Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Ich wollte nur jemanden heiraten, den ich von ganzem Herzen liebte, der meine Gefühle zum Schwingen und meine Haut zum Brennen brachte, den ich vermisste, wenn er nur eine Stunde nicht an meiner Seite war, und mit dem ich die halbe Nacht über alle Themen der Welt diskutieren und den ich danach leidenschaftlich lieben konnte. Da ich tief im Inneren wusste, dass Harrison niemals aus meinem Herzen weichen würde, würde ich das Wunder einer glücklichen Ehe nicht erleben. Aber ich war nicht bereit, Kompromisse einzugehen, dann blieb ich lieber allein.
Am nächsten Tag war ich überrascht, James wiederzusehen. Er kam in Begleitung eines Mannes mittleren Alters.
»Das ist Tom Rushton aus Nairn. Er ist Baumeister und hat bei uns die Brennereigebäude gebaut.«
»Guten Tag«, sagte ich und gab ihm die Hand.
»Mr. Grindle meinte, ob ich mal einen Blick in Ihren Keller werfen könnte, Mylady.«
Ich bedachte James mit einem warmen, dankbaren Blick, und gemeinsam gingen wir in den Keller.
Minutenlang betrachtete Mr. Rushton die Kellerwände, klopfte mit einem mitgebrachten Instrument dagegen und murmelte etwas, das wir nicht verstanden.
»Der ehemalige Verwalter des Hauses meinte, das Fundament sei in einem bedenklichen Zustand«, sagte ich schließlich.
Der Baumeister schüttelte den Kopf.
»Das würde ich so nicht ausdrücken, Mylady. Sicher, bei einem so alten Haus wie diesem hier fallen immer wieder Renovierungen an. Sie sehen selbst, dass das Mauerwerk von Rissen durchzogen ist, aber das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge.«
»Sie denken also nicht, dass unmittelbare Einsturzgefahr besteht?«
Er lachte laut auf.
»Weder Sie noch Ihre Kinder oder Enkel müssen befürchten, dass Ihnen das Dach im Schlaf auf den Kopf fällt. Jedoch wäre eine Ausbesserung der Wände anzuraten, wenn es auch keine Eile hat.«
Wie betäubt folgte ich den Männern wieder in die Halle, wo Wilma warmen, würzigen Wein servierte. Ich dankte und verabschiedete Mr. Rusthon, der noch einen Kunden in Dufftown aufsuchen wollte.
»Eine weitere Lüge«, bemerkte ich, als ich mit James allein war. Er stand auf.
»Dann schauen wir uns mal den Rest des Kellers an, Lucille. Ich bin gespannt, was wir dort entdecken werden.«
»Ach, James, ich habe Angst davor. Eigentlich möchte ich keine weiteren Überraschungen mehr erleben.« Langsam stand ich auf, fühlte mich plötzlich um Jahre gealtert. »Aber du hast Recht, es ist keine Lösung, die Augen einfach vor unangenehmen Dingen zu verschließen.«
»Du trägst eine große Verantwortung, Lucille ... all die Pächter, die von Cromdale abhängig sind. Du hast Pflichten zu erfüllen, du musst dafür sorgen, dass der Besitz, den deine Vorfahren aufgebaut haben, gedeiht. Das kannst du nicht alleine schaffen. Spätestens im Frühjahr musst du einen tüchtigen Verwalter einstellen.«
»Ich weiß, James«, seufzte ich. »Ich möchte auch nur das Beste für Cromdale House.«
»Gerne würde ich dir bei all diesen Aufgaben behilflich sein, aber wie du weißt, habe ich meine Arbeit in der Destille. Außerdem ...«
Er brach ab, und ich wusste, was er sagen wollte. James war nicht der Herr auf Cromdale, würde es niemals sein. Ich konnte gut verstehen, dass er dafür nicht die Whiskybrennerei im Stich lassen konnte.
Wir nahmen die Lampen zur Hand und stiegen erneut in den Keller hinunter. Tatsächlich war ich im hinteren Teil nie zuvor gewesen.
»Lucille, schau hier! Das ist ja ein richtiger Kerker.«
Staunend blickte ich in eine kleine Zelle, in der eine Holzliege verrottete. Die abgestandene Luft roch muffig, beinahe meinte ich, die Angst und Verzweiflung der einstigen Gefangenen spüren zu können. Die in die Wand eingelassenen eisernen Hand- und Fußfesseln jagten mir einen kalten Schauer über den Rücken.
»Wie schrecklich«, stöhnte ich. »Glaubst du, hier ist auch mal jemand gestorben?«
James zuckte mit den Schultern.
»Kann gut sein. In früheren Zeiten herrschten die Clanoberhäupter wie Könige auf ihrem Land. Sie urteilten über Recht und Unrecht, es lag in ihrem Ermessen, welche Strafe über einen Verbrecher verhängt wurde. Oft war auch gar keine Schandtat vonnöten, um unbequeme Zeitgenossen für immer verschwinden zu lassen.«
Ich knuffte ihn in die Seite, meine Anspannung löste sich.
»Die Schotten gehörten wohl nie zu einem sensiblen Menschenschlag, nicht wahr?« Er stimmte in mein Lachen ein, und wir schlossen die eiserne Tür wieder. Ich nahm mir vor, die Zelle zumauern zu lassen.
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