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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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der Kutsche nach, als könnte sein Blick die Wände durchdringen und die junge Frau in ihrem Inneren sehen. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie eine so schöne Frau gesehen, und vor seinem inneren Auge sah er immer noch, wie sie sich auf ihn zubeugte und dabei die lange Goldkette an ihrem Hals langsam durch ihre Hand gleiten ließ.
    Er wusste, dass es gefährlich war, an ihre Schönheit nur zu denken, und dass er um Kraft beten sollte, der Versuchung zu widerstehen. Doch auch als ihn die Stimme seines Ordensoberen missbilligend an seine Pflicht erinnerte, war ihm klar, dass ihr lächelndes Gesicht das Letzte sein würde, was er an diesem Abend sehen würde, bevor er einschlief.
2
    A
    LICE WIES IHREN KUTSCHER an, sie unverzüglich heimzufahren. Allein im Inneren des dunklen Gefährts, konnte sie ihren Tränen des Zorns freien Lauf lassen, denn die Erniedrigung aufgrund der subtilen und erfolgreichen Zurechtweisung durch den Erzbischof saß tief.
    Am liebsten hätte sie geschrien und um sich geschlagen, stattdessen bohrte sie die Zähne fest in ein Stück Stoff, das sie als Haarband getragen hatte. Sie wusste, welche Genugtuung – und welchen Gesprächsstoff – es ihrer Eskorte und später den Bediensteten geboten hätte, wenn sie eine Szene gemacht hätte.
    Also saß sie schweigend da, angespannt wie ein Trommelfell, während sie das Stoffstück in den Händen verdrehte und sich die Peinigungen ausmalte, die sie dem Erzbischof am liebsten mit ihren eigenen Händen zugefügt hätte.
    Es gab nur wenige Dinge und noch weniger Menschen in ihrem Leben, die Alice de Bourcq nicht vollständig in der Hand hatte. Doch Warmund von Picquigny gehörte nun einmal dazu. Und das ärgerte sie gehörig.
    Schon vor zwei Jahren hatte er sich einmal über Gebühr in ihre Angelegenheiten eingemischt, wobei ihr Versuch, ihn in seine Schranken zu verweisen, dramatisch fehlgeschlagen war. Ihr Vater hatte einen Wutausbruch bekommen, was nur höchst selten geschah, und sie in aller Öffentlichkeit getadelt. Von diesem Tag an hatte Alice große Vorsicht walten lassen, was den Erzbischof anging. Sie hatte sich größte Mühe gegeben, ihn zu meiden, und ihn weitgehend ignoriert, wenn die Umstände sie doch einmal zusammenführten.
    Ihr Vater gehörte natürlich ebenfalls zu diesen Wenigen, obwohl es nach außen hin meistens den Anschein hatte, als sei Baldwin viel zu nachsichtig mit ihr. Doch Alice wusste, dass sie bei ihm auf keinen Fall zu weit gehen durfte, und sie hätte ihm niemals bewusst getrotzt. Baldwin war ein Autokrat, der niemandem Rede und Antwort stehen musste, und seine seltenen Wutanfälle waren unvorhersehbar, brutal und sehr gefährlich. Alice de Bourcq zweifelte nicht daran, dass er, einmal entfesselt, bis zum Äußersten gehen würde, also begegnete sie ihm mit größter Vorsicht.
    Die mit Eisen beschlagenen Räder der Kutsche begannen jetzt, über Pflastersteine zu rattern – es war nicht mehr weit bis zum Haupttor der königlichen Residenz, und Alice wischte sich die letzten Tränen aus dem Gesicht und hüllte ihren Kopf in das seidene Tuch, das sie um die Schultern getragen hatte. Der Hauptmann ihrer Eskorte öffnete die Tür, doch sie blieb reglos sitzen, bis er das Treppchen heruntergeklappt hatte. Dann stieg sie rasch aus, ohne den Arm zu ergreifen, den er ihr hinhielt, und steuerte sofort auf den Palast zu, das Gesicht hinter dem Tuch verborgen, wie es bei den Moslems üblich war.
    Ohne irgendjemanden eines Wortes zu würdigen, hielt sie durch die hohen Flure auf ihre persönlichen Gemächer zu. Erst als sie im oberen Stockwerk die Tür zu den Räumen ihrer Mutter offen stehen sah, blieb sie stehen und zögerte. Sollte sie einfach vorbeigehen und hoffen, dass sich niemand im ersten Zimmer befand, oder sollte sie kehrtmachen und eine Etage tiefer den rückwärtigen Flur nehmen, der es ihr erlaubte, ihre Gemächer von der anderen Seite zu betreten?
    Sie entschloss sich für Ersteres und setzte sich erhobenen Hauptes in Bewegung, doch als sie die offene Tür erreichte, wurde sie von der Stimme ihrer Mutter begrüßt, als hätte diese auf sie gewartet.
    »Alice? Alice, um Himmels willen, Kind! Was ist denn mit dir los? Du siehst ja aus, als wärest du unter die Räuber gefallen. Komm sofort zu mir.«
    Alice blieb stehen und fluchte unhörbar vor sich hin. Dann wandte sie sich zur Seite und blickte in das Zimmer jenseits der offenen Tür, wo Königin Morfia im Kreis ihrer Hofdamen saß und sie gebieterisch

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