Der Schatz des Störtebeker
– Saufen.« Nissen stand abrupt auf. »Ich melde mich dann später wieder.«
Er verabschiedete sich knapp und ging.
»Was ist denn plötzlich mit dem los?«, fragte Greta.
»Er hat mal für die Brauerei gearbeitet. In der Marketingabteilung. Die neue Werbestrategie wurde gegen seinen Willen eingeführt. Und dann haben sie ihn rausgeschmissen.«
»Und was macht er jetzt?«
»Ferientouren für Reiche, die sich gern mal von jemandem rumkommandieren lassen wollen. Er ist der Käpt’n und macht sie einen Monat lang zur Schnecke. Dafür bezahlen die richtig gut.«
»Klingt so, als könnte es meiner Mom gefallen.«
»Bestimmt.«
Greta versuchte, frischen Tee einzuschenken, was wegen des Seegangs gar nicht so einfach war. Sie verschüttete ziemlich viel.
»Entschuldigung.«
»Macht nichts. Hier.« Link warf ihr einen Lappen hin.
Während sie aufwischte, fragte sie: »Und was machen wir jetzt?«
»Warten.«
»Darauf, dass dein Kumpel jemanden trifft, den er fragen kann, ob er jemanden kennt.«
»Hmhm.«
»Das kann ja ewig dauern.«
»Ich hab ihm ja gesagt, dass es dringend ist.«
»Trotzdem…«
»Er weiß, dass es dringend ist.«
»Aber so, wie er sich ausgedrückt hat…«
»Er kennt dich ja nicht.«
»Du meinst, er wollte nicht…«
»… dass du einen falschen Eindruck von ihm bekommst.«
»Zum Beispiel den, dass er neben seinen Touren für reiche Deppen, die sich herumkommandieren lassen wollen, sein Geld auch noch mit dem Verschmuggeln von Sachen verdient.«
»Genau den Eindruck wollte er vermeiden.«
»Hat er ja auch.«
»Eben.«
»Also warten wir hier und passen so lange auf dein Boot auf. Ich find’s ja ganz lustig, wie das wackelt.«
»Na ja.«
»Kann denn noch was passieren?«
»Wir könnten absaufen.«
»Aber das Boot ist doch festgebunden, ich meine, vertäut.«
»Es kann sich verkeilen, hinuntergedrückt werden, sich losreißen, die Polizeibarkasse versenken…«
»Haben wir eigentlich in Heeßel die Tür zugemacht?«, fragte sie unvermittelt.
»Was?«
»Und abgeschlossen?«
»Das musst du doch wissen.«
»Oje, am liebsten würde ich das nochmal überprüfen. Bei dem Sturm.«
»Du kannst ja hinfahren.«
»Echt? Und du?«
»Oder ruf an, vielleicht ist Jens ja wieder zurückgekommen.«
»Das mach ich.«
Sie stand auf und zog ihr Handy aus der Tasche des Mantels, den sie auf das Sofa geworfen hatte. In Heeßel ging niemand ans Telefon.
»Hast du Hunger?«, fragte er, nachdem sie den Apparat weggelegt hatte.
»Soll ich dir was in deiner Kombüse kochen?«, fragte sie eifrig.
»Nee, lass mal, das mach ich schon.«
»Okay, dann les ich noch ein bisschen in dem Manuskript.«
Sie klappte ihre Umhängetasche auf und zog den Papierstapel hervor. Dann lümmelte sie sich auf das Sofa und begann zu blättern.
»Das geht ja durch sämtliche Jahrhunderte«, sagte sie. »Kein Wunder, dass er Tausende von Büchern durchgeackert hat. Muss ja eine Höllenarbeit gewesen sein, die ganzen historischen Einzelheiten zu recherchieren.«
»Er hat doch genug Zeit da draußen.«
»Stimmt auch wieder. Ich hab ihm ab und zu einen Stapel Bücher mitgebracht, die er sich antiquarisch besorgen ließ.«
Sie vertiefte sich in ihre Lektüre, während Link sich in der Küche zu schaffen machte.
Als er fertig war, stellte er zwei Teller auf den Küchentisch. Greta sprang auf und setzte sich zu ihm. »Was ist das?«
»Reste.«
»Lass mich mal raten.« Sie deutete mit den Fingern darauf: »Bratkartoffeln? Und was ist das hier?«
»Baked beans.«
»Mit Zwiebeln, hm, lecker. Was trinkst du dazu?«
»Bier.«
»Nehm ich auch.«
Sie machte den Abwasch und bewunderte lautstark die raffinierte Platz sparende Konstruktion von Abtropfsieb und versenkbarem Spülbecken.
Irgendwann kam ein Anruf von Nissen. Als Link wieder aufgelegt hatte, sagte er: »Wir treffen unseren Mann morgen früh im Schellfischposten.«
»Wo?«
»Das ist eine Kneipe, nicht weit von hier an der Hafentreppe.«
»Morgen früh? Dann kann ich ja hier übernachten.«
»Hmhm.«
Mit Einbruch der Dunkelheit schien es draußen ruhiger zu werden. Sie lasen in Dischers Manuskript und hörten Musik. Irgendwann saß Greta plötzlich vor Link auf dem Boden und sagte: »Du hast gesagt, du findest, dass ich meiner Mutter ähnlich sehe.«
»Hmhm.«
»Und dass sie verdammt gut aussieht.«
»Ja und?«
»Also sehe ich auch verdammt gut aus.«
»Logische Schlussfolgerung.«
»Würdest du mit mir schlafen wollen?«
Das Hausboot hob
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