Der Schatz des Blutes
Geringsten ausgemalt haben.«
Fermond verzog angstvoll das Gesicht, und seine Röte war einer wächsernen Blässe gewichen.
»Wollt Ihr damit sagen, Sir Hugh, dass Ihr die Befehle des Rates nicht befolgen werdet?«
»Nein, ganz und gar nicht. Ich will nur sagen, dass es mir unmöglich erscheint, dass irgendjemand, einschließlich des Seneschalls und der Ratsmitglieder selbst, die Aufgabe erfüllen könnte, die man mir und meinen Brüdern hier in Jerusalem stellt. Aber Eure Anweisung lautet doch, dass ich versuchen soll, einen Weg zu finden, das von Euch beschriebene Ziel zu erreichen, nicht wahr?«
Fermond bejahte mit einer Geste, und de Payens nickte.
»Dann habe ich es richtig behalten und kann Euch daher versprechen, dass ich diesen Befehl getreu befolgen werde. Ich werde jede vorstellbare Möglichkeit untersuchen, der Anordnung des Seneschalls Folge zu leisten. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, doch wenn Graf Fulk kommt, werde ich ihm etwas zeigen können – selbst wenn es nur die Grundzüge der Pläne sind, die ich verworfen habe. Wie lange werdet Ihr bei uns bleiben?«
Fermond schüttelte den Kopf.
»Ich kann gar nicht bleiben; ich habe nur noch eine Reihe von Botschaften zu überbringen. Dann muss ich sofort nach Zypern aufbrechen, um mich dort mit einigen Brüdern zu treffen.«
»Dann wünsche ich Euch eine gute Reise, denn es sind harte Zeiten für Reisende, vor allem wenn Ihr, wie ich vermute, nicht in einer großen Gruppe reist.«
»Nein, aber wenn Gott mit uns ist, werde ich lange genug leben, um meine Aufträge zu erfüllen.«
5
D
IESMAL WAR GOTT jedenfalls nicht mit uns.«
Vor wenigen Minuten hatten sie die Nachricht von Fermonds Tod erhalten, und dies waren die ersten Worte, die seitdem fielen.
Arlo hatte die Neuigkeit vom Markt mitgebracht, wo es ihm ein Bekannter erzählt hatte, dem es wiederum von einem Ritter berichtet worden war, der de Fermonds verstümmelte Leiche erkannt hatte. Sie war weniger als zwei Meilen vom Stadttor entfernt am Straßenrand gefunden worden.
Arlo war regungslos dagestanden, seit er die Nachricht überbracht hatte, und Godfrey St. Omer saß mit offenem Mund am Tisch und umklammerte ein Stück Brot, das er gerade zerteilen wollte. Hugh drückte sich mit beiden Händen von der Tischplatte hoch, wandte sich ab, um an das offene Fenster zu treten, und holte tief Luft.
St. Omer ergriff mit unsicherer Stimme das Wort.
»Was meinst du damit, Hugh? Dass Gott nicht mit uns war?«
»De Fermonds letzte Worte zu mir. Er hat gesagt, er müsse als Nächstes nach Zypern reisen, und ich habe ihn zur Vorsicht ermahnt –«
»Zypern?«
Hugh fuhr herum, ungeduldig, weil St. Omer so langsam begriff.
»Er hatte Botschaften von Graf Hugh dorthin zu überbringen, an … Bekannte des Grafen. Ich weiß nicht, an wen.«
Hugh blickte zwar nicht in Arlos Richtung, doch dieser verriet durch ein leises Zucken seiner Augenbraue, dass er das kurze Zögern wahrgenommen und korrekt interpretiert hatte – sie betraten jenes Gebiet, zu dem er keinen Zugang hatte. Er wandte sich sofort ab und ging.
»Er hat gesagt, die Botschaften seien wichtig und dass Gott ihn, wenn er auf unserer Seite sei, so lange schützen würde, bis er seine Mission erfüllt habe. Ich musste unwillkürlich daran denken, wie tragisch er sich geirrt hat, und ich habe es laut ausgesprochen. Ich hoffe, er ist schnell gestorben.«
Er bekreuzigte sich.
»Wieder ein Mord auf den heiligen Straßen.« St. Omers Stimme war leise und angewidert. »Es wird mittlerweile unerträglich.«
Hugh wandte sich wieder zu ihm um.
»Nein, Goff, nicht unerträglich. Die Leute ertragen es ja, weil ihnen nichts anderes übrig bleibt. Sonst müssten sie auf jede Reise verzichten. Diesen Gedanken verkraftet niemand. Selbst die größten Schrecknisse halten die Menschen nicht davon ab zu reisen, zumindest nicht lange.«
St. Omer hatte sich endlich sein Stück Brot abgebrochen und es in ein kleines Schüsselchen Olivenöl getaucht. Nun kaute er darauf herum und blickte ins Leere, während er über Hughs Worte nachdachte. Dann holte er tief Luft und sprach weiter.
»Ich habe dich vor drei Tagen mit ihm auf dem Tempelberg gesehen. Was habt ihr dort oben gemacht?«
De Payens schüttelte den Kopf.
»Ich habe ihm nur alles gezeigt. Er wollte den Tempel sehen.«
»Und war er sehr begeistert? Dort stehen doch nur noch diese alten Stallungen, die seit hundert Jahren niemand mehr benutzt hat.«
»Er wollte, dass wir dort
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