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Der Schatz des Dschingis Khan

Der Schatz des Dschingis Khan

Titel: Der Schatz des Dschingis Khan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Ascalon ein Leid anzutun. Dschingis Khan, so viel hatte sie inzwischen schon mitbekommen, wurde im Lager von allen verehrt, aber auch gefürchtet, denn er galt als ein strenger Herrscher, der nicht zögerte, ein Unrecht aufs Härteste zu bestrafen.
    Als Muriel schon glaubte, die ganze Nacht eingekeilt in der Menge verbringen zu müssen, änderte sich die Stimmung auf dem Platz schlagartig. Das Lärmen und Rufen verstummte so abrupt, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Die Mongolen wichen von Ascalon zurück. Die Männer reckten die Hälse, die Frauen steckten tuschelnd die Köpfe zusammen und die Kinder suchten Schutz bei ihren Müttern.
    Die Stille war erdrückend. Die Luft schien sich zu verdichten und machte das Atmen schwer, während sich das Gefühl, dass etwas geschehen würde, weiter verstärkte. Gleich darauf teilte sich die Menge und Muriel sah eine Reihe von Fackeln durch die Gasse auf sich zukommen. Einzelheiten konnte sie in der Dunkelheit nicht ausmachen, aber das war auch nicht nötig. Die Ehrfurcht der Mongolen ließ keinen Zweifel daran, wer sich gerade näherte …

Der Große Khan

    Dschingis Khan war der Inbegriff eines Mongolen. Für die Verhältnisse seines Volkes war er hochgewachsen und breitschultrig, mit harten, fast grimmigen Gesichtszügen, buschigen, eng zusammenstehenden Brauen über den geschlitzten Augen und einem langen schwarzen, unter dem Kinn spitz zulaufenden Schnauz- und Kinnbart, der den Eindruck der schlechten Laune noch verstärkte.
    Mit dem knielangen fellbesetzten Mantel, den hohen bestickten Reitstiefeln und dem spitzen Hut, dessen Fellbesatz seine Stirn fast vollständig bedeckte, war er ähnlich gekleidet wie die Jäger, die Muriel ins Lager geführt hatten, nur dass seine Kleidung sehr viel aufwendiger gearbeitet und kostbarer mit Schmuck aus Gold und Silber verziert war.
    Mit wohlbemessenen Schritten trat er aus der Gasse, blieb stehen und musterte Ascalon und Muriel mit einer so versteinerten Miene, dass Muriel es mit der Angst bekam. Ihm folgten fünf weitere Männer, deren Aussehen und Auftreten keinen Zweifel daran ließen, dass sie im Lager eine ranghohe Stellung innehatten. Dazu ein paar Halbwüchsige, die Fackeln trugen. Respektvoll warteten die Männer einen halben Schritt hinter ihrem Anführer, während die Fackelträger sich rings um Ascalon aufstellten, um den Platz zu erhellen.
    Der Große Khan ließ sich Zeit. Die Hände in die Hüften gestemmt, umrundete er Muriel und Ascalon schweigend. Nichts deutete darauf hin, was er empfand oder was er über den ungewöhnlichen Besuch dachte.
    »Wahrlich ein prächtiges Pferd«, stellte er schließlich fest, worauf sich ringsum ein zustimmendes Gemurmel erhob, das abrupt verstummte, als der Khan befehlend den Arm hob.
    »Ein Geschenk?«
    Es dauerte einige Herzschläge, bis Muriel begriff, dass die Frage ihr galt. »Ja, Großer Khan«, erwiderte sie hastig und hoffte, dass sie die richtige Anrede gewählt hatte.
    »Von wem?« Der Khan schien kein Mann großer Worte zu sein.
    »Der Himmelsgott Tengri erschien mir im Traum und trug mir auf, es zu dir zu führen«, erklärte Muriel, wie die Schicksalsgöttin es ihr geraten hatte. »Es soll dich auf dem Feldzug gegen die Tanguten zu Ruhm und Reichtum tragen.«
    Wieder lief ein Raunen durch die Menge. Diesmal als Ausdruck des Erstaunens. Ascalon war so prächtig anzusehen, dass niemand an der Wahrheit ihrer Worte zu zweifeln schien.
    »Ein Pferd der Götter …« Der Khan sprach gedehnt, als müsste er die Worte erst abwägen. Dann hob er die Hand und gab wortlos ein Zeichen. So schnell, als hätte er nur darauf gewartet, eilte ein kleinerer Mongole herbei, dessen Gewand aus Fellstreifen und Tierschwänzen zu bestehen schien. Die Kappe auf seinem Kopf war ähnlich gearbeitet. Hier fielen ihm die Fellstreifen und Tierschwänze wie eine Langhaarperücke bis auf die Schultern herab. In der einen Hand hielt er eine flache mit Leder bespannte Trommel, in der anderen etwas, das Muriel entfernt an eine übergroße Babyrassel erinnerte. Sie wusste nicht viel über die Mongolen, vermutete aber, dass er so etwas wie ein Medizinmann sein musste. Diese Vermutung bestätigte sich, als der Khan das Wort an ihn richtete. »Was hältst du davon, Schamane*?«
    Der Schamane begann, Ascalon mit wiegenden und tänzelnden Schritten zu umkreisen, dabei gab er zischende Geräusche von sich, hob und senkte beschwörend die Arme und schlug in unregelmäßigem Takt die Trommel.
    Dump …

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