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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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verlangte ihm das genaue Gegenteil dessen ab, was er hier tat. Dennoch hatten sowohl sein Vater als auch sein Großvater darauf beharrt, dass er sich an diesem Punkt passiv verhalten und sich treiben lassen musste, seine erlernte Disziplin missachten und die Tatsache ignorieren musste, dass man ihn gelehrt hatte, alles in Frage zu stellen, gegen jeden Versuch der Manipulation anzukämpfen.
    Lass dich treiben , sagte er sich jetzt, lass dich treiben !
    Einige Augenblicke später trat jemand so dicht zu ihm, dass Hugh die intensive, aber nicht unangenehme Süße seines Atems riechen konnte. Der Mann begann, in einer Sprache zu singen, die Hugh noch nie gehört hatte. Ganz gleich, was der Gesang bedeuten mochte, er war lang, und je weiter er fortschritt, desto heller schien es in der Kammer zu werden. Bald konnte er den Umriss des Mannes ausmachen, und andere, viele andere schemenhafte Gestalten lösten sich ringsum aus der Dunkelheit. Jetzt stellte er auch fest, dass sein schwarz gekleideter Führer lautlos von seiner Seite verschwunden war, wahrscheinlich im selben Moment, als der Sänger vorgetreten war und Hughs Aufmerksamkeit gefangen genommen hatte.
    Der Eröffnungsgesang endete, und dann ging alles schneller voran.
    Hugh erkannte zunehmend Elemente dessen, was er während seiner Vorbereitungszeit gelernt hatte, wenn sie sich auch in unvertrauter Form präsentierten. Doch während des gesamten Vorgangs wurde er von wechselnden, durch Kapuzen verhüllte Gestalten umhergeführt und an verschiedenen Punkten aufgestellt, wo ihm Männer Fragen stellten, deren andersartige, stilisierte Kleidung ihn vermuten ließ, dass sie Offiziere der Bruderschaft waren.
    Hugh hatte zwar jedes Zeitgefühl verloren, doch ihm war bewusst, dass das Licht in der Kammer immer noch heller wurde, unendlich langsam, aber unaufhaltsam. Es gab nach wie vor nur die eine Lichtquelle, ein einsamer, heller Fleck hoch über der Versammlung. Doch Hugh bekam jetzt den Eindruck, dass dieser sich in winzigen Schritten senkte, während die Riten voranschritten. Er konnte zunehmend die Umrisse einzelner Männer in den Sitzreihen erkennen, und während es immer noch viel zu dunkel war, um irgendein Gesicht auszumachen, konnte er das Muster der abwechselnd schwarzen und weißen Quadrate auf dem Boden deutlich sehen.
    Dann, am Ende einer seiner längsten Antworten, packten ihn zwei Männer an den Handgelenken und drückten auf seine Schultern, um ihn auf die Knie zu zwingen. Während er dort kniete und ihm unangenehm bewusst war, dass er sich nicht einmal hätte wehren können, wenn er es gewollt hätte, musste er den entsetzlichsten Eid schwören, den er sich vorstellen konnte. Darin rief er Folter, Verstümmelung, Tod und Entehrung auf sich und die Seinen herab, sollte er je die Geheimnisse verraten, die er im Begriff war zu erfahren.
    Er schwor seinen Eid, dann durfte er sich wieder erheben, und eine Reihe von Männern umringte ihn und dirigierte ihn mit sanfter Hand in eine entlegene Ecke des Gemachs. Dort wandte man ihn wieder um und hob sein Kinn in Richtung der einsamen Lichtquelle, die jetzt von zwei hohen Säulen in einer Art Portal eingerahmt wurde.
    Eine neue Stimme, die kräftiger war als die anderen, sprach in einer unbekannten Sprache zu ihm. Ihm wurde bewusst, dass sich die Männer dichter um ihn drängten, und dann kam plötzlich Bewegung in die Dunkelheit – die Dinge überstürzten sich, und vor Schreck hüpfte ihm das Herz in die Kehle: Ein Unbekannter löste sich aus der Gruppe und bückte sich rasch, als wollte er etwas vom Boden aufheben, dann drehte er sich im selben Atemzug um und hielt auf Hugh zu, wobei er einen schweren Knüppel hob und ihn auf Hugh zusausen ließ. Im selben Moment erlosch das Licht, und zahllose Hände packten Hugh von hinten und umklammerten ihn mit eisernem Griff, um ihn niederzuzerren, fort von dem mörderischen Hieb, der dann ganz sanft an seine Schläfe traf – nicht mit einem Krachen, das seine Knochen zersplittern ließ.
    Verblüfft und orientierungslos, unfähig, sich in der Umklammerung der zahlreichen Hände zu bewegen, atemlos und hämmernden Herzens spürte er, wie sie ihn immer tiefer hinabsenkten, auch als er schon glaubte, er müsste den Boden längst erreicht haben. Er wurde hin- und hergezerrt und gedreht, ohne den geringsten Widerstand leisten zu können, und eine ungläubige Sekunde lang hatte er das Gefühl, dass sie ihn in etwas einwickelten.
    So schnell, dass er den Rest seiner Fassung

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