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Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)

Titel: Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dane Rahlmeyer
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weiß ja nie, was in der Ælonischen Epoche so alles gebaut wurde ...
    Ich habe die meiste Zeit damit verbracht, mich von den Strapazen der vergangenen Tage auszuruhen. Umi hat mich die letzten beiden Nächte in den Schlaf gesungen, aber auch das hat nicht vor schlechten Träumen geschützt. Irgendetwas über Dich und Bria, verborgene Augen, die mich beobachten und grünblaue Echsen, die mich gejagt haben (woher das kam, ist klar).
    Gerade überfliegen wir Ost-Ellkor, genauer gesagt: die Ebene der Toten. Die Region ist genauso trostlos, wie alle sagen. Nichts als kahler, zerklüfteter Fels und geschmolzener Stein, gesprenkelt mit den Wracks von Fluggeräten. Kapitän Bransker meinte, dass man manchmal, kurz vor Morgengrauen, eine Art Nachglühen von ælonischer Energie über dem Land erkennen kann. Ich jedenfalls habe nichts davon bemerkt, aber der Anblick war mir auch zu deprimierend, als dass ich lange hinsehen konnte. Ob sich die Welt jemals wieder ganz vom Großen Feuer erholt?
    Die Schiffsglocke läutet. Das heißt, wir erreichen bald unser Ziel. Habe den Bauch voller Flüstermotten. Wünsch uns Glück!
    Bis zum nächsten Brief liebe Grüße,
    Kriss.
    PS: Entschuldige, dass ich die Briefe erst jetzt losschicken kann, aber es gab vorher keine Gelegenheit.
    PPS: Hoffe, es hat sich schon etwas wegen der zweiten Expedition nach Ka-Scha-Raad ergeben.
     
    Am Mittag erreichten sie das Fürstentum Hestria. Die Straßen und Häuser des Stadtstaates lagen wie ein bunter Flickenteppich vor der Kulisse des Meeres, umgeben von blühenden Feldern. Der Kapitän hatte Kriss eingeladen, den Anflug von der Brücke aus zu verfolgen. Schon von weitem konnte sie die Fischerboote an den Kais im Hafen erkennen und die großen Dampf- und Segelschiffe, die in die Welt aufbrachen oder aus fernen Ländern anreisten. Luftschiffe und Fesselballons bevölkerten den Himmel und Dampfbahnen glitten auf ihren Schienen in die Stadt wie eiserne Schlangen, Fahnen aus Rauch spuckend.
    Kriss staunte über die chaotische Architektur Hestrias. Einfache Fachwerkhäuser standen neben protzigen Villen; hässliche Mechanofakturen mit qualmenden Schloten erhoben sich über dem Weltengeist geweihten Kathedralen. Es gab von Palmen gesäumte Pflasterstraßen, die bergauf und bergab gingen und in verwinkelten Gassen endeten. Hier und da konnte man noch Reste der alten Stadtmauer und deren Wehrtürme erkennen. Die winzigen, schwarzen Gestalten, die darauf postiert waren, mussten Soldaten sein.
    Westlich der Stadt, auf einem grünen Hügel, stand der weltberühmte Fürstenpalast, ein märchenhaftes Bauwerk aus weißem Stein und Silber, mit fast lächerlich dünnen Türmen und Kristallkuppeln, die im Sonnenlicht funkelten. Während der Ælonischen Epoche hatte er über der Stadt geschwebt, nur erreichbar über Luftstege oder Fluggeräte. Als weltweit das Ælon fast von einem Tag auf den anderen versiegt war, hatte man den Palast gerade noch rechtzeitig landen können, bevor er vom Himmel gefallen wäre. Doch auch ohne seine Flugfähigkeit war er immer noch ein Meisterwerk der Baukunst.
    Lian stand direkt hinter Kriss; aus irgendeinem Grund ließ das ihre Hände feucht werden. »Hier geht’s ja fröhlich zu«, sagte er.
    Es stimmte. Je näher sie kamen, desto deutlicher konnte man die bunten Flecken erkennen, die auf den Straßen wimmelten. Eine Parade schlängelte sich durch einen Bezirk; bunte Papierdrachen standen am Himmel und farbenfrohe Flaggen wehten auf den Dächern. Viele davon zeigten das Wappen des Fürstentums: einen Eislöwen mit erhobenen Tatzen.
    »Wir kommen genau pünktlich zum Fest der Farben!«, sagte Kriss. Umi musizierte beeindruckt.
    »Und was feiern die auf diesem Fest?«, fragte Lian.
    Kriss sah ihn an. »Sich selbst. Das Leben.« Die Hestrianer waren bekannt dafür, gewissenhaft und fleißig zu sein – aber auch streng und mehr als nur ein bisschen humorlos. Aber wenigstens einmal im Jahr, für drei Tage und Nächte, schienen sie Dienst und Pflicht zu vergessen. Das Fest der Farben ließ selbst den ramakhanischen Karneval oder den Blütentanz in Silestrin wie Trauerspiele aussehen.
    »Kurs auf Lufthafen«, befahl Kapitän Bransker seinen Steuermännern. »Wir gehen runter!«
    Es fand sich kaum Platz für die Windrose , der Lufthafen platzte vor Schiffen fast aus den Nähten. Als sie angelegt hatten, begleitete der Kapitän protokollgerecht seine Passagiere zum Fallreep. »Werden die nötigen Formalitäten hinter uns bringen und stocken

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