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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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vor dir siehst, ist
das letzte Exemplar einer fast ausgestorbenen Spezies, die aufgehört
hat, sich zu vermehren, weil sie sich nicht selber vögeln kann.«
    »Dan, sie ist fort. Endgültig. Sie hat Gibio den Schlüssel zu
ihrem Keuschheitsgürtel gegeben, er hat ihr dafür den Schlüssel zu
seiner Schatzkammer gegeben, und jetzt sitzt sie an einem massiv
goldenen Schreibtisch und zählt ihre Millionen. Aber im Grunde ist sie
doch schon seit langem fort, das weißt du genau. Du hast das
Unerträgliche getragen, und jetzt ist dir sogar das Unerträgliche
genommen worden. Deshalb hast du mit dieser Ersatzgeißelung angefangen
und trinkst dich in diesem stinkenden Loch um den Verstand. Aber es ist
tatsächlich nichts als Ersatz. Es gibt nichts, was jener exquisiten
Scheiße gleichkäme, in der du dich mit Natalie gesuhlt hast. Mit Ersatz
sollte man sich nicht zufriedengeben. Vielleicht solltest du dich daran
gewöhnen, an anderen Dingen Freude zu haben. Vielleicht solltest du um
einhundertachtzig Grad kehrtmachen und mal eine Frau nehmen, die dich
mag und dich nicht bei jeder Gelegenheit betrügt und erniedrigt.«
    Dan nahm die Flasche, aus der er getrunken hatte, und warf sie
nach mir. Sie landete weit vom Ziel entfernt hinter mir an der Wand und
fiel, seltsamerweise ohne zu zerbrechen, auf den Boden.
    Er hatte recht. Jeder Mensch sollte seine Wunden lecken
dürfen, wie es ihm paßt, und ohne Einmischung seitens anderer
Wundenlecker.
    Ich schloß die Läden und Fenster und ging.
    An diesem Abend überlegten Julietta und ich
sehr lange, wo wir die Mussolini-Dokumente verstecken sollten, bis
Julietta schließlich die Lösung fand. Sie holte eine leuchtendbunte
marokkanische Weste hervor, zu der, wie sie erklärte, weit auslaufende
Hosen gehörten. Die Weste war dick gefüttert und steif wie die Jacke
eines Toreros, so daß Julietta, nachdem sie den Saum aufgetrennt und
einen Teil des Futters herausgeholt hatte, die Briefe und Dokumente an
Stelle des herausgenommenen Materials hineinstecken konnte. Sie war
sehr geschickt dabei, und als sie die Weste anschließend beim
Abendessen trug, war nicht zu sehen, daß dieses Kleidungsstück etwas so
Wertvolles enthielt.
    Wir aßen allein. Der Haushälterin hatten wir für den Abend
frei gegeben, und Julietta hatte selbst gekocht. Es gab Hühnerbrust und
frischen Spargel mit Sauce Hollandaise. Wir aßen bei Kerzenlicht an
einem Tischchen auf der Veranda und hatten beinahe das Gefühl,
verheiratet zu sein, das Gefühl, dies sei unser Haus und die Kinder
lägen oben in den Betten.
    Wir hatten jetzt drei Nächte hintereinander zusammen in einem
Bett geschlafen, allerdings unter den sonderbarsten Umständen: zuerst
bei dem Gewitter in Bellagio, dann nach meiner Beichte in Mailand und
in der vergangenen Nacht hier in der Villa, als wir, zerkratzt und
zerschunden, die ganze Nacht in unseren Kleidern auf dem Bett gelegen
hatten. Doch gleichgültig, wie es zustande gekommen war, es waren drei
aufeinanderfolgende Nächte gewesen. Heute aber, nach Juliettas scheuem
Bekenntnis am Abend zuvor, fragte ich mich, ob es wohl eine vierte
Nacht geben würde, denn heute gab es weder ein Trauma noch eine Krise,
die uns zusammenführen konnten. Ich sehnte mich verzweifelt danach, sie
in meinen Armen zu halten. Sie hatte gesagt, es mache ihr nichts aus.
Mir machte es aber ungeheuer viel aus, ich wollte meine Illusionen über
uns nähren, sie weiterführen. Wieder eine Illusion. Julietta war
während des Essens zurückhaltend, vielleicht sogar abgelenkt, und als
wir hinauf gingen, half sie mir bis an meine Tür, ließ mich dann aber
auf einmal stehen und ging in ihr Zimmer hinüber.
    Ich zog mich aus, wusch mich und putzte mir die Zähne. Es war
sehr heiß und stickig im Zimmer, deswegen öffnete ich die Tür, um
Durchzug zu machen. Juliettas Tür war fest geschlossen. Ich überlegte,
ob ich nicht zu ihr hinübergehen sollte, aber ich brachte es einfach
nicht fertig. Später vielleicht. Ich zog den Bademantel aus, schlug die
Decke zurück und stieg ins Bett. Zuerst deckte ich mich noch mit dem
Laken zu, aber es war sogar dafür zu heiß. Ich überlegte, was wohl
geschähe, wenn ich über den Flur ginge, ohne anzuklopfen ihre Tür
öffnete und zu ihr ins Bett kröche. Nein, laß sie in Ruhe! Wenn sie
dich braucht, wenn sie … Wie war doch der Ausdruck, den sie
benutzte? Ach ja, trösten. Wenn sie getröstet werden will, wird sie
sich schon melden. Das ist deine Aufgabe, Paul: den Tröster zu

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