Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
vorzunehmen.« Ihre Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass sie nicht bereit war, mich in dieser Position anzuerkennen. Ich konnte nur hoffen, dass Mr. Grampson recht bald eintreffen und der Sache ein Ende machen würde. Bis dahin würde mein angeborenes Harmoniebedürfnis dafür sorgen, mit den MacGinnys auf einer für beide Seiten erträglichen Basis zu verkehren. Glenda nahm mir den Putzlappen aus der Hand. »Ich werde mich darum kümmern. Sie haben sicherlich wichtigere Dinge zu erledigen.«
Das hatte ich keineswegs, und Glenda wusste das. Dennoch dankte ich ihr mit einem Kopfnicken und verließ den Raum. Ich war für die Position einer Burgherrin weder geboren noch erzogen worden, aber ich wusste, wenn ich Glenda gegenüber mein Gesicht wahren wollte, dann musste ich so schnell wie möglich alles lernen, was meiner Rolle angemessen war. Mit einem tiefen Seufzer wandte ich mich in Richtung Treppe und überlegte, womit ich mir den Rest des Tages vertreiben sollte. Harrison MacGinny trat so leise und überraschend aus einer dunklen Nische vor mich, dass ich erschrocken aufschrie. Seine eisblauen Augen funkelten belustigt.
»Sie sollten weniger schreckhaft werden, Mylady!« Er sprach die Anrede derart spöttisch aus, dass ich merkte, wie wenig ernst er mich nahm. »Wenn Sie daran denken, länger in Cromdale zu verweilen, dann werden Sie früher oder später dem Geist der Burg begegnen. Dafür sollten Sie gewappnet sein.«
»Geist?« Ich runzelte die Stirn. »Sie wollen mir nicht weismachen, dass es hier spukt.«
»Natürlich haben wir ein Gespenst! Ein sehr altes sogar. Jedes schottische Schloss, das etwas auf sich hält, beherbergt einen eigenen Geist.«
Ich lachte befreit auf. Natürlich glaubte ich ihm kein Wort, zumal mir sein Blick sagte, dass die Worte nicht ernst gemeint waren. Trotzdem fragte ich interessiert und auf seinen Tonfall eingehend:
»Vielleicht wären Sie so freundlich, mir mehr über die Dame oder den Mann zu erzählen? Man möchte schließlich wissen, mit wem man unter einem Dach lebt.«
Nun funkelten seine Augen wie ein glasklarer Bergsee, und beim Lachen entblößte er zwei Reihen makelloser weißer Zähne. Ich konnte mich eines Anflugs von Sympathie für Harrison MacGinny nicht erwehren. Als er nach meinem linken Ellbogen griff, trat ich nicht zurück, denn die kaum spürbare Berührung löste wiederum ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit in meinem Körper aus. Harrison MacGinny war ein Mann, in dessen Gegenwart man sich beschützt und sicher fühlte.
»Kommen Sie! Am besten erzähle ich Ihnen die Geschichte in dem Zimmer, in dem die unglückliche Lady Mabel einen schrecklichen Tod erleiden musste.«
Er führte mich über die Wendeltreppe in den östlichen Turm in ein kleines Zimmer hinauf, das bis auf eine alte Truhe leer und schmutzig war. In der folgenden Stunde erfuhr ich, dass vor etwa dreihundert Jahren die wunderschöne und zarte Mabel MacHardy über ein Jahr lang hier eingesperrt worden war. Gefangen von ihrem eigenen Vater, weil sie sich weigerte, den ihr von den Eltern zugedachten Mann zu ehelichen. In Wahrheit gehörte ihr Herz einem einfachen Wanderschuster, der ihr natürlich nicht ebenbürtig war.
»Der Clan hätte einer solchen Verbindung niemals zugestimmt. Als der Vater erkannte, dass seine Tochter ihr Herz niemals von dem jungen Burschen abwenden würde, ließ er ihn kurzerhand ermorden, brachte Mabel seine Leiche und warf sie ihr vor die Füße.«
»Das ist ja barbarisch!«
Harrison lächelte. »Für damalige Zeiten nicht sonderlich. In Schottland herrschten eigene Gesetze. Die Clanoberhäupter hatten mehr Macht als der König selbst. Sie bestimmten über Leben und Tod, über Recht und Unrecht und hielten eigene Gerichtstage ab. Wenn jemand ihre Pläne zu durchkreuzen versuchte, wurde dieser kurzerhand aus dem Weg geräumt.«
»Wie ging es weiter?«, fragte ich ungeduldig. Auch wenn ich den Wahrheitsgehalt der Geschichte gering einschätzte, so hatte sie doch mein Interesse geweckt.
»Nach dem Tod ihres Geliebten weigerte sich Lady Mabel erst recht, einem anderen die Hand zu reichen. Dennoch wurde ein Hochzeitstermin vereinbart und versucht, das Mädchen mit täglichen Schlägen dazu zu zwingen. Irgendwann gab sie scheinbar nach, aber am Morgen ihres Hochzeitstages fand man sie erhängt in diesem Zimmer. Seitdem geht die unglückliche Seele von Mabel in Cromdale House um und sucht nach dem geliebten Burschen. Da dieser von Mabels Vater nicht in geweihter Erde begraben,
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