Der Schatz von Dongo
einziges Mal. Dan gab eine Party, um
seinen Sieg über die finsteren Mächte von Recht und Gesetz zu feiern,
und ich stellte zu meiner Verlegenheit fest, daß ich aufgrund meiner
spontanen Theatervorstellung bei Gericht in den Augen von Dans Freunden
ein Held geworden war. Als Iris eintraf, in gelbem Kleid, gelben
Schuhen und wunderschön, brachte sie mir ein Päckchen mit. Es enthielt
meinen tausendjährigen Ablaßzettel, goldgerahmt und unter Glas. Sie war
sehr liebenswürdig und aufgeschlossen, und während ich mit ihr sprach,
begann Hoffnung in mir zu keimen. Durch ihr Parfüm erhielt unser
Gespräch eine noch intimere Note. Doch dann wurde sie von einem jungen
Mann mit langen Koteletten und Schiwago-Jackett abgeholt. Sowie er kam,
wandte sie sich von mir ab, ging auf ihn zu und küßte ihn voll auf den
Mund. Man sah sofort, daß zwischen den beiden alles stimmte. Er blieb
nur kurz, dann gingen sie.
Und diesmal suchte Iris mich nicht erst lange, um mir auf
Wiedersehen zu sagen.
Gibio verlor keine Zeit. Was ich anforderte,
wurde gekauft, sobald meine Listen eintrafen. Ich schickte sie nicht an
Gibio selbst – mit ihm persönlich hatte ich keinen weiteren
Kontakt sondern an einen gewissen Federico Amatelli, der eine Firma
namens ›International, Ltd.‹ leitete – ein zweifelsohne
passender Name für ein fiktives, anonymes Unternehmen.
Mein Auftritt vor dem Kollegium für Schöne Künste war kurz.
Die Mitglieder waren eindeutig zugunsten meines Antrags beeinflußt
worden. Nachdem ich zusammenfassend erklärt hatte, warum das
Zonico-Ufer ein zweites Sirmione zu werden verspräche, stellte der
Vorsitzende mir ein paar nichtssagende Fragen, und damit war der Fall
erledigt. Ich sollte nur noch bestimmte Formulare ausfüllen und gewisse
Dokumente vorlegen. Bedingung war allerdings, daß das Kollegium das
Vorkaufsrecht auf alle Ausgrabungen bekam. Im allgemeinen war
vorgesehen, daß sich die italienische Regierung und mein
Archäologenteam, die ›Associated Colleges Expedition‹ (ACE), Ertrag
oder Objekte jeweils zur Hälfte teilen sollten. Natürlich war dabei die
Rede von römischen Schätzen und nicht von denen Mussolinis.
Der einzige Vorteil, der mir persönlich aus Gibios
Finanzierung erwuchs, war der, daß ich ins Inghilterra zurückkehren
konnte, mit der Begründung, daß ich ein Telefon in meinem
Zimmer – diesmal mit Bad – benötigte.
Dan wurden, wie zu erwarten war, ziemliche Schwierigkeiten
gemacht, als er mir das Viermonatsvisum besorgen wollte, und selbst der
hohe Lirebetrag, den Gibio dafür zur Verfügung stellte, schien kaum zu
helfen. Doch Dan war durch jahrelange Erfahrung ein Meister der
römischen Verhandlungstaktik geworden und gab nicht nach. Er spielte
kreuz und quer den einen Beamten gegen den anderen aus, bis es ihm
schließlich gelungen war, den Korken aus dem bürokratischen
Flaschenhals zu ziehen.
Doch andere, unerreichbare Dokumente wurden gebraucht, und die
mußten einfach ›kreiert‹ werden. Ich betete, daß Giorgio noch unter der
Adresse in Neapel zu finden sein möge, die er mir gegeben hatte, als er
Santo Stefano verließ. Dan sagte zwar, er kenne einen recht guten
Fälscher, der als Keramiker getarnt in der Via Margutta lebe, doch
Giorgio war nicht nur ein großer Künstler in seinem Fach, sondern
darüber hinaus auch noch hundertprozentig zuverlässig, und das ist bei
Romanen ein äußerst selten zu findender Prozentsatz. Außerdem war er
herzlich und amüsant und mein Freund – ein Mensch, vor dem ich
mich nicht zu verstellen brauchte, ein Verbündeter, ein Kommilitone der
Alma Mater Santo Stefano. Und Giorgios Geschicklichkeit als Fälscher
kam nicht nur dem Zeichenbrett, sondern auch seiner Persönlichkeit
zugute.
Seine Phantasie, sein Talent, seine fröhliche Unverschämtheit
befähigten ihn, fast jede Maskerade durchzuhalten, und sein flinker
Verstand arbeitete ebenso gut, wenn Ungesetzliches gesetzlich
erscheinen sollte, wie seine Hände bei Taschenspieler- und Kartentricks.
Das Gefühl, daß die Dinge endlich ins Rollen
kamen, wirkte ermutigend. Eines Tages bekam ich sogar einen Anruf von
der Dabbers' Association mit dem Angebot, einen französischen
Schauspieler namens Belmondo zu synchronisieren, der mir völlig
unbekannt war, da keiner seiner Filme jemals in Santo Stefano gezeigt
worden war, und der in einem italienischen Film italienisch gesprochen
hatte.
Ich gab zu bedenken, daß sich meine Leierstimme noch nicht
gebessert habe, aber die Leute
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