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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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nie recht gemocht, nie das
Gefühl gehabt, attraktiv zu sein, nie das Gefühl gehabt, ich sei
sinnlich oder sexy, aber er verwandelte mich ganz und gar, er weckte
mich, nicht nur im Bett, sondern überhaupt. Natürlich liebte ich ihn
sehr. Und er liebte mich.
    Ja. Nach einem Jahr verließ er dann seine Frau und zog mit mir
zusammen. Wir hatten eine winzige Wohnung, fünf Treppen hoch. Der
größte Teil meines Gehaltes ging an das Pflegeheim für meine Mutter,
und sein Gehalt gab er seiner Familie, deswegen waren wir sehr, sehr
arm, aber auch sehr, sehr glücklich in unserem Adlerhorst. Ich dachte
eigentlich gar nicht an Ehe, ich legte keinen besonderen Wert darauf.
Hauptsache, wir waren zusammen. Er jedoch wollte unbedingt heiraten. Er
war Italiener, seine Frau aber Schweizerin, und sie waren in Genf
protestantisch getraut worden. Daher war ihm eine Scheidung möglich.
Kompliziert, aber doch eben möglich.
    Die Anwälte arbeiteten über ein Jahr an dieser Scheidung.
Doch, wie gesagt, ich machte mir nicht viel Gedanken deswegen. Ich
überlegte, ob ich ihn heiraten wollte. Ja doch, ich wollte schon, aber
es hatte keine Eile damit. Ein Kind wollte ich jetzt noch nicht, und
außerdem bedrückte es mich auch ein wenig, daß er um achtzehn Jahre
älter war. Manchmal überlegte ich, wie alt er sein würde, wenn unsere
Kinder zehn, fünfzehn wären. Aber leben wollte ich immer mit ihm. Ich
weiß, das klingt verrückt, aber die Ehe bedeutete für mich ein echtes
Engagement, und seit dem Tod meines Vaters und dem großen Schmerz über
diesen Verlust hatte ich es mir angewöhnt, mich nicht mehr zu
engagieren, mich in sicherer Entfernung zu halten oder jedenfalls dort,
wo ich die Entfernung für sicher hielt. Das ist vermutlich der Grund,
warum ich es mit der Ehe nicht eilig hatte. Jedoch was unsere
Beziehungen zueinander anging, da war ich restlos engagiert. Wir hatten
so vieles gemeinsam, vor allem im Bett. Ich glaube nicht, daß du
verstehen kannst, was es für eine Frau bedeutet, wenn ein Teil von ihr
erst durch einen bestimmten Mann geboren wird. Dann ist dieser Mann
zugleich Vater und Kind dieser Geburt, denn er empfängt und wird
empfangen.
    Also, drei Jahre vergingen, die Scheidung wurde endlich
ausgesprochen. Das war im Herbst vor zwei Jahren. Ich hatte einen Brief
von einer Cousine bekommen, die in Mailand wohnte und nicht nur meine
Cousine ersten Grades, sondern auch gleichzeitig meine engste und beste
Freundin war. Meine einzige Freundin sogar. Als Lehrling in Mailand
hatte ich mit ihr zusammengewohnt, und als Kind hatte sie oft den
Sommer bei uns in Bellagio verbracht. Flora schrieb mir, sie wolle für
zwei Wochen nach Como kommen, und fragte, ob sie bei mir wohnen könne.
Sie wußte natürlich nicht, daß ich mit einem Mann zusammenlebte. Trotz
all unserer Vertrautheit gehörte sie schließlich zur Familie, und
deshalb brachte ich es einfach nicht fertig, ihr alles zu sagen. So
offen waren wir nun wieder nicht miteinander.
    Für diese zwei Wochen zog Pietro also in eine pensione . Wenn ich zurückblicke, dann glaube ich fast, er nahm es mir übel, daß
ich so tat, als lebe ich allein, und daß er ausziehen mußte. Ferner, so
erklärte er mir später, hatte sich ein tiefgehender Groll in ihm
angestaut – darüber, daß meine Begeisterung für eine Ehe mit
ihm nicht mit der Entwicklung des Scheidungsprozesses auf ein
glückliches Ende zu Schritt gehalten hatte. Jedenfalls, Flora
kam – Flora ist hübsch, lebhaft und zwei Jahre jünger als
ich –, und wir drei verbrachten, solange sie in Como blieb,
jeden Abend zusammen. Wir kamen wunderbar miteinander aus, aber als sie
wieder fort war – zu jenem Zeitpunkt brachte ich es allerdings
noch nicht mit ihrer Abreise in Verbindung –, war mein
Verhältnis zu Pietro nicht mehr ganz so wie früher, nicht mehr so eng,
so intensiv. Zweimal mußte er am Wochenende geschäftlich nach Verona,
einmal auch nach Venedig. Vorher hatte er niemals Reisen gemacht.
    Dann, eines Tages, ging ich zu ihm ins Büro, um ihm etwas zu
bringen. Er war nicht da, aber auf seinem Schreibtisch lag ein
Brief – offen. Er hatte ihn gelesen und in eine Ecke der
Schreibunterlage gesteckt. Ich las ihn. Es war ein Liebesbrief, der
Brief einer Frau, die sich sehr tief mit einem Mann eingelassen hat. Er
enthielt Anspielungen auf gewisse Freuden, die sie während eines
Wochenendes im Albergo di Due Torre in Verona miteinander geteilt
hatten, außerdem Passagen über mich, Schuldgefühle mir

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