Der Schatz in den Highlands: Eine Liebesgeschichte im Schottland des 19. Jahrhunderts (Love and Passion) (German Edition)
an mein Bett, nahm meinen Arm und fühlte den Puls.
»Sie dürfen sich jetzt nicht aufregen und sollten schlafen.«
»Schlafen! Wie soll ich jetzt schlafen können? Ich werde verdächtigt, mein Kind getötet zu haben! Was ist eigentlich genau geschehen?«
In Mrs. Craigs Augen trat ein Schimmer von Zweifel.
»Es gibt verschiedene Kräuter, die, in einem richtigen Mischungsverhältnis eingenommen, den weiblichen Zyklus auslösen, auch wenn längst eine Schwangerschaft besteht. Dabei kann es zu so heftigen Blutungen kommen, dass eine Frau stirbt. Bei Ihnen wäre es beinahe geschehen, denn Sie haben sehr viel Blut verloren.«
Kräuter? Grübelnd zog ich die Unterlippe zwischen die Zähne.
»Sie haben also nichts eingenommen?«, fragte Dr. Craig. »Ich kann eine Abtreibung unter keinen Umständen mit meinem ärztlichen Eid vereinbaren.«
Heftig schüttelte ich den Kopf.
»Ich fühlte mich seit Wochen nicht mehr wohl. Mir war ständig übel und schwindelig, die starken Kopfschmerzen traten allerdings erst heute auf. Kann es sich nicht auch um eine andere Krankheit handeln?«
Der Arzt zuckte mit den Schultern.
»Ich denke nicht. Die Symptome sind eindeutig, ich habe sie schon oft gesehen. Aber meistens sind es junge, einfältige Mädchen, die in irgendeinem Heuschober verführt worden sind. Natürlich steht dann der ehrenwerte Herr nicht zu den Konsequenzen, und die armen Mädchen versuchen, die Früchte des Fehltritts wieder loszuwerden. Bei der alten Baldwin, die bedauerlicherweise wieder aufgetaucht ist, bekommt man alles, was dazu nötig ist.«
Ich versuchte, ruhig zu atmen und mein pochendes Herz zu beruhigen.
»Könnte jemand anderer mir diese Kräuter verabreicht haben?«
Mrs. Craig zuckte erschrocken zusammen.
»Aber meine Liebe, was für ein schrecklicher Verdacht! Wer würde Ihnen so etwas Schreckliches antun?«
Da fallen mir auf Anhieb zwei Personen ein, dachte ich bitter.
»Nun, es ist nicht so abwegig, wie man denken mag«, mischte sich der Arzt ein. »Normalerweise schmeckt der Trank bitter und auch etwas säuerlich. Wenn man ihn aber unter das Essen mischt ...«
Erschöpft ließ ich mich in die Kissen fallen und schloss die Augen. Da ich selbst mit hundertprozentiger Sicherheit wusste, dass ich nichts Ungewöhnliches gegessen oder getrunken hatte, blieb keine andere Möglichkeit, als in Betracht zu ziehen, dass jemand versucht hatte, mich und mein ungeborenes Kind zu töten. Bei dem Kind war es gelungen, bei mir beinahe.
Die Craigs verließen mich, nicht ohne dass Mrs. Craig versprach, am nächsten Tag wiederzukommen. Die akute Gefahr war zwar vorbei, aber mein Körper war geschwächt, und sie riet mir, viel zu schlafen und nur leichte Speisen zu essen.
Schlafen! Wie sollte ich Schlaf finden können, wenn mir jemand nach dem Leben trachtete. Trocken schluchzte ich auf und hätte gerne geweint. Geweint um den Verlust eines Kindes, das sterben musste, bevor es Gelegenheit bekommen hatte, geboren zu werden.
»Harrison! Wo bist du?«, flüsterte ich in die Stille meines Zimmers. Durch die Scheiben erkannte ich, dass es stetig weitergeschneit hatte, so dass die ganze Landschaft wie mit einem Leichentuch bedeckt aussah. Ein Leichentuch, das sich beinahe auch über meinen Körper gebreitet hätte. Harrison konnte unmöglich in den nächsten Tagen nach Cromdale kommen, dabei hätte ich ihn so sehr gebraucht!
So schnell, wie die Beschwerden gekommen waren, so schnell verschwanden sie auch wieder. Natürlich fühlte ich mich durch den hohen Blutverlust geschwächt, und meine Haut war blass und durchscheinend. Mrs. Craig schaute täglich nach mir und wies Glenda an, mir jeden Tag eine kräftige Hühnersuppe, angereichert mit Karotten und Weißkohl, zu kochen. Ich aß die Suppe brav und trank dazu sogar ein Glas Rotwein.
»Der Wein ist gut, wenn man viel Blut verloren hat«, sagte Mrs. Craig. Ich dankte ihr und meinte, dass es bei dem Wetter doch recht beschwerlich sei, täglich nach Cromdale zu kommen.
»Das macht mir nichts aus, meine Liebe. Meine Stute ist ein gesundes junges Tier, das mich sicher durch den Schnee trägt.«
Leider hatte sich das Wetter noch immer nicht geändert, und die Kälte kroch durch das alte Mauerwerk. Die Fenster im Speisezimmer waren jedoch dicht, und im Kamin brannte ein großes Feuer, so dass ich jetzt täglich ein paar Stunden mein Zimmer verließ und nach unten ging. Violet ließ sich nicht davon abhalten, jeden Morgen auszureiten. Ihr machten der Schnee und die Kälte nichts aus.
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