Der Schatz des Störtebeker
den Tisch.
»Untersteh dich, mich so zu nennen!«
»Engelchen passt heute nicht zu dir.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Rümker.
»Plan B«, sagte Kulbrod.
»Und der wäre?«
»Die Diebe suchen.«
»Ja, klar. Und wie?«
»Zunächst brauchen wir eine Personenbeschreibung. Frau Discher, könnten Sie vielleicht…«
Marie-Christin sah ihn verständnislos an: »Diebe? Was für Diebe?«
Discher versuchte, ihr auf die Sprünge zu helfen: »Die Brosche, du weißt schon, die sie mitgenommen hat, wurde ihr auf dem Ball gestohlen. Jedenfalls hat man uns das berichtet.«
»Davon weiß ich nichts. Das hätte sie mir doch gesagt.«
»In welcher Verfassung war sie denn gestern Abend?«
»Betrunken und depressiv wie immer, wenn ich sie irgendwohin mitnehme.«
»Und die Brosche, hat sie sie wieder mit nach Hause gebracht?«
»Ich hatte alle Hände voll zu tun, zumal der Taxifahrer nicht sehr hilfsbereit war.«
»Taxi? Sie haben ein Taxi bekommen?«, fragte Rümker.
»Das ist doch jetzt egal«, sagte Kulbrod.
»Vor dem Atlantic standen sie in zwei Reihen«, sagte Marie-Christin.
»Die Brosche!«, mahnte Discher.
»Sie hat was von einer schäbigen, schmutzigen Schlampe gefaselt, deine missratene, sturzbetrunkene Tochter!«
»Eine schäbige, schmutzige Schlampe?«
»Blondie, wenn ich dich zu fassen kriege! – Das hat sie auch noch mehrmals vor sich hingebrabbelt.«
»Eine schäbige, schmutzige Schlampe namens Blondie?«, fragte Kulbrod. Er hatte ein Notizbuch aus der Tasche seines Macintosh gezogen.
»Das ist sicherlich im übertragenen Sinne zu verstehen«, meinte Discher.
»Immerhin ein Anhaltspunkt.« Kulbrod notierte. »Und weiter?«
»Nichts weiter«, sagte Marie-Christin verärgert. »Und ich möchte nicht, dass Sie solche Aussagen meiner Tochter in Ihr Notizbuch schreiben.«
Kulbrod steckte das Buch weg. »Fakt ist ja wohl, dass die Brosche gestohlen wurde.« Er sah Marie-Christin fragend an.
»Scheint so«, sagte sie.
»Tja, wo finden wir nun das Mädchen?«, murmelte Rümker.
»Wir waren doch schon bei Plan B«, sagte Discher.
»Spannen Sie uns nicht auf die Folter«, sagte Kulbrod.
»Unter einer Bedingung mache ich mit«, sagte Discher.
»Und die wäre?«
»Keine Handschellen mehr.«
Marie-Christin sah ihn verstört an.
Kulbrod nickte: »Okay.«
»Wir kooperieren.«
»Okay.«
»Und kein Feldbett und keinen Jim Beam mehr.«
»Gebongt.«
»Dann schlage ich vor, wir steuern den Grasbrookhafen an.«
»Handschellen, Feldbett, Jim Beam – ist das eine neue Geheimsprache?« Marie-Christin tastete verwirrt nach dem Eisbeutel.
»Grasbrook?«, fragte Rümker.
»Auf dem Grasbrook wurde Klaus Störtebeker, der Stachel im Fleisch der Hanseaten, widerrechtlich hingerichtet…«
»Oh Gott! Hör auf! Verschone mich mit diesem Sermon!« Marie-Christin stand auf: »Ich geh wieder ins Bett. Auf Wiedersehen, die Herren!«
Die drei Männer verließen das Haus. Als sie zum Wagen gingen, knuffte Kulbrod Discher launig in die Seite: »Na, diesmal hat sie aber auf alle Fragen geantwortet.«
»Ja«, sagte Discher wehmütig lächelnd. »Wenn sie verkatert war, haben wir uns immer prima verstanden.«
Sie stiegen wieder in den BMW.
»Wie kommen wir jetzt zu diesem Störtebeker-Grab?«
»Kein Grab«, sagte Discher. »Störtebeker wurde auf dem Grasbrook geköpft. Das ist eine Elbinsel. Sie wissen schon, das war dieses denkwürdige Ereignis, als ihm versprochen wurde, alle Männer, an denen er kopflos vorbeiläuft, würden freigelassen. Und dann hat einer der ehrwürdigen Ratsherren ihm ein Bein gestellt, und die, an denen er trotzdem noch vorbeikam, wurden dennoch hingerichtet. In meinem Buch werde ich…«
»Eine Insel?«, unterbrach ihn Rümker. »Brauchen wir jetzt auch noch ein Boot?«
»Dummkopf!«, sagte Kulbrod. »Die Elbinseln sind alle mit Brücken verbunden und bilden zusammen den Freihafen.«
»Okay. Also wohin soll ich jetzt fahren?«
»Erst mal zurück in die Stadt«, sagte Kulbrod. »Und dann zeigt uns unser Partner den Weg.« Er sah Discher an. »Stimmt’s?«
»Mach ich. Kann ich mal ein Telefon haben?«
Er wählte Link Walthers Nummer, erwischte aber nur die Mailbox.
Sie fuhren die Elbchaussee entlang, dann über die Palmaille Richtung Fischmarkt, über die St.-Pauli-Hafenstraße an den Landungsbrücken vorbei, passierten den Baumwall, erreichten die Speicherstadt, bogen auf die Brooksbrücke und kamen zum Sandtorhafen. Doch von dort aus gab es keinen fahrbaren Zugang zum
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