannen und Wüsten von Ka-Scha-Raad hinweg, bis ins ebenso heiße Ramakhan, mit seiner Hauptstadt Dschakura.
    Ein Klopfen an der Tür ließ sie zusammenschrecken. »Bist du schon wach?«, fragte eine bekannte Stimme. Lian.
    »Ja!«, sagte sie schnell. »Warte!« In Windeseile schlüpfte sie aus dem Nachthemd, zog sich ihr Kleid von gestern über, zwängte sich in das Mieder und verdrehte sich fast die Arme, als sie es zusammenschnürte. Erst, als sie in ihre Stiefel gestiegen war, bat sie ihn herein.
    »Morgen«, sagte Lian gut gelaunt. »Ich wollt’ nur Bescheid geben. Wir geh’n demnächst runter.«
    »Guten Morgen. Sind wir schon über die Grenze? Ich habe gar nicht mitbekommen, dass wir zwischendurch gelandet sind.«
    »Hat ja auch nich’ lang gedauert. Madame war so klug, Einreisedinger –«
    »Du meinst Visa?«
    »... für sämtliche Länder von hier bis zum Verbotenen Meer zu besorgen.«
    »Sehr umsichtig von ihr.«
    Lian grinste. »Außerdem haben wir die Grenzpatrouillen geschmiert.«
    »Bitte?«
    Er zuckte unschuldig mit den Achseln. »’s hat alles ’n bisschen beschleunigt.«
    Kriss wollte etwas antworten, aber ihr Magen unterbrach sie knurrend.
    Lian schien das sehr komisch zu finden. »Keine Sorge, gleich gibt’s Frühstück.«
    »Oh«, machte sie, immer noch nicht ganz wach. »Gut.« Tatsächlich hatte sie einen Mordshunger. Immerhin hatte sie den ganzen gestrigen Tag bei all der Aufregung kaum etwas gegessen. »Leistest du mir Gesellschaft?« Sie hasste es, allein zu essen.
    Wieder zuckte er mit den Achseln. »Von mir aus.«
     
    Ein Matrose servierte ihnen das Frühstück in der Kabine. Es gab Mondblütentee, eine Schale Glastrauben, Streifen von Zuckermelone und frisch aufgebackene Croissants. Mit großen Augen sah Kriss Lian sein Essen hinunterschlingen wie ein ausgehungerter Hornbär. Als hätte er Angst, es mit jemandem teilen zu müssen. Je weiter sie sich von Miloria und seiner Herrin entfernten, desto mehr schien Lian er selbst zu werden.
    »Gab es im Haus der Baronin nichts zu essen?«, fragte sie erheitert.
    »Doch«, nuschelte er mit vollem Mund. Er leerte seinen Tee, ließ ein erfrischtes »Ah« vernehmen und wischte sich den Mund mit dem Hemdsärmel ab. »Alles vom Feinsten. Hat sich nur immer ewig hingezogen. Welche Gabel mit welcher Hand und so weiter. Das Leben is’ zu kurz für diesen Quatsch.«
    Sie war geneigt ihm zuzustimmen und biss in ihr Croissant. »Hast du eigentlich je den Sohn der Baronin kennengelernt?«
    Er schüttelte nur den Kopf.
    »Ist er auf einer Schule, oder –?«
    »Er is’ tot«, sagte Lian unbekümmert. »Genau wie ihr Mann.«
    »Oh. Das tut mir leid.«
    Er sah sie mit seinen dunklen Augen an. »Warum?«
    Die Frage verwirrte sie. »Weil es schrecklich ist, wenn man seine Angehörigen verliert.«
    »Kann sein.« Wieder zuckte er mit den Achseln. »Hab nie welche gehabt. Isst du deine Melone noch?«
    »Nein. Nimm nur.« Kriss sah zu, wie er sich gierig über das Obst hermachte. Mein Lian hatte Baronin Gellos ihn genannt. Es war klar, dass sie mehr in ihm sah als einen gewöhnlichen Bediensteten.
    Da läutete auch schon die Schiffsglocke. Die Windrose befand sich im

Weitere Kostenlose Bücher