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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Gutberiet
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sich in eine gefährliche Schräglage. Es knirschte laut, als würde jemand Holz zerquetschen, dann ertönte ein ohrenbetäubendes schabendes Quietschen von Stahl auf Eisen, das in einem lauten Krachen endete. Das Hausboot senkte sich wieder, blieb aber schief liegen.
    Link sprang auf und rannte nach draußen. Greta folgte ihm.
    »Was ist?«
    »Wir sind gerade dabei, ›Otto Lauffer‹ zu versenken.« Dank der erneuten Flut hatte das Hausboot sich auf das Heck der Polizeibarkasse geschoben und sie unter Wasser gedrückt. »Und nun?«
    »Lauf los und hol Bernhard.«
    »Okay.«

27. FEBRUAR MORGENS
    Sie waren die halbe Nacht auf, um die kleine Barkasse vor dem Absaufen zu retten. Währenddessen wurden in Hamburg die Hochbahnen gestoppt und zwei Menschen von herabfallenden Ästen getötet.
    Am nächsten Morgen hatte sich die Situation beruhigt. Harmlose weiße Wolken zogen stetig über einen hellblauen Himmel. Die Flut war zurückgegangen und hatte eine Menge Dreck und Müll auf die Uferwege und Straßen geschwemmt. Es war kälter geworden, aber der Wind hatte nachgelassen. Die Schäden im Museumshafen waren überschaubar, allerdings musste jemand mit einer Pumpe kommen, um »Otto Lauffer« wieder flottzumachen. Und Link Walther war Persona non grata in Ovelgönne geworden.
    Sie waren spät ins Bett gekommen und schliefen bis mittags. Greta stand vom Sofa auf, trottete in die Küche und versuchte, Kaffee zu machen. Leider kam sie mit der aus dem Küchenschrank ausfahrbaren Kaffeemaschine nicht klar. Sie fluchte und ging in das winzige Badezimmer, wo sie eine halbe Stunde zubrachte. Link fragte sie durch die Tür hindurch, was sie essen wolle, bekam aber keine Antwort. Als sie endlich herauskam, nahm sie den Becher mit Kaffee an, süßte ihn mit drei Löffeln Zucker und setzte sich aufs Sofa. Auf die Frage, ob sie Rührei mit Speck wolle, schüttelte sie nur den Kopf.
    Wenig später rückte Bernhard mit einem Vereinsmitglied an, und es gab ein langes Palaver darüber, wie schnell Link mit seinem Hausboot wieder verschwinden könne. Bernhard brachte den Fischereihafen ins Spiel, wo er den Besitzer eines dort liegenden Schoners kannte. Vielleicht war in diesem von der Elbe durch eine Mole abgetrennten Hafenbecken ja sogar längerfristig Platz für ein Hausboot.
    Gegen vierzehn Uhr gingen sie schweigend die Elbstraße entlang, wo ein Trupp Straßenreiniger damit beschäftigt war, den angeschwemmten Unrat zusammenzufegen. Die Neubauten an der Uferkante hatten ihre erste Sturmflut scheinbar gut überstanden. Sie waren auf hohe Sockel gebaut und würden bei einer echten Katastrophe, die wegen der globalen Erwärmung schon bald erwartet wurde, auf ihren Betonwarften von der Brandung umtost werden wie die Bauernhäuser auf den Halligen. Ob die dort beschäftigten Medienarbeiter dann besser in Schlauchbooten oder per Hubschrauber zu ihren Büros gebracht würden, musste sich in der Praxis erweisen.
    Der Schellfischposten gegenüber des seit Jahresanfang funktionslosen Anlegers für die Englandfähre war ein Überbleibsel des alten Hafens. Es war eine der wenigen Kneipen, die man noch als Spelunke bezeichnen konnte. Sie lag an der Hafentreppe, über die vor langer Zeit Hafen-und Fischereiarbeiter zur Arbeit gingen. Gegenüber war gerade ein Gebäude abgerissen worden, das wegen seiner düsteren Ausstrahlung und weil hier mal ein Filmmord passierte »Mörderhaus« genannt wurde. Seit sich vom Fischmarkt aus die Apostel der neuen Ökonomie Stahlglasbastionen an den Elbrand setzten, war für eine derartige Architektur hier kein Platz mehr.
    Der Schellfischposten gehörte zu den wenigen Überresten einer Zeit, als die frischen Fische noch per Kutter in den Fischereihafen transportiert wurden, nicht per Kühllaster. Seinen Namen bekam er, weil hier einmal die Schellfischbahn vorbeiratterte, die den verarbeiteten oder verpackten Fisch den Elbhang hinauf zum Altonaer Bahnhof brachte, wo die Kisten in die Fernbahn verladen und ins Binnenland transportiert wurden.
    Vergilbte Bilder von alten Schiffen, Seeleuten und Fischern sowie Devotionalien aus der Welt des Hafens und der Seefahrt hingen als beredte Zeugnisse einer anderen Zeit an den Kneipenwänden. Man setzte sich in Nischen an schrabbelige Tische oder an den abgewetzten Tresen, vielleicht auch vor den Spielautomaten und trank Bier, Tee oder Grog. Die Frau hinter dem Tresen war ein schweigsamer Schatten undefinierbaren Alters, die meisten Gäste kannten sich mit Namen. Am frühen

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