Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Grund, warum du ihn nicht ...«
»Geheiratet hast?«, vollendete ich seinen Satz bitter. »Sagen wir mal, es war einer der Gründe, vielleicht der ausschlaggebende.«
Mehr wollte ich darüber nicht sagen. Da James nicht in Schottland gewesen war, als Violet in der Burg wohnte, hielt ich es nicht für nötig, ihm von ihr zu erzählen. Bestimmt hatte er schon längst durch den Dorfklatsch davon erfahren, war aber zu sehr Gentleman, um es mir gegenüber anzusprechen.
James wischte sich seine erdigen Finger achtlos an der hellen Hose ab.
»Dann lassen wir vorerst alles an Ort und Stelle.« Er begann, mit der Lampe jeden Zentimeter Wand in der Kammer abzuleuchten. Leider ohne Erfolg. Ich stand direkt hinter ihm und folgte seinen Blicken.
»Aber es muss einen Zugang geben!«, beharrte ich.
»Vielleicht ist die Tür nur vom Haus aus zu erkennen und zu öffnen. Bei einem Fluchttunnel eine logische Erklärung.«
Ich stimmte James zu, und gemeinsam kehrten wir in die Mühle zurück.
»Ich werde noch heute eine stabile Tür mit einem massiven Schloss hier anbringen«, sagte er, während er die Bretter wieder sorgsam vor das Loch stellte.
»Wird das nicht erst recht Aufmerksamkeit erregen?«, gab ich zu bedenken.
»Ich werde sagen, dass wiederholt Landstreicher und Zigeuner in der Mühle nächtigen und ich nicht möchte, dass die Mühle eines Nachts in Flammen aufgeht, weil die Vagabunden im Inneren ein Feuer entzünden.« Das klang plausibel. Es war die richtige Entscheidung gewesen, James den Schatz zu zeigen. Ich fühlte mich erleichtert, als hätte jemand ein Bleigewicht von meinen Schultern genommen. James konnte ich vertrauen. Warum konnte ich ihn nicht auch lieben?
Bevor wir uns trennten, gab er mir das Versprechen, mit niemandem über die Truhe mit dem Geld zu sprechen, auch nicht mit seiner Mutter.
»Ich glaube nicht, dass wir den Anwalt vor Weihnachten dazu bewegen können, von Inverness ins Hochland zu kommen. Die Sache muss also bis nächstes Jahr warten«, meinte er bedauernd.
»Jetzt hat der Schatz über vierhundert Jahre hier gelegen, ich denke, er wird es noch einige Wochen aushalten können!«
James stimmte in mein Lachen ein. Tatsächlich lachte ich nach langer Zeit wieder einmal aus vollem Herzen. Für einen Moment waren die Schatten von Harrison verschwunden.
Da bereits die Dämmerung hereinbrach, verzichteten wir für heute auf weitere Exkursionen. James versprach, so bald wie möglich wiederzukommen.
»Dann nehmen wir uns jeden Zentimeter im Keller vor. So wie ich die Lage der Kammer beurteile, müsste sie sich direkt unter der Halle befinden. Vielleicht gibt es auch dort eine versteckte Falltür oder Ähnliches?«
Es war offensichtlich, dass James Gefallen an der Sache fand. Er wirkte auf mich wie ein kleiner Junge bei der Schatzsuche. Ich sagte ihm, dass der Fußboden in der Halle aus massiven Steinplatten bestand. Dazwischen gab es nicht die kleinste Ritze oder Spalte, denn ich hatte bereits selbst nachgesehen. Ich erzählte ihm, wie Harrison Nacht für Nacht im Keller die Wände abgeklopft und mir von Schäden im Fundament berichtet hatte.
»Ich habe ihm tatsächlich geglaubt, dass Cromdale House in Bälde über mir zusammenbrechen würde«, schloss ich bitter.
In dieser Nacht schlief ich nach langer Zeit wieder tief und traumlos und erwachte am Morgen erfrischt. Es hatte wieder zu schneien begonnen, und die Landschaft sah wie verzuckert aus. Ich befürchtete, dass James bei dem Wetter nicht kommen würde. Aber ich hatte mir gerade die zweite Tasse Kaffee eingeschenkt, als ich Hufgetrappel hörte. Gleich darauf stürmte James in die Halle, über und über mit Schnee bedeckt.
»Jetzt wird es wohl endgültig Winter«, sagte er und schüttelte sich. »Hast du auch noch eine Tasse für mich? Ich bin auf dem Weg nach Grantown, wollte dir nur kurz einen guten Morgen wünschen.«
Ich bat ihn ins Esszimmer und bot ihm von den Eiern und dem knusprigen Speck an, was er dankend ablehnte.
»Ich habe bereits zu Hause gefrühstückt, zusammen mit Carla, die zum ersten Mal heruntergekommen ist. Sie ist beinahe wieder gesund. Nur hier ...«, er legte eine Hand auf sein Herz, »schmerzt es noch immer. Nun, manchmal kann ich meine Schwester verstehen.«
James hielt den Kopf abgewandt, ich konnte seine Augen nicht sehen. Am liebsten wäre ich zu ihm gegangen, hätte ihn umarmt und ihm gesagt, dass ich ihn mochte und seine Frau werden wolle. Aber das durfte ich nicht tun! Mitleid war keine gute Basis für eine Ehe.
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