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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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dass er nicht mehr allein war, und als er den Blick hob, sah er Payn Montdidier, einen seiner besten Freunde und einen Vetter mütterlicherseits, mit sanften blauen, humorvollen Augen auf sich niederlächeln.
    »Alles bereit?«, fragte er, und Hugh stand ungläubig blinzelnd auf. Die Tatsache, dass sein Freund irgendwie mit den Geschehnissen zu tun hatte, erfüllte ihn mit großer Erleichterung.
    »Payn! Dich hätte ich hier nicht erwartet. Du hast ja keine Ahnung, wie froh ich bin, dich zu sehen, mein Freund … ein vertrautes Gesicht … Ich sterbe hier vor Vorfreude und Grauen.«
    Montdidier lachte.
    »Diese Kombination kenne ich seit gestern selbst sehr gut, vielleicht können wir uns also gegenseitig helfen.«
    Hugh, der im Begriff gewesen war, sich in Bewegung zu setzen, zögerte und runzelte verwundert die Stirn.
    »Ich kann dir nicht folgen. Was meinst du damit, seit gestern?«
    »Vorfreude und Grauen … die Kombination, von der du gesprochen hast … ich habe das selbst gestern zum ersten Mal erlebt, als ich die neue Freundin deiner Schwester gesehen habe. Wie heißt sie, und wer ist sie?«
    Hugh bekam vor Überraschung große Augen.
    »Neue Freundin? Du meinst Margaret? Louises Freundin Margaret, aus England?«
    »Aus England?«
    »Aye, das hochgewachsene, dunkelhaarige Mädchen?«
    »Mit einem leuchtend gelben Kleid?«
    »Aye, als ich sie gestern mit Louise und ihrem Vater gesehen habe, hat sie Gelb getragen. Ist das die Dame, die du meinst?«
    Montdidier nickte mit großen Augen, und Hugh grinste.
    »Das ist Lady Margaret St. Clair, die Tochter meines Paten, Sir Stephen. Aber was ist das für ein Unsinn, den du über Vorfreude und Grauen erzählst?«
    Montdidier hatte beim Klang des Namens St. Clair ein langes Gesicht gezogen und schüttelte jetzt den Kopf.
    »Vorfreude darauf, ihr zu begegnen, und Grauen davor, dass sie mich ignorieren könnte … und wenn sie die Tochter von Sir Stephen St. Clair ist, wird sie mich mit Sicherheit ignorieren.«
    Zum ersten Mal seit Tagen hatte Hugh die bevorstehende Prozedur völlig vergessen, so gefangen war er von der Miene seines Freundes und den Gefühlen, die ihm deutlich ins Gesicht geschrieben standen. Er begann, ungläubig zu lachen, bis er begriff, dass sein Freund seine Verwunderung missverstehen und sich verletzt fühlen könnte. Also schüttelte er den Kopf und hob beschwichtigend die Hände.
    »Payn, bist du etwa verliebt? Und das, nachdem du die Dame erst einmal gesehen hast? Ich kenne Margaret schon seit Jahren. Sie ist zwar keine Schönheit, aber –«
    »Für mich ist sie schön, Hugh. Diese Augenbrauen, diese Stirn und dieser lange Hals. Ich muss sie kennenlernen.«
    Jetzt lachte Hugh doch laut auf.
    »Nun, das lässt sich leicht arrangieren. Du wirst sie morgen kennenlernen, und ich werde nicht zulassen, dass sie dich ignoriert … nicht, dass sie auch nur eine Sekunde dazu versucht sein würde.«
    Er zögerte, dann fügte er mit plötzlich wieder ernster Miene hinzu: »Aber zuvor ist da noch heute Abend. Werde ich das überleben?«
    Montdidier grinste wieder sein altes Grinsen.
    »Bei Gott, wenn meine Begegnung mit Lady Margaret davon abhängt, werde ich selbst bis zum Tod für dich kämpfen. Aber wir werden erwartet, und ich habe hier so lange auf dich eingeredet, dass du noch zu spät kommst. Wollen wir gehen?«
    Hugh nickte, schluckte krampfhaft und folgte seinem Freund wortlos.
    Der öffentliche Teil der Zusammenkünfte wurde stets in der steinernen Halle am Fuß der großen Wendeltreppe der Burg, direkt unter der Empfangshalle, abgehalten, und als Payn ihn jetzt auf die Versammlung zuführte, registrierte Hugh überrascht, wie viele Menschen hier waren. Es mussten sich zweihundert Männer in dem weitläufigen Raum befinden, vielleicht sogar mehr, und das, ohne die Armee von Bediensteten und Küchenjungen mit einzurechnen, die überall umherhuschten.
    Hugh folgte Payn durch den ganzen Saal zu einem Tisch, der für zwölf Personen gedeckt war und im rechten Winkel an die Mitte des Haupttisches anstieß.
    Bis auf zwei der Stühle mit den hohen Lehnen war der Tisch bereits besetzt. Im Näherkommen verschaffte sich Hugh einen Überblick darüber, wer bei ihnen saß. Zwei der St.-Clair-Brüder waren dabei, Robert und Vincent, und bei dieser Feststellung ging es ihm sogleich besser.
    Robert war fünf volle Jahre älter als Hugh, und dennoch mochte er ihn von allen St.-Clair-Söhnen am liebsten. Er war der älteste der vier Söhne – Stephen, der

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