Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
Vom Netzwerk:
steckt. Also setzt Euch bitte mir gegenüber und schließt die Tür, damit wir vor dem Staub und der Sonne geschützt sind.«
    Darauf wusste St. Clair sichtlich nicht zu reagieren, und sein Stirnrunzeln vertiefte sich. Doch dann nickte er, zog das Schwert unter seinem Arm hervor und lehnte es gegen die rechte Sitzbank der Kutsche, bevor er mit beiden Händen nach den Türpfosten griff, um sich hineinzuhieven.
    Doch bevor er das tun konnte, erklang hinter ihm eine tiefe Stimme, und Alice sah, wie er überrascht die Augen aufriss, bevor er zurücktrat und sich nach dem Sprecher umwandte. Voller Wut über die Unterbrechung steckte Alice blitzartig den Kopf zur Tür hinaus – um sich Erzbischof Warmund von Picquigny gegenüberzusehen.
    »Prinzessin Alice«, rief er mit völlig veränderter Stimme aus. »Was für ein unerwartetes Vergnügen, Euch hier anzutreffen. Darf ich fragen, was Euch herführt – und kann ich Euch irgendwie behilflich sein?«
    Er war an ihre Tür getreten und klappte nun mit einem Fuß das Einstiegstreppchen herunter, während er der Prinzessin die Hand entgegenhielt, um sie beim Aussteigen zu stützen. Alice blieb nichts anderes übrig, als ihm Folge zu leisten. Vorsichtig und gesenkten Blickes trat sie aus der Kutsche. Sie hatte gesehen, wie dem jungen Ritter der Mund aufklappte, als von Picquigny sie mit ihrem Titel ansprach. Und sie war außer sich, weil sie wusste, dass ihr das Objekt ihrer Begierde nun nur noch mit großer Befangenheit begegnen würde. Am liebsten hätte sie den alten Ränkeschmied angespuckt, doch sie zwang sich zu einem liebreizenden Lächeln.
    »Danke, Mylord, aber ich bedarf keiner Hilfe. Ich habe Sir Stephen nur gefragt, wie es ihm bei den Brüdern Eurer Patrouille gefällt.«
    »Ah, die Patrouille … verzeiht mir, Prinzessin, doch mir wird erst jetzt klar, dass Ihr meinem Begleiter hier schon begegnet seid, auch wenn Ihr Euch vielleicht nicht mehr an ihn erinnert. Darf ich Euch Bruder Hugh de Payens vorstellen, den Gründer der Bruderschaft, welcher auch Bruder Stephen angehört. Ihr seid Bruder Hugh am Tag nach der Rettung Eurer Mutter vor den Sarazenen begegnet.«
    Als Alice den Kopf hob, um de Payens anzusehen, griff der Erzbischof ins Innere der Kutsche und holte St. Clairs Schwert heraus, das immer noch an der Sitzbank lehnte. Dann wandte er sich wieder den anderen zu.
    Alice richtete die ganze Wärme ihres Lächelns auf de Payens, der zum Salut die Faust an seine Brust hob. Auch seine Lippen wurden von einem Lächeln umspielt.
    »Ich erinnere mich genau, Bruder Hugh, auch wenn ich damals noch sehr jung war«, sagte sie sittsam. »Ich habe Sir Stephen gerade davon erzählt. Ist es nicht so, Sir Stephen?«
    »Einfach nur Bruder Stephen, Mylady.« St. Clair war jetzt tief errötet – womöglich, dachte Alice, weil sie so dreist gelogen und ihn mit hineingezogen hatte.
    »Bruder Stephen.« Sie nickte. »Natürlich, Ihr habt ja der Welt entsagt. Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Nicht ganz, Prinzessin«, murmelte der Patriarch, der St. Clair jetzt das Schwert entgegenhielt. Dieser wurde noch röter, als er es entgegennahm. »Noch ist Bruder Stephen Novize, aber er wird demnächst sein Gelübde ablegen und der Welt entsagen … der Welt und dem Fleisch, um sein Leben Gott zu weihen. Ein höchst erstrebenswerter Weg für einen Mann.«
    Alice zwang sich, weiter zu lächeln, obwohl sie sich später noch lange fragte, wie es ihr gelungen war, ihre Wut angesichts der kaum verhüllten Unverschämtheit des alten Heuchlers zu verbergen. Sie wusste zwar, dass er ihren Lebenswandel missbilligte, doch das kümmerte sie nicht. Mochte er noch so mächtig sein und noch so sehr das Vertrauen ihres Vaters genießen – was hatte er schon gegen sie in der Hand?
    Jetzt aber hatte er sie in die Enge getrieben, und ihr blieb nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie neigte zunächst anmutig das Haupt vor de Payens und vor St. Clair, denen sie alles Gute wünschte, bevor sie sich herzlich an den Patriarchen wandte, ihm für seine Fürsorge dankte und ihm versicherte, dass sie ihrer kranken Mutter seine Grüße überbringen würde. Dann wandte sie sich wieder ihrer Kutsche zu und legte ihre Hand erneut in die des Patriarchen, als sie einstieg.
    Sobald sie sich gesetzt hatte, trat von Picquigny zurück und winkte dem Fahrer loszufahren. Die Pferde zogen an, die Kutsche setzte sich schwankend in Bewegung, und Stephen St. Clair stand in Habachtstellung da und sah

Weitere Kostenlose Bücher