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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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jüngste, war fünfzehn, genauso alt wie Hughs Schwester Louise; Vincent, der neben seinem älteren Bruder und Hugh direkt gegenüber saß, war zwei Jahre jünger als Robert, und der letzte Bruder, nach dem verstorbenen englischen König William genannt, war noch ein Kind, zu jung, um der Zusammenkunft beizuwohnen.
    Hugh fragte sich schon seit einiger Zeit, ob Robert St. Clair wohl der Bruderschaft angehörte – da er Sir Stephens Erstgeborener war, war es Hugh in seiner Ahnungslosigkeit nur wahrscheinlich erschienen. Doch Roberts Vater hatte ja gestern Abend selbst gesagt, dass die Tatsache, dass ein Mann der erstgeborene Sohn war, nicht gleichbedeutend mit der Mitgliedschaft war, daher verkniff sich Hugh nun seine Neugier.
    Es saß noch einer seiner Freunde hier am Tisch, ein neunzehnjähriger … Vetter? Hugh hatte die unterschiedlichen Grade angeheirateter und blutsmäßiger Verwandtschaft unter den »befreundeten Familien«, wie man ihre Clans nannte, noch nie verstanden. Doch Godfrey St. Omer und Hugh waren im Abstand von weniger als einem Jahr zur Welt gekommen und von Kindesbeinen an Busenfreunde gewesen – seit Hugh, der Godfreys Namen nicht aussprechen konnte, ihn Goff genannt hatte und er den Namen nicht mehr losgeworden war.
    Godfrey, der lässig auf seinem Stuhl saß und auf etwas hörte, das sein Sitznachbar sagte, lächelte nur, als Hugh an den Tisch trat, und zwinkerte ihm zur Begrüßung zu.
    Das Essen ging schnell vorüber, und Hugh blieb nur wenig davon im Gedächtnis, obwohl er zum ersten Mal bei einer Zusammenkunft speisen durfte und es die bedeutendste Versammlung war, der er je beigewohnt hatte.
    Als die Mahlzeit zu Ende war und die Tische abgeräumt waren, begann der vergnügliche Teil mit Musikanten, Barden, Jongleuren, Maskenspielern und Tänzern aus den Großherzogtümern Anjou, Aquitanien und Burgund und sogar einer Akrobatenfamilie vom Hofe des Königs von Frankreich. Doch die Künstler lieferten nur den Hintergrund für das, was nun im ganzen Saal einsetzte – überall wurden jetzt Wetten auf den wichtigsten Programmpunkt des Abends abgeschlossen, den die Gäste selbst gestalten würden.
    Ein Viertel der Männer im Saal, alle jung, hatten kaum etwas gegessen und keinen Tropfen getrunken, denn ihnen galt das Hauptaugenmerk des Abends. Ihre Namen waren ausgelost worden – sehr zum Leidwesen ihrer weniger glücklichen Altersgenossen, die nicht ausgewählt worden waren. Sie würden später aufgerufen werden und vortreten, um gegeneinander zu kämpfen, einzeln und in Gruppen, als hinge ihr Leben davon ab – was in gewisser Weise tatsächlich der Fall war. Sie waren hier für die eigentliche Unterhaltung zuständig, doch ihr Abschneiden und ihre Fähigkeiten würden von ihren Altersgenossen und Kumpanen genau beobachtet und kritisch beurteilt werden. Es herrschte stets große Konkurrenz unter den Rittern, und alles, was sie taten, prägte ihren Ruf in puncto Fähigkeit und Verlässlichkeit.
    Eigentlich war ihr Kampf nicht mehr als ein Sport mit hölzernen Waffen und stumpfen Übungsschwertern, sodass kein großes Risiko bestand, dass jemand sich verletzte oder zu Tode kam. Dennoch war schon so mancher Ritter bei solchen Schaukämpfen umgekommen, weil er zu angestrengt versuchte, einem stärkeren, fähigeren Gegner den Sieg abzuringen.
    Hugh war sich der Bedeutung der Kämpfe bei diesem Bankett sehr wohl bewusst, und er bedauerte, dass er selbst weder daran teilnehmen noch zusehen konnte. Doch er sagte zu niemandem etwas, weil er ja nicht wissen konnte, wer zur Bruderschaft gehörte und wer nicht. Er wusste nur, dass das eigentliche Herz der Zusammenkunft weit unten in den geheimen Kammern sein würde, während sich die ganze Aufmerksamkeit der Uneingeweihten auf die Wettkämpfe richtete, die hier oben ausgefochten wurden.
    Die meisten der älteren Ritter hatten gleich nach dem Mahl und vor dem Beginn der Kämpfe damit begonnen, den Saal zu verlassen, eine unauffällige Prozession Ehrfurcht gebietender Gestalten.
    Obwohl es kein Gesetz gab, das verlangte, dass ein Ritter von adligem Geblüt sein musste, stammten sie alle aus guten Familien. Es ergab sich einfach so, dass die Ritter zum Großteil Söhne von Aristokraten und Großgrundbesitzern waren. Unter den reichen Grundbesitzern erbten die erstgeborenen Söhne per Gesetz den Besitz der Familie, ihr Land und ihren Reichtum. Andere Söhne – jüngere und daher unbedeutendere Söhne – mussten ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und

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