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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Gleiß
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unterscheiden. Meist musste Petermann sich mit ausgestreckten Armen vorsichtig vorantasten. Nirgends brannte um diese Zeit noch Licht, am wenigsten vor seinem „Hotel“. Nie wieder wird Petermann Kilwas Wege abends ohne Taschenlampe betreten! Eine für Europäer geradezu gespenstische Stille hatte den Ort erfasst und trug ihren Teil zur Verlassenheit bei.
    Am nächsten Morgen erfasst Jens Petermann sofort, wo er sich befindet. Die Nacht war ruhig, doch geschlafen hat er trotzdem nicht allzu fest. Jedes Quietschen, jeder krakeelende Hahn, jede Grille hatte sein Unterbewusstsein alarmiert: Die Häscher kommen! Die ganze Nacht über schlabbte zudem der Ventilator unter der Decke und jede Mücke, die sich surrend näherte, drohte durchs Moskitonetz hindurchzustechen. Bei Sonnenaufgang schließlich, gegen sechs Uhr morgens, war Petermann hell wach, wieder einmal viel zu früh. Schon bald beschloss er, aufzustehen. 
    Das Waschwasser im Gang ist kristallklar, der Gang selbst frisch gefegt. Für die Körperpflege liegen kleine Wannen bereit. Doch bevor er sich’s versieht, flutscht ihm die Seife in die brusthohe Wassertonne und verseucht mal eben einige Hundert Liter Trinkwasser. Schnell ist die Wasseroberfläche von Seifenlauge und Shampooresten bedeckt – wenn schon, denn schon, scheint sich der Deutsche nun zu sagen, der ausgiebig zur Wäsche schreitet. Gestern erst hatte er an der Straße zum Hafen den örtlichen Wasserturm bemerkt, so berstend gefüllt, dass er ununterbrochen überlief und die Umgebung nässte. Kein Anlass irgendwie, hier unbedingt Wasser sparen zu müssen.
    Gegen halb acht war Petermann im Gastraum seines „Hotels“ erschienen, einem einfach möblierten Raum mit acht Tischen, ebensovielen unverglasten, aber vergitterten Fenstern und einer großen Durchreiche zur Küche hin. Auf offenen Feuerstellen köchelte dort chai und Brei. Petermanns Wunsch nach Kaffee quittiert der alternde Koch, der gerade zwei große Töpfe gleichzeitig umrührt, mit entschuldigendem Schulterzucken. „ Kahawa? Hamna. “ – Worte wie aus dem Reiseführer: „Kaffee? Gibt’s nicht.“ Welch eine Antwort mitten in einem Land, wo jeder zweite Bauer Kaffee erntet, ein Land, das jährlich Kaffee für zig Millionen Dollar exportiert! 
    Petermann ahnt, dass er hier kein vernünftiges Frühstück bekommen wird, wenn er sich nicht selbst drum kümmert. Ohne Koffein hat er spätestens ab Mittag Kopfschmerzen. So setzt er sich gar nicht erst an den Tisch, sondern begibt sich direkt zum nahen Markt. Zehn Minuten später ist er zurück und drückt dem Koch eine Dose „Africafe“ in die Hand, Nescafé made in Tanzania, 100 Gramm für zwei Euro. Der alte Herr versteht sofort und bringt einen kleinen Topf zum Sieden. „ Maji moto! “, verkündet er stolz – heißes Wasser.
    Niemand im mittlerweile gut gefüllten Raum scheint Englisch zu sprechen. Nicht der Koch, keiner der drei herum wieselnden Kellner, nicht der Junge hinter der Kasse, auch nicht die Reinmachefrau im Flur zum Hinterhaus, niemand unter den ausschließlich männlichen Gästen. Der Herr an den Feuern allerdings ist überaus bemüht, es seinem muzungu recht zu machen. Das Wasser serviert er in einem silbernen Kännchen der „East African Railways“, die Dose Kaffee steht geöffnet samt Teelöffel daneben, hinzu stellt er einen prall gefüllten Zuckertopf, ein Milchkännchen und eine Tasse aus schwerem Eisenbahner-Porzellan. Alle anderen hier trinken ihren Tee aus Plastiktassen. 
    Petermann versucht einmal mehr, an Informationen über den Ort heranzukommen. Doch die weit reichendste Antwort, die er erhält, ist „ Information? Ofisi! “.
    Mit einer der wenigen Floskeln Swahili, die er bislang gelernt hat, erkundigt sich der Deutsche nach dem Ort dieses ominösen Büros, das Antworten verspricht. „ Iko wapi? “ Zwar versteht er kein Wort der freundlichen Auskünfte, die es darauf hagelt, aber Koch wie Kellner gestikulieren wild in Richtung Süden, wo Petermann Hafen und Meer vermutet. 
    Noch vor neun steht er so an der asphaltierten Sackgasse zum Anleger vor dem einzigen größeren Gebäude weit und breit. Hufeisenförmig angelegt beherbergt es Hafenbüro, Polizei, Rathaus, Einwanderungsbehörde, Finanzamt und Distriktverwaltung zusammen in kaum drei Dutzend ebenerdigen Räumen. Irgendwer hier ist bestimmt auch zuständig für Touristen. Der müsste dann eigentlich wissen, wie man im Ort an einen fahrbaren Untersatz gelangt. 
    Bevor Petermann jemanden

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