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Der Schatz von Blackhope Hall

Der Schatz von Blackhope Hall

Titel: Der Schatz von Blackhope Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Körper. Noch nie war sie geküsst worden, und die Wirklichkeit übertraf alles, was sie sich in ihren Tagträumen ausgemalt hatte.
    Immer leidenschaftlicher küsste er sie. Nach einer Weile hob sie die Hände. Was sie mit dieser Geste beabsichtigte, wusste sie nicht. Wie aus eigenem Antrieb berührten ihre Finger sein Jackett und umklammerten die Revers. Da umschlang er sie mit beiden Armen, zog sie an sich, und sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Voller Hingabe erwiderte sie seinen Kuss, von exquisiten Gefühlen erfasst. Schließlich trat er zurück, und ihre Füße sanken auf die Fersen hinab. Verwundert sah sie ihn an, und er wirkte ebenso überrascht wie sie. "Ich … ich …" Um Worte verlegen, ballte er die Hände. "Verzeih mir. Das hätte ich nicht tun dürfen."
    Dagegen wollte sie protestieren und versichern, der Kuss sei eine reine Freude gewesen. In letzter Sekunde riss sie sich jedoch zusammen. So etwas auszusprechen wäre furchtbar undamenhaft gewesen. Aber was sie soeben getan hatte, erschien ihr noch viel verwerflicher. Zweifellos hing es mit ihrer unkonventionellen Erziehung zusammen. "Nein, mach dir keine Sorgen. Es war … es war …"
    "Bitte, glaub nicht, ich hätte dich hierher geführt, um dir meine Avancen aufzuzwingen", fuhr er in förmlichem Ton fort. Inzwischen hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    "Natürlich nicht." Was sollte sie sonst noch sagen, ohne den Eindruck einer leichtfertigen Frau zu erwecken? Ihr Herz pochte immer noch viel zu heftig, und sie presste eine Hand auf ihre Brust.
    Reumütig musterte er ihr Gesicht. So verletzlich sah sie aus, während sie ihn mit ihren großen braunen Augen anstarrte, die Lippen noch feucht und gerötet von seinem Kuss. Jetzt kam er sich wie ein Schurke vor, weil er bedenkenlos über sie hergefallen war – trotzdem verspürte er erneut den Wunsch, sie zu umarmen und zu küssen. "Verzeih mir", wiederholte er schließlich und holte die Pferde.
    Er befestigte den Korb an seinem Sattelgurt. Dann half er Olivia, auf die Stute zu steigen. Dabei taten beide ihr Bestes, um vorzugeben, die unvermeidliche Berührung würde nicht existieren. Auf dem Rückweg wechselten sie nur wenige belanglose Worte. Olivia erkundigte sich, wie dieser oder jener Baum hieß. Und Stephen zeigte ihr eine niedrige Steinmauer, die angeblich schon vor den Zeiten Williams des Eroberers hier gestanden hatte.
    Wieder in Blackhope, dankte sie ihm höflich und eilte sofort in ihr Zimmer hinauf. Inzwischen neigte sich der Nachmittag dem Ende zu, und sie beschloss, ein Bad zu nehmen und sich auf das Dinner vorzubereiten. Sie wusch ihr Haar und entwirrte die feuchten Strähnen mit einem Kamm. Dann saß sie vor dem Kaminfeuer und bürstete die langen Locken. Als sie fast trocken waren, legte sie sich aufs Bett.
    Träumerisch erinnerte sie sich an den Nachmittag, an Stephens Kuss. Bereute er, was er getan hatte? Noch wichtiger – würde es noch einmal geschehen?
    Während sie die Flammen im Kamin beobachtete, schien sich das Licht zu verdunkeln. Auf subtile Weise veränderte sich der Raum.
     
    Vor dem Kamin, auf getrockneten Binsen, lag ein dicker Teppich, der viel kleiner als der eigentliche zu sein schien und ein intensiveres Rot aufwies. Auch der Kamin war anders, aus großen Steinblöcken, die Öffnung wirkte größer, und das Feuer loderte höher empor, verbreitete dichteren Rauch. Der Sessel, in dem Olivia eben noch gesessen hatte, um ihr Haar zu trocknen, war verschwunden, ebenso der niedrige dekorative Mahagonitisch. Neben dem Teppich stand ein wuchtiger hölzerner Stuhl.
    Vor den Flammen saß eine Frau am Boden, die Knie angezogen, und strich mit einer Bürste durch ihr langes blondes Haar, das im Widerschein der Flammen golden glänzte. Die Anwesenheit einer Fremden in diesem Zimmer müsste Olivia beunruhigen, doch sie empfand keine Angst, nur Verblüffung und – Neugier.
    Sie starrte die Frau an, die ihre Nähe nicht wahrzunehmen schien. Rhythmisch bürstete sie ihr Haar und summte eine Melodie vor sich hin. Sie war hübsch, mit hohen Wangenknochen und einem aparten Grübchen im Kinn. Im Halbdunkel konnte Olivia die Farbe der Augen nicht erkennen. Jedenfalls wirkten sie hell. Die Frau trug lederne Pantoffeln und eine lange blaue Tunika über einem beigen Kleid, das sich im Ausschnitt und in den weiten Ärmellöchern zeigte. An diesen war das Unterkleid festgebunden, und seine weiten Ärmel reichten bis zu den Handgelenken. Knapp über den Hüften umschlang ein goldener

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