Der Schatz in der Drachenhöhle
groggy, daß sie locker bis Mittag schlafen
können.
Er zog seine Badehose an und tauchte
kurz ins Wasser. Dann trieb Neugier ihn landeinwärts. Hinter den Büschen
standen Fichten wie ein Wall. Grenzten sie eine Straße ab? Er hörte keinen
Verkehrslärm. Immerhin — dort schien ein freies Gelände zu liegen.
Er zwängte sich durch die Büsche.
Staunend blieb er unter den Fichten stehen. Vor ihm lag ein prachtvoller Rasen,
auf dem Steinfiguren standen: allerlei Engel mit bemoosten Bäuchen, Nixen und
ein grinsender Neptun (römischer Gott des Meeres). Zu beiden Seiten
wurde der mindestens 100 Meter breite Rasen von stabilen Zäunen begrenzt. Nur
zum Wasser hin, das eine natürliche Grenze bildete, hatte der Grundstückseigner
auf Umzäunung verzichtet.
Die Villa, keine 50 Schritt entfernt,
badete im Sonnenlicht. Sie hatte grüne Fensterläden, eine Terrasse mit bunten
Gartenmöbeln, Blumenkästen vor den Fenstern und einen offenen Außenkamin. Auf
der Hollywoodschaukel lag eine Decke.
Du meine Güte! dachte Tarzan. Wir sind
auf Privatgrund und haben nichts davon gemerkt. Kein Wunder, wenn jemand Haus
und Garten so hinter Bäumen versteckt. Den Bewohnern ist es sicherlich lästig,
wenn alle vorbeifahrenden Schiffer herüber glotzen.
Er wollte sich zurückziehen, spürte
aber eine Bewegung neben dem linken Knie.
Oskar stieß ihn mit der Nase an und
wedelte freundlich zur Begrüßung.
Tarzan streichelte ihn. „Ist das
Frauchen schon wach? Oder bis du allein aus dem Zelt gekrochen?“
Er lauschte. Aber beim Rastplatz war
immer noch schläfrige Stille.
Plötzlich reckte Oskar den Kopf. Dann
sauste er wie eine Rakete zum Haus.
Peinlich berührt sah Tarzan: Eine Frau
war auf die Terrasse getreten. Und zwar, um ihren Hund — einen lohfarbigen
Cockerspaniel — gassi zu lassen. Oskars Art- und Rassegenosse hatte den
schwarzweißen Eindringling schneller als sein Frauchen entdeckt und führte sich
als Wachhund auf, indem er ihm laut kläffend entgegenrannte. Aber das war nur
Bluff (Täuschung). Denn kaum hatten die beiden sich beschnuppert, als
sie auch schon übermütig zu spielen begannen: indem sie aneinander hochsprangen
und sich mit den Vorderpfoten umarmten.
„Trixi!“ rief die Frau besorgt.
Aber Trixi, eine entzückende Hündin,
hatte nur noch Nase für Oskar.
Die Frau blickte zu Tarzan her. Ihre
Haltung drückte aus, daß sie bereit war, sich jederzeit ins Haus zu flüchten.
„Unser Hund ist brav!“ rief Tarzan und
ging langsam näher.
Die Frau war schlank, blond und noch
nicht dreißig. Sie trug einen violetten Morgenmantel und Pantoffeln mit Pompons (bauschige Quaste). Offenbar hatte sie gerade das Bett verlassen, weil
Trixi mal mußte.
Mit freundlichem Lächeln blieb Tarzan
vor der Terrasse stehen.
„Guten Morgen! Bitte, entschuldigen
Sie, daß wir ungebeten auf Ihrem Grundstück sind. Aber wir — das sind außerdem
noch drei Freunde — fahren mit dem Kanu den Fluß hinunter. Heute nacht gegen
zwei haben wir einfach irgendwo angelegt und die Zelte aufgeschlagen, ohne zu
merken, wo wir sind. Ihr Haus habe ich eben erst entdeckt. Aber wir werden Sie
nicht stören. Wir paddeln gleich weiter.“
„Ach so!“ Sie schien erleichtert zu
sein. „Im ersten Moment glaubte ich, du wärst einer der Zigeuner. Eine ganze
Sippe, weißt du, hat sich hier tagelang rumgetrieben. Das heißt“, sie deutete
über den Fluß, „auf der anderen Seite. Gestern sind sie mit ihren Wohnwagen
weitergezogen. Gott sei Dank! Ich bin allein im Haus. Und ich hatte ein ungutes
Gefühl.“
Er lächelte. „Ich glaube, Zigeuner sind
nicht schlechter als andere Menschen. Nur weil sie Zigeuner sind, sollte man
sie nicht ablehnen.“
Die Frau nickte. „Grundsätzlich hast du
recht. Aus Voreingenommenheit entsteht meistens nur Böses. Aber während die
Sippe dort lagerte, häuften sich in der Gegend die Diebstähle und Einbrüche.
Ich sehe da schon einen Zusammenhang. Woher kommt ihr denn?“
Er berichtete, erwähnte auch, daß ihnen
eine feindliche Rockerbande auf den Fersen sei.
Als Anita Plessgen, so hieß sie, hörte,
auch ein Mädchen sei bei den Kanuten dabei, wurde sie zugänglich.
„Wenn ihr wollt“, sagte sie lächelnd, „lade
ich euch zum Frühstück ein. Hier auf der Terrasse. Das ist sicherlich bequemer,
als wenn ihr euch um euren Spirituskocher hockt.“
Tarzan bedankte sich. „Meine Freunde
werden begeistert sein. Aber vor unserem Willi muß ich Sie warnen. Er futtert
für drei.“
Sie lachte,
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