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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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Gewiß, damit sind Risiken verbunden,
aber nicht so viele, daß sie mich abschrecken könnten. Mich könnte
überhaupt kein Risiko abschrecken, aber mit dir ist das etwas anderes.
In dir brennt nicht das Feuer, das in mir brennt. Ich kann nicht umkehren. Ich muß weitermachen. Wenn ich
nicht gekommen wäre, dann wärst du in all das gar nicht verwickelt
worden. Ich finde, du solltest nach Como zurückkehren. Ich werde mein
Bestes tun, den oder die Mörder zu finden, aber es hat überhaupt keinen
Sinn, daß du dich diesem Risiko auch noch aussetzt. Du mußt zurück.«
    Sie hatte meinen Schnürsenkel gelöst, die Lasche hervorgeholt,
und zog mir nun behutsam den Schuh vom Fuß. Ich spürte einen stechenden
Schmerz, aber nachdem der Druck fort war, tat der Fuß wesentlich
weniger weh.
    Im Badezimmer wusch sich Julietta das Blut von der Stirn. Als
sie zurückkam, brachte sie eine Schere mit und schnitt mir vorsichtig
den Socken herunter. Der Fuß war bis zum Knöchel blau und geschwollen.
Sie legte mir den Arm um die Taille und half mir, ins Bad
hinüberzuhumpeln. Dann ließ sie heißes Wasser in die Wanne, half mir
auf den Wannenrand, und ich steckte meinen Fuß in das dampfende Wasser.
    »Möchtest du wirklich, daß ich abreise?«
    »Für mich? Die Antwort kennst du. Aber in deinem eigenen
Interesse …«
    Sie hatte ihre zerrissenen Strümpfe ausgezogen. Jetzt setzte
sie sich neben mich auf die Wanne und steckte ihre zerkratzten Füße
neben den meinen ins Wasser.
    »Was hast du davon, wenn du hierbleibst?« gab ich zurück.
»Gefahr von einer Seite, die dich entweder durch einen vorgetäuschten
Mordversuch vertreiben oder dich tatsächlich umbringen will.
Wahrscheinlich ist, daß die Attacke heute abend im Grund nur mir galt,
und dir nur, weil du mit mir zusammen warst. Aber sie kann sich jeden
Augenblick wiederholen. Und wozu willst du dieses Risiko auf dich
nehmen? Für einen Mann, der dich begehrt, der aber nicht mit dir
schlafen kann, der nur mit dir schläft wie eine geschlechtslose
Bettdecke?«
    »Ist es dir schon einmal in den Sinn gekommen, daß ich
vielleicht gar nichts anderes will?«
    »Was redest du da?«
    Sie bückte sich und bewegte langsam mit ihrer Hand das Wasser
um meinen verletzten Fuß.
    »Ich bin neunundzwanzig. Ich lebe allein –
freiwillig, das kannst du mir glauben. Ich leugne nicht, daß es mir
sehr gut gefallen hat, wie du mich in den letzten beiden Nächten in den
Armen gehalten hast, wie wir gemeinsam geschlafen haben. Aber darüber
hinaus will ich nichts. Jetzt nicht mehr.« Sie hob meinen Fuß aus dem
Wasser, begutachtete ihn und stellte ihn vorsichtig wieder hinein. »Ich
meine, ich kann darüber nichts empfinden. Empfinden. Alles, was über das Umarmen, das Nebeneinanderschlafen hinausgeht, ist
in mir tot. Ich glaube, ich sollte es dir erzählen … Ich habe
es noch nie einem anderen Menschen erzählt, aber du bist so aufrichtig
mit mir gewesen …«
    »Ja. Bitte, erzähle es mir.«
    »Na ja, nicht alles, aber … Als ich von zu Hause
fortging, studierte ich in Florenz das Entwerfen von Stoffmustern und
ging dann als Lehrling nach Mailand. Die Arbeit war schwer und lang.
Damals war meine Mutter in einem Pflegeheim, und wir waren sehr arm.
Ich hatte einen Freund in Florenz und einen in Mailand, aber keiner
bedeutete mir viel. Sie wollten mich heiraten, aber sie kamen für mich
nicht in Frage. Mit vierundzwanzig ging ich dann zu Nuvola nach Como.
Dort lernte ich einen Mann kennen … Er war verheiratet, viel
älter als ich und lebte von seiner Frau praktisch getrennt. Vielleicht
war die Tatsache, daß er älter war …«
    »Um wieviel älter?«
    »Zweiundvierzig, also achtzehn Jahre älter. Wir waren wie zwei
Magnete. Von Anfang an. Wir sahen uns immer während der Woche, am
Wochenende aber besuchte er seine Frau und die Kinder, zwei Kinder.
Bevor er nach Como versetzt worden war, kurz vorher erst, waren sie
nach Mailand gezogen, und seine Familie wohnte noch immer dort. Der
springende Punkt für mich war, daß ich bei diesem Mann zum erstenmal in
meinem Leben reagieren konnte. Die beiden Männer, die ich schon erwähnt
habe, und ein paar andere – zu denen fühlte ich mich nie
richtig hingezogen. Ich hatte mich damit abgefunden, niemals die
richtige Liebe, die ganz tiefe Liebe kennenzulernen. Aber mit diesem
Mann … Er hat mich befreit, er schaffte es, daß ich alles
fühlte, was ich als Frau schon immer fühlen wollte. Aber noch nie
gefühlt hatte. Ich hatte mich, als Frau,

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