Der Schatz von Njinjo (German Edition)
erkennen, der kürzlich erst in Dar es Salaam an der Rezeption des Serena auf ihn gewartet hat und dem er danach noch einmal auf dem Parkplatz begegnete. An dessen Seite zwei uniformierte Polizisten, der Typ selbst in Zivil. Je länger Petermann sie beobachtet, desto relaxter ihr Gespräch. Täuscht er sich? Schaut der auch zu ihm? Aber woher sollte dieser Typ denn wissen, dass er in Kilwa ist? Warum sehen sich diese Schwarzen auch bloß alle so furchtbar ähnlich!
Ein letzter Blick, der Gewissheit bringen soll, versetzt ihn glatt in Panik. Sein vermeintlicher Verfolger aus Dar’ steht ungerührt hinter einem riesigen Affenbrotbaum verborgen, dafür aber haben die beiden Uniformierten sich umgedreht und steuern jetzt direkt auf ihn, den Weißen, zu! Zum Teufel, wohin fliehen? Instinktiv duckt sich Petermann hinter dem nächstbesten Gemüsestand. Verdutzt streckt ihm dort der Schuljunge die Hand entgegen: „ Come! “ Ohne nachzudenken, findet der Deutsche so direkt den Weg zum „ New Shukura Hotel “, dem vorgeblich besten Haus am Platz.
Das „Hotel“ kostet pro Nacht keine zehn Euro und verfügt über vier ebenerdige Doppelzimmer im Hinterhof, den eine Blechtür und eine mit Glasscherben bewehrte, zwei Meter hohe Mauer gegen unerwünschte Besucher abschotten. Zur Auswahl stehen Zimmer mit und ohne Ventilator, mit intaktem oder geflicktem Moskitonetz, mit oder ohne Tischchen. Alle haben Licht und einen wackeligen Stuhl. Auf dem roh gezimmerten Bettgestell liegt eine dünne Schaumstoffmatratze. Latrinen, zwei angerostete Ölfässer mit Waschwasser sowie ein offenes Rohr auf Kopfhöhe, das, gäbe es fließend Wasser, als Dusche dienen könnte, finden sich unter freiem Himmel am Ende des Ganges zum Hingterausgang. Petermann ist’s zufrieden, soweit er Zufriedenheit überhaupt noch kennt. Lange wird er hier ohnehin nicht bleiben, Komfort oder gar Sicherheit verspürt er nirgends mehr. Bald werden Sie kommen! Wenn man nach ihm fahndet und ihn eben auf dem Markt gesehen hat, wird man ihn hier alsbald finden. So viele Weiße wird es in diesem gottverlassenen Kaff kaum nicht geben. Aber könnte das alles nicht auch Zufall gewesen sein? Ist das nicht sogar viel wahrscheinlicher? Woher hätten die beiden Polizisten denn wissen sollen, wie er aussieht? Und warum sollte man gerade hier in Kilwa mit ihm rechnen? Warum erst heute?
Vor Angst und Erschöpfung lässt er sich aufs Bett sinken. An der Decke schwirrt wie wild der Ventilator, drei Minuten später ist er eingedöst. Jedesmal, wenn die Blechtür vor dem Gang klappernd zuschlägt oder quietschend aufgeschlossen wird, schreckt er wie von einer Tarantel gestochen hoch und rechnet mit seiner sofortigen Verhaftung. Doch auch am Nachmittag hat man ihn noch nicht geholt. Fast so, als weigere sich die Polizei, ihm seine vielen Fragen zu beantworten. Es ist nach vier, als Petermann allen Mut zusammen nimmt und beschließt, wieder aufzutauchen. Rucksack samt Metalldetektor, im ersten Gästehaus zurückgelassen, müssen abgeholt werden, auch was zu essen wär’ nicht schlecht. Die Erkundung Kilwas ruft! Schließlich will er von hier aus ja so bald wie möglich starten und die letzten Schritte tun, um Finns Schatz zu finden. Dazu braucht er ein, zwei Helfer, Infos, Fortbewegungsmittel, Geräte zum Graben und wohl auch einen Batzen Bares.
Unvermindert heftig brennt die Sonne vom gleichen tiefblauen Himmel wie am Morgen. Hungrig durchstreift Petermann erneut den Ort, diesmal von hinten nach vorne sozusagen, stets nach Uniformierten Ausschau haltend. Am südlichen Ende des Markts entdeckt er ein kleines „Restaurant“, in dem unter den zwei Ventilatoren nicht nur wie wild die Fliegen schwirren, sondern auch viele Einheimische sitzen. Fast alle Plastikstühle an den sechs Tischen im Inneren sind besetzt. Die Gäste – ausschließlich Männer – trinken Milchtee, manche schaufeln Hirsebrei mit irgendeiner Soße in sich hinein.
Der Hunger lässt Petermann keine Wahl. Auf der Tafel über dem Tresen entdeckt er neben posho auch wali. Hocherfreut, nicht auch die „nach nichts schmeckende Pampe“ essen zu müssen, wie Finn ihm das tanzanische Nationalgericht Hirsebrei beschrieben hat, bestellt er wali na samaki und eine Cola. Kurz darauf bringt ihm der Kellner eine kühle Flasche Coca Cola und zum Teller mit Reis ein Schälchen sämiger Currysoße, in der einige Stücke Kochfisch samt Gräten schwimmen. Unerwartet wird er glücklich: Es schmeckt vorzüglich. Angesichts
Weitere Kostenlose Bücher