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Der Schatz des Blutes

Der Schatz des Blutes

Titel: Der Schatz des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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nichts an der grundlegenden Tatsache, dass Jerusalem ringsum von Wüste umgeben ist – und arm ist. Es hat keinen Hafen und keine Kaufleute. Seine einzige Daseinsberechtigung sind die Pilger, die in die Stadt strömen, um die heiligen Stätten zu besuchen. Daher wäre es unmöglich, die Anweisungen, die Ihr mitgebracht habt, dort im Verborgenen auszuführen. Davon jedoch einmal abgesehen … Wenn es uns tatsächlich gelingen würde, die Brüder wundersamerweise zusammenzuholen, könnten wir natürlich einfach anfangen zu graben. Die Tempelruinen im südöstlichen Quadranten der Stadt sind nicht zu übersehen, und sie sind seit über tausend Jahren verlassen. Sie werden nicht benutzt und sind nur der Grundstock, auf dem die Moslems einen Teil ihrer berühmten Al-Aksa-Moschee errichtet haben. Habt Ihr die Moschee schon gesehen?«
    De Fermond schüttelte den Kopf.
    »Nein, Mylord. Ich bin ja gerade erst angekommen. Ich war zwar schon kurz in der Stadt, bin aber umgehend nach Jericho gereist, um Euch zu suchen.«
    »Nun, in diesem Fall ist es gut möglich, dass Ihr sie gesehen habt, aber wahrscheinlich habt Ihr sie nicht erkannt. Sie ist auch keine Moschee mehr, sondern der Amtssitz König Baldwins des Zweiten. Dieser steht nun hoch über den Tempelruinen. Und um die Situation noch schwieriger zu machen, ist dieser Tempel eigentlich der Tempel des Herodes, auch wenn ihn jeder für den Salomonstempel hält. Er hat nichts mit Salomon zu tun. Der Tempel, dessen Reste dort zu sehen sind, wurde vor tausend Jahren durch Herodes erbaut. Und kaum dass er vollendet war, wurde er wieder zerstört, weil die Römer der Hebräer und ihrer Rebellionen ein für alle Mal überdrüssig waren. Man hat mir gesagt, dass der Tempel niemals als Gebetsstätte benutzt worden ist, weil er vor seiner endgültigen Fertigstellung zerstört wurde. Ich habe auch gehört, dass an derselben Stelle früher Salomons Tempel gestanden hat, aber das ist nur eine Überlieferung, die man sich seit über einem Jahrtausend erzählt. Wir können heute nichts davon beweisen …«
    Er richtete den Blick erneut auf Fermond, eine Augenbraue leicht hochgezogen und ein kleines, spöttisches Lächeln auf den Lippen.
    »Und wenn wir beweisen könnten, dass sich Salomons Tempel tatsächlich dort befindet, wäre es gewiss nicht schwierig, ihn auszugraben. Wir würden einfach König Baldwin um Erlaubnis bitten – als König von Jerusalem hat er die Macht über Stadt und Tempel. Ich zweifle nicht daran, dass wir die Erlaubnis rasch bekämen, vor allem, wenn wir ihn von dem Schatz in Kenntnis setzen, den wir suchen.«
    »Aber –«
    »Ah ja … das ›Aber‹ … aber wir können niemandem von dem Schatz erzählen, nicht wahr? Er muss geheim und heilig bleiben, wie unser ganzes Tun. Also müssten wir den Tempel im Verborgenen ausgraben, obwohl er mitten in der Stadt auf einem Hügel steht, und dabei die Existenz unserer Ordensbruderschaft geheim halten. Natürlich in Sichtweite einer Stadt voller Menschen. Und ohne Verdacht oder Neugier zu erwecken – selbstverständlich auch nicht unter unseren uneingeweihten Ritterkameraden …«
    Er hielt einige Sekunden inne, damit sein Gegenüber das Gehörte begreifen konnte. Dann fuhr er fort.
    »Sagt mir, mein Freund, ohne Eure Loyalität gegenüber dem Seneschall oder den Ratsmitgliedern zu gefährden, die diese Order verfasst und Euch mit ihrer Überbringung betraut haben – denn ich kann nicht glauben, dass etwas so Törichtes aus Graf Hughs Feder stammen kann –, habt Ihr irgendeine Vorstellung, wie wir an diese Aufgabe herangehen sollen, die Ihr uns gestellt habt? Falls ja, so habt Ihr meinen Eid darauf, dass ich mein Haupt entblößen und mich vor Euch verneigen werde. Und ich werde der Versuchung widerstehen, heimzukehren und die Narren, die Euch geschickt haben, hierher einzuladen, damit sie sich selbst einen Eindruck von der Dummheit und Arroganz ihrer Forderung verschaffen können.«
    De Fermond sagte kein Wort. Seine Wangen brannten, und de Payens streckte die Hand aus und fasste seinen Oberarm.
    »Versteht mich nicht falsch, mein Freund. Ich weiß, dass Euch kein Vorwurf trifft. Die Schuld liegt nicht bei Euch. Ihr seid nur der Überbringer der Botschaft, und zudem seid Ihr neu hier in Outremer. Aber morgen Abend sind wir wieder in Jerusalem, und am Tag darauf zeige ich Euch den Tempelberg. Ihr werdet sofort sehen, dass die Männer, die Euch geschickt haben, das, was sie von uns erwarten, nie gesehen oder sich im

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