Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
Vom Netzwerk:
Wohlfahrt ins Fee-Fee-Sanatorium bei
St. Louis geschickt. ›Lungenkrankheit‹, sagte man mir, ich nehme an, es
war Tuberkulose. Wir wohnten damals zu viert – ich hatte noch
einen jüngeren Bruder – in einem Zimmer im Hotel ›Deluxe‹,
einem heruntergekommenen Etablissement, das praktisch eine Absteige war
und im Keller ein Tanzlokal mit Taxigirls hatte. Mein Bruder, der
später im Koreakrieg fiel, wurde zu einer Tante nach Keokuk geschickt,
und ich blieb ganz allein in diesem Hotel, denn Vater kam nur ein oder
zwei Tage pro Monat von seinen Reisen nach Hause zurück. Er hatte ein
sogenanntes ›laufendes Konto‹, auf das seine Einnahmen kamen, und von
dem er das Geld für seine Spesen abhob. Er hatte natürlich niemals
genügend Einnahmen, um seine Ausgaben zu decken, aber er zog von Job zu
Job und blieb jedesmal nur so lange, bis er sein laufendes Konto
erschöpft hatte.
    Ich möchte hier keine lange Beschreibung meiner Elendsjahre
geben. Aber Sie sagen, daß Sie den Mann Paul Selwyn kennenlernen
wollen. Nicht nur das, was er sagt, daß er es tun werde, sondern das,
was er auch wirklich tun wird. Und ich glaube, sein Leben im Alter von
neun Jahren wird Ihnen am allerbesten zeigen, was er jetzt tun wird.
Also, dieses Hotelzimmer, das Leben ganz allein, die Mahlzeiten im
Beisel eines Griechen an der Ecke, mein Vater, der eine Musteruhr, die
ihm nicht gehörte, gegen eine Mahlzeit verhökerte, das Sitzen auf einem
drehbaren Barhocker vor der weißen Theke, vor mir ein Teller mit allem,
was Jimmy gerade loswerden wollte … Und nach der Schule
manchmal Kenneth, der Sohn des Hotelbesitzers, der mit seinem Gewehr zu
mir ins Zimmer kam, und dann schossen wir abwechselnd auf die
katzengroßen Ratten, die hinten, am Ende des mit schwarzer Schlacke
bedeckten Parkplatzes um die offenen Mülltonnen flitzten. Ich war ein
verdammt guter Schütze, damals.
    An jedem Sonntag, wenn ich mit der Creve-Coeur-Straßenbahn zu
meiner Mutter hinausfuhr, warnte sie mich vor den Sozialbeamten, die
vielleicht kommen und mich in ein Heim stecken würden, wenn sie
erfuhren, daß ich allein in dem Hotel lebte. Außerdem ermahnte sie
mich, die amtlichen Wohlfahrtsmarken, mit denen wir verbilligte
Lebensmittel bekamen, nicht mehr zu benutzen, weil das für mich ein zu
großes Risiko sei.«
    Ich hätte Gibio gern noch viel mehr erzählt, aber er war ein
Fremder für mich, und diese Demütigungen der Kindheit waren viel zu
persönlich. »Kommt Ihnen das logisch vor, Mr. Gibio – daß ich
Ihnen von meinem Vater und meiner Mutter erzähle, und davon, daß ich
mit neun Jahren allein in diesem Hotel leben mußte?«
    »Sie haben recht, das ist ein anderes Dossier. Ich glaube, es
hat eine gewisse Überzeugungskraft, aus solchen Verhältnissen zu kommen
und aufgrund dessen die Gier nach Besitz mitzubringen …«
    »Genau, Mr. Gibio. Glauben Sie mir, das überwiegt einfach
alles. Das ist es, genau das: die Gier nach Besitz. Ich habe nicht den
Wunsch, eine prominente Persönlichkeit zu sein, also das, was man
vielleicht als Machtgier bezeichnen könnte. Ich habe auch nicht den
Wunsch nach Zugehörigkeit – zu wem wohl? –, also die
Gier nach Freunden und so weiter. Nur diese Gier nach Besitz. Mehr
empfinde ich nicht. Ich bin besessen davon, von der Gier nach Besitz.
Das ist Ihre Garantie. Das College habe ich mit Hilfe von Stipendien
absolviert, ein Job bei der National Youth Association brachte mir
fünfzehn Dollar im Monat, von denen ich zwölf meiner Mutter gab. Und
als ich schließlich mein Jura-Examen bestanden hatte, wurde ich zehn
Tage später eingezogen. Das übrige wissen Sie.«
    »Also gut, Mr. Selwyn«, sagte Gibio, indem er aufstand und mir
seine Hand reichte, »wir sind im Geschäft.« Ich erhob mich ebenfalls,
und wir tauschten einen feierlichen Händedruck. »Ihnen das italienische
Visum zu besorgen ist Dans Angelegenheit, alles andere werde ich
übernehmen. Ich habe gute Verbindungen zum Kunstkollegium und werde für
Sie eine Vorladung wegen der archäologischen Lizenz arrangieren. Wenn
ich mich recht erinnere, wollen Sie sich um Ihre Papiere selber
kümmern – ich meine, um diejenigen, die, sagen wir mal
›kreiert‹ werden müssen. Ich werde den Lastwagen und alle anderen
notwendigen Dinge kaufen. Dafür brauche ich aber eine komplette Liste
und einen Finanzplan, der so vollständig sein sollte, wie es Ihnen zu
diesem Zeitpunkt möglich ist. Die Höhe meines Entgeltes hängt von dem
ab, was Sie finden. Ich bin vor allem

Weitere Kostenlose Bücher