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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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die Menschen damals gelebt haben und was es heute für uns bedeutet. Egal, wie weit man in der Vergangenheit zurück geht, Menschen sind immer Menschen gewesen, zum Guten oder Schlechten. Sie haben gelacht, geliebt, geträumt ...«
    »Geklaut, gelogen, gemordet, Krieg gemacht«, führte Lian fort.
    »Ja«, gab Kriss widerwillig zu. »Aber es heißt ›Krieg geführt‹, nicht ›gemacht‹.«
    »Kommt trotzdem auf’s selbe hinaus.«
    Zumindest in diesem Punkt musste sie ihm zustimmen.
    Die Windrose landete auf einem weiten Pflasterhof hinter der südlichen Stadtmauer; ein Luftschiff von vielen aus aller Welt, die hier vor Anker lagen.
    »Werden Kohle und Wasser neu auffüllen, solange ihr weg seid«, erklärte der Kapitän, als Kriss und Lian von Bord gingen. »Angenehmen Aufenthalt.«
    »Wir sind sobald wie möglich zurück«, versprach Kriss, die keinen Hehl daraus machte, wie froh sie war, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Sie tastete in ihrer Kleidtasche nach der Seite aus Tolmens Bestiarium. Im Augenblick war dieses alte Stück Papier ihr wertvollster Besitz.
    »Also dann«, sagte Lian. »Auf ins Getümmel!«
    Die Bibliothek war unmöglich zu verfehlen. Sie ragte in der Ferne auf wie der größte Wegweiser aller Zeiten. Doch um auch nur in ihre Nähe zu gelangen, mussten sich Kriss und Lian durch einen Basar kämpfen. Keine leichte Übung, denn die Straßen platzten vor lauter Menschen fast aus den Nähten.
    Die Männer in Dschakura trugen bloße Westen und weite Hosen aus leichten Stoff; wie die Frauen in ihren Wickelkleidern bevorzugten sie dabei bunte Farben. Kriss sah kaum jemanden, der sich nicht mit Kopftuch, Turban oder Kapuze gegen die Hitze schützte. Auch sie hatte sich ein Kopftuch umgebunden und Lian geraten, das Gleiche zu tun, aber er hatte davon abgesehen.
    Graubuckel und Rüsselkamele wälzten sich durch die Menge, ihre Rücken mit Stoffballen, Taschen und Kisten beladen. Ihr Brummen und Röhren ging in den Rufen der Marktschreier fast unter. Kriss sah die verwirrend vielfältigen Auslagen der Händler: Teppiche, Öllampen, Körbe, Geschirr, Kerzen und Messer – und kostete eine Symphonie von Gerüchen: Obst und Gemüse, manchmal nicht mehr allzu frisch, Bitterwurz, Parfüms, Zuckerwaren und nicht zuletzt den Schweiß der Menschen und Tierdung.
    Ein Händler verkaufte grüne Moosäffchen in Käfigen. Die winzigen Geschöpfe winkten den Passanten zu, als wollen sie sagen »Nimm mich mit!« Ein anderer Stand bot mechanische Vögel an. Die billigeren davon waren bloße Aufziehspielzeuge aus Messing oder Kupfer. Die teureren und selteneren Varianten wurden von Ælon-Kristallen angetrieben. Sie trällerten vor sich hin, während sie mit Edelsteinaugen zwinkerten.
    Kriss lächelte. Als sie klein gewesen war, hatte sie auch so einen Vogel besessen. Der Apparat hatte ihr viel Freude bereitet, bis eines Tages die Ladung seines Kristalls endgültig aufgebraucht war und sie das Tier auf dem Boden der Stube gefunden hatte. Plötzlich war es nur noch ein Gebilde aus Edelmetall gewesen; tot, ohne je wirklich lebendig gewesen zu sein.
    »Achte auf Taschendiebe!«, rief Lian über den Lärm hinweg.
    »Ich pass schon auf!«, gab sie zurück.
    »Ach ja?« Er grinste sie an und hielt zwischen Zeige- und Mittelfinger ein gefaltetes Papier hoch. Die Seite aus Tolmens Buch! Kriss erschrak; ihre Hand griff in die leere Tasche. »Wie hast du ...?«
    »Besser, du hörst auf zu träumen«, sagte er und gab ihr das Papier zurück. Kriss ermahnte sich, doppelt wachsam zu sein.
    Bald traten sie in den Schatten der Bibliothek. Als Kriss zur Spitze des Gebäudes aufsah, überkam sie das Gefühl, es könnte auf sie fallen. Sie war erleichtert, als sie durch das riesenhafte und streng bewachte Portal ins kühlere Innere traten. Eine weite Halle lag vor ihnen, ihre Decke wurde von weißen Säulen gestützt und der Boden war mit grün lasierten Kacheln ausgelegt.
    Bibliothekare, Männer und Frauen gleichermaßen, gekleidet in weiße Mäntel mit schwarzen Schärpen um die Schultern, empfingen die Besucher. Und derer gab es viele: Vierzig oder fünfzig Leute kamen Kriss und Lian bei ihrem Eintritt entgegen – und doppelt so viele strömten mit ihnen in die Bibliothek.
    Ein Mann mit schwarzem Haar, grauen Schläfen und einem hufeisenförmigen Schnauzbart verneigte sich vor ihnen. » Assaba! «, sagte er auf Ramakhanisch. » Ar darsa no jar ru? «
    » Assaba «, grüßte Kriss zurück und verneigte sich

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