Der Schatz von Njinjo (German Edition)
sollte.“
„O.k., da schauen wir dann später mal vorbei.“ Gerade so, als wäre „Hotel“ ein Codewort gewesen für ehrenwerte Bürger, ein Begriff, der Unverdächtige von Gaunern unterscheidet, scheint der ältere Bulle das Interesse an mir zu verlieren und die Aktion endlich beenden zu wollen. Meine Verhaftung jedenfalls wird ersteinmal abgeblasen. „Komm, Ben, lass uns den muzungu da drüben überprüfen.“ Ein letzter böser Blick, dann zieht auch Ben grummelnd seinem Kollegen hinterher quer über den Markt. Im gleichen Moment allerdings ist der muzungu Jens Petermann hinter einem der Stände verschwunden.
Ich sollte tunlichst vermeiden, meinen Verfolgern noch mal über den Weg zu laufen. Weder die beiden Bullen noch Kolimbas Gorilla möchte ich je wiedersehen. Wie hat der mich bloß gefunden? Der ist doch nicht zufällig hier! Vor der Polente nimmt er Reißaus, als würde sie ihn jagen, mich aber greift er sich. Wo doch die Polizei noch nicht mal meinen Namen kennt! Sollte erst einer von denen herausfinden, dass ich mitnichten im Shukura-Hotel logiere, sondern viel günstiger bei Mama Mbirini, wird’s gefährlich. Oder besonders teuer. Die Bullen buchten mich doch glatt ein! Kilwa ist klein. Von jetzt an heißt es: Augen auf im Straßenverkehr. Und: Petermann wiederfinden!
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40. Petermann hält Ausschau
Die Nacht war grausam. Irgendwer hatte Petermann zu einem heruntergekommenen guest house geführt und ihn dort abgeliefert. Nach kurzen Erklärungen bekam er ein Vierbettzimmer für sich allein, sogar die Tür ließ sich provisorisch schließen. Auf dem Bett lag eine dünne Schaumstoffmatratze, unter der jede Latte zu spüren war. Der Geruch frischgewaschener Laken vermochte den Muff im Zimmer nicht zu übertünchen. Das unverglaste Fenster gerade mal lappengroß, ohne Mückenschutz, die Glühbirne, nackt von der Decke baumelnd, kaputt. Rundum summten unentwegt Moskitos. Im Schein einiger bereit liegender Kerzen hatte Petermann versucht, sich in den Schlaf zu lesen, doch es wollte nicht recht gelingen. Wenigstens knisperte es immer mal wieder leise, wenn eines der beißenden Viecher sich die Flügel im Feuer eines Dochts verbrannte. Unruhig vor sich hin dämmernd, halluzinierte Petermann von Moskitonetzen, die sich ausbreiten und wabern, bis sie sich dicht um Finns Leiche hüllen.
Als er am Morgen aufsteht, fühlt er sich zerschlagen wie lange nicht. Die Erkältung brennt noch immer in den Bronchien, die Nasenflügel sind gereizt, und bohrender Kopfschmerz malträtiert sein Gehirn. Und weit und breit keine Dusche. Kein Zustand für Unternehmungen oder gar zum Kontaktemachen. Der Wunsch, sofort eine komfortablere Unterkunft aufzutun, wird übermächtig, koste sie, was sie wolle. Ohne einen Platz, an dem er halbwegs erholsam schlafen kann, liegt er spätestens morgen völlig flach. Frühstücken lässt sich ohnehin nur irgendwo im Ort, im guest house gibt es nichts.
Zehn Minuten später hat Petermann den Markt entdeckt: Dutzende eng beieinander liegende Verschläge, deren überstehende Holzdächer die Wege vor Sonne und Regen schützen. Große ausgetrocknete Pfützen verweisen auf Löcher in der Überdachung, auf gestrige Sturzbäche, fehlende Drainage und Kanalisation.
Die Auslagen sind spartanisch: Kartoffeln, Hirse, Zwiebeln, einige Tomaten und Zitronen, Mangos, an einer Längsseite stapeln sich Fliegen im lauen Wind vor drei abgehängten, dürren Rinderbeinen. Die Gänge sind bereits belebt, überall wird gequatscht, gelacht, gehandelt und gefeilscht. Irgendwo riecht’s auch nach Trockenfisch.
Sein Gepäck hat der Deutsche im guest house deponiert, ohne jegliches Gefühl, dass es dort sicher ist. Bisher hat ihm noch niemand eine passable Antwort geben können auf die Frage nach einem Hotel, am liebsten mit Strom, funktionierendem Türschloss und heißer Dusche. Dreimal schon hatte man ihn verständnislos angelacht: „ Hoteli? Karibu! Pole ... “ Ein kleiner Schuljunge schließlich – zehn, vielleicht zwölf Jahre alt –, der Petermanns Fragerei von der Seite mitbekommen hat, ist der Erste, der meint, den muzungu zu verstehen. „ Hotel? Yes, teacher, come with me! “
Bevor Petermann dem Jungen allerdings folgen kann, zieht eine Szene an der gegenüberliegenden Ecke des Marktplatzes alle Blicke auf sich. Widersetzt sich dort etwa ein Einheimischer seiner Verhaftung? Als der Deutsche genauer hinschaut, trifft ihn fast der Schlag. Keine zwanzig Meter entfernt meint er den Mann zu
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