Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
– bitte! Ich würde ihn nicht anflehen, mich mitzunehmen! Vielleicht wäre ihm Violets Begleitung lieber? Der Stachel in meinem Herz bohrte sich tiefer und tiefer, und ich konnte nichts tun um ihn herauszuziehen. Jetzt aber war ich in sein Zimmer gekommen, denn ich wollte mich von ihm nicht in Missstimmung trennen.
»Ich verstehe nicht, warum du nicht mit der Eisenbahn fährst. Es ist doch weitaus bequemer, und du erreichst die Stadt ausgeruhter als nach dem tagelangen Ritt.«
Harrison hob den Kopf, das Blau seiner Iris schimmerte wie der Himmel an einem strahlenden Sommertag.
»Wie du selbst von deiner Reise hierher weißt, braucht der Zug von Inverness nach Edinburgh viel zu lange. Zudem müsste ich erst nach Norden reiten, mein Ziel liegt jedoch im Süden. Nein, Diavolo wird der Ausflug auch gut tun. Wenn es keinen starken Regen gibt, werden wir wohl die Stadt in zwei, drei Tagen erreichen.«
Ich wusste, dass Harrison ungefähr zehn Tage fortbleiben würde, über eine Woche, die ich allein mit Violet und Glenda verbringen musste! Der Gedanke daran behagte mir nicht sonderlich, und wieder schwappte eine Welle der Übelkeit meine Kehle herauf. Seit einigen Tagen kehrte das Gefühl in regelmäßigen Abständen wieder. Unwillkürlich stöhnte ich auf und presste beide Hände auf meinen Magen.
»Was ist mir dir, Lucille?« Es tat gut, Harrisons starken Arm um die Schultern zu spüren und seine besorgte Stimme zu hören. »Fühlst du dich nicht wohl?«
»Mir ist seit Tagen übel«, antwortete ich und wartete, bis sich auch der Schwindel, den ich plötzlich verspürte, wieder legte.
»Warum hast du mir nichts davon gesagt?«, fragte Harrison vorwurfsvoll.
»Ich wollte dich nicht beunruhigen. Bestimmt habe ich mir nur den Magen verdorben.«
»Hm ...« Harrison führte mich vorsichtig zum Bett. Ich protestierte, als er mich auf die Decke drückte, mir die Schuhe auszog und meine Beine fürsorglich zudeckte.
»Ich bin nicht krank ...«
In diesem Moment wurde mir erneut so übel, dass ich verzweifelt nach meinem Taschentuch kramte. Dankbar griff ich nach Harrisons Tuch, das er mir reichte. Es war dem ähnlich, das ich in der Mühle gefunden hatte. Bei dem Gedanken daran fühlte ich mich noch schlechter.
»Ich werde nach Dr. Craig schicken«, sagte Harrison besorgt und legte seine Hand auf meine Stirn. »Fieber hast du offenbar keines. Vielleicht ist es besser, wenn ich die Reise verschiebe. Oder jemand anders mit den Papieren in die Stadt schicke ...«
»Nein, auf keinen Fall!« Mühsam richtete ich mich auf. »Keiner kennt sich so gut wie du damit aus. Gleich geht es mir wieder besser, so war es in den vergangenen Tagen auch.«
Plötzlich veränderte sich Harrisons Gesichtsausdruck. Wo vorher noch Sorge gestanden hatte, konnte ich jetzt ungläubiges Staunen lesen.
»Lucille ... Liebes ... könnte es sein, dass du ...«
Nie zuvor hatte ich Harrison dermaßen verlegen gesehen. Ich wusste, was er andeutete, auch mir war der Verdacht bereits gekommen. Verlegen schloss ich die Augen.
»Es könnte sein, aber es ist noch viel zu früh, um es mit Sicherheit sagen zu können.«
Vorsichtig, als sei ich aus kostbarem Porzellan, nahm mich Harrison in den Arm. Seit Wochen hatte es eine solche Zärtlichkeit nicht mehr zwischen uns gegeben.
»Wir müssen so schnell wie möglich heiraten! Sobald ich zurück bin, sprechen wir mit dem Reverend. Er kann die Trauung sicher vorziehen.«
»Harrison«, mahnte ich ihn. »Es ist gar nicht sicher, dass ich ein Kind unter dem Herzen trage. Lass uns abwarten. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dann wird man Anfang Dezember noch nichts sehen. Und dich kümmert es bestimmt nicht, wenn dein Kind sieben Monate nach der Heirat zur Welt kommt.«
Er lachte.
»Du hast Recht, meine Liebe. Ach, dass ich ausgerechnet jetzt verreisen muss. Du musst mir versprechen, dich zu schonen.«
Ich versprach es ihm, außerdem war mir viel zu elend zumute, um irgendwelche anstrengenden Aktivitäten in Betracht zu ziehen. Bevor Harrison nach unten ging, um sich von seiner Mutter zu verabschieden, nahm er mich noch einmal fest in den Arm.
»Was mir gerade einfällt, Lucille, vielleicht sagst du Violet nichts von deiner ... ähem ... kleinen Unpässlichkeit. Ich meine nur, solange du dir nicht ganz sicher bist.«
Ich nickte. Tatsächlich verspürte ich nicht die geringste Lust, mit Violet etwas zu teilen, was mir selbst noch so unfassbar erschien. Wenn es so wäre, würde sie es noch früh genug erfahren.
Harrison öffnete
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