Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
Ohren nach, und mir wurde mit einem Schlag klar, dass es die MacGinnys nicht bedauern würden, sollte mir tatsächlich etwas zustoßen. Ich war definitiv die Letzte aus dem Geschlecht der MacHardys. Glenda hatte von der ersten Sekunde an keinen Hehl daraus gemacht, dass sie mich zum Teufel wünschte. Und Harrison? Eigentlich war er mir recht freundlich begegnet. Was hatte ich denn erwartet? Dass ich mit offenen Armen aufgenommen und umhegt werden würde? Ich lachte bitter auf. Obwohl Cromdale House dringend einiger Reparaturen bedurfte, stellte es bestimmt einen gewissen Wert dar. Einen Wert, mit dem die MacGinnys seit dem Tod meines Großvaters sicher gerechnet hatten. Plötzlich tauchte eine fremde Frau auf – noch dazu eine Engländerin! – und sagte: »Guten Tag, ich bin jetzt die Herrin des Schlosses!« In welchem Verhältnis hatte Glenda zu Fitzroy gestanden? Hatte mein Großvater ihr tatsächlich irgendwelche Versprechungen gemacht? Obwohl ich am vergangenen Tag nur wenige Stunden mit ihr gesprochen hatte, machte sie auf mich nicht den Eindruck einer Frau, die kampflos auf etwas verzichten würde. Zumindest nicht, wenn sie der Meinung war, dass es ihr zustand. Und Harrison? Er war groß und stark. Ohne Zweifel eine beeindruckende Persönlichkeit. Das hatte ich bereits in Inverness festgestellt. Seinem Äußeren nach perfekt als Herr über einen großen Besitz geeignet. Was würde geschehen, wenn mir etwas zustieße? Wer würde mich vermissen? Madam Mellyn? Sicher nicht, ebenso wenig Kitty oder Schwester Agnes. Mr. Grampson war zwar Anwalt, doch wie leicht konnten hier im schottischen Hochland bedauerliche Unfälle geschehen?
Obwohl ich ein warmes Plaid um die Schultern trug, fror es mich plötzlich, und meine Zähne schlugen klappernd zusammen. »Sie könnten stürzen und sich das Genick brechen ...«
In diesem Moment wünschte ich, so weit wie möglich von Cromdale House entfernt zu sein.
3. KAPITEL
Außer Glenda und Rosie gab es kein weiteres Personal in Cromdale House. Natürlich noch Harrison, aber es fiel mir schwer, ihn zum Kreis der Domestiken zu zählen. Nach der unerfreulichen Begegnung in der Galerie beschloss ich am kommenden Tag, die Burg erneut näher zu erkunden. Dieses Mal nahm ich vorsorglich eine Petroleumlampe mit, die ich in einem Nebenraum der Halle gefunden hatte. Außer diesen Lampen, Kerzen und einigen altmodischen Talglichtern gab es keine weiteren Beleuchtungsquellen im Haus. Mit einem Anflug von Wehmut dachte ich Madam Mellyns Salon. Sie verfügte in allen Räumen über das praktische Gaslicht, welches offenbar noch nicht den Weg ins schottische Hochland gefunden hatte. Aber die Verhältnisse hier in Schottland konnte man in keinem Bereich mit denen der Hauptstadt gleichsetzen.
Die Halle und zwei weitere im Erdgeschoss liegende Räume hatte ich bereits kennen gelernt. In dem einen lagerte allerhand Gerümpel, der andere war bis auf einen wuchtigen Tisch und sechs Stühle leer. Überall lag der Staub fingerdick, die Vorhänge waren verschlissen. Dennoch strahlte die Holztäfelung Wärme aus, was man von den Steinwänden der Halle nicht behaupten konnte. Spontan entschloss ich mich, diesen Raum künftig als Speisezimmer zu nutzen. Mit einem Feuer im Kamin und ein paar Kerzen bot er sicher eine heimelige Atmosphäre. Allerdings musste er zuerst gründlich geputzt werden. Ich suchte und fand Rosie und bat sie, heißes Wasser zu bereiten. Eine halbe Stunde später rutschte ich Seite an Seite mit dem Mädchen auf den Knien über die alten Holzbohlen, um diese von jahrealtem Schmutz zu befreien.
»Was in aller Welt tun Sie da?«
Ich richtete mich auf und blickte direkt in die entsetzten Augen von Glenda MacGinny.
»Ich versuche, diesen Raum bewohnbar zu machen«, antwortete ich kühl.
Ihre Lippen kräuselten sich ironisch.
»Wenn Sie damit andeuten möchten, dass es die angebliche Herrin nötig hat, selbst über den Boden zu robben, weil die Haushälterin ihre Pflichten vernachlässigt ...«
»Mrs. MacGinny! Das habe ich nicht gesagt!«, unterbrach ich sie. »Ich sehe ein, dass zwei Frauen unmöglich die ganze Arbeit hier schaffen können. Und ich bin mir nicht zu schade, selbst Hand anzulegen. Ich bin an harte Arbeit gewöhnt. Ich möchte das Speisezimmer hier einrichten, denn die Halle ist kalt und zugig.«
»Ach?« Verächtlich legte Glenda den Kopf schief. »Wie ich sehe, sind Sie schon ganz in Ihre Rolle als Herrin geschlüpft und fleißig dabei, Veränderungen im Haus
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